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TTT: Theater – Entfremdung / Verwerfung: Rohrkrepierer virtueller Parsifal -„Ins Horn stoßen und aufbrechen? Aufstoßen und ins Horn brechen“!

29.07.2023 | Themen Kultur

TTT: TheaterEntfremdung / Verwerfung: Rohrkrepierer virtueller Parsifal – Ins Horn stoßen und aufbrechen? Aufstoßen und ins Horn brechen!“ 

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Durchgehend gab es keine mir bekannte bejahende Rezension (s. u.  ca. 40 Zitate) der angekündigten virtuellen Durchdringung vom Parsifal in Bayreuth durch „augmented reality“.

Problembehaftet wurde diese virtuelle Holprigkeit allerdings von manchen Printmedien – Mogulen, die so etwas als zukunftsweisend titulieren. „Das Experiment wirkt zukunftsweisend, aber unausgegoren.“ (Was ist an unfertigen, ungenügenden Ergebnissen zukunftsweisend?)

Jenseits wahrer Ernsthaftigkeit gefährden solche Irritationen die ohnehin schwierige Zukunft analoger Theater.

Hier bleibt nur die Empfehlung erlebte Eindrücke, zukünftige Hoffnungen und substanzielle Informationen zu Theaterbesuchen in den Internet Medien wie „Klassik begeistert“, Online Merker u. a. zu reflektieren.

Neben vielen Berichten mit ausgezeichneter Wahrnehmung von intelligenten Rezensenten, die schon aus dem Bauch heraus Qualität und Exzellenz einer Inszenierung schnell auf den Punkt bringen, haben wir auch ausgesprochene Spezialisten z. B. für Wagner, nahezu weltweit alle Inszenierungen überschauend, einen bibliophilen Autoren, der die Musiktheater – Historie der letzten Jahrhunderte kenntnisreich vorlegt, einen Spezialisten, der die Werke auch partiturorientiert fundiert analysiert u.v. m.

Ehrliche Besprechungen  zur  Orientierung bei Musiktheater-Inszenierungen bleiben in den Printmedien unsicher, Online i.d.R. wahrhaftig, weil die Rahmenbedingungen völlig ungebunden, ohne Verpflichtungen und Weisungsgebundenheiten sind. Nur ehrliche Würdigungen theatraler Leistungen lassen zukunftsweisende Ausrichtungen der Institute keimen und damit beständige Besucherpflege. Leider gibt es zu viele konträre Verirrungen.

Dieses Kardinalproblem derzeitiger Rezensionen, gerade in irrlichternden untergehenden Printmedien durch unverstandene Sachlagen, schadet vitalen Theatern enorm, entstellt Qualitätskriterien, problematische Inszenierungen werden gebauchpinselt – unheilvolle Spiralen werden von missverstehenden Theaterleitern in Gang gehalten.

Nun jammert man über ausbleibende Zuschauer, ohne als unbelehrbare Potentaten endlich die Programmatik zu ändern. Das gleiche gilt auch für fehlende Jugend, die sich mit der Masse von szenisch Zweifelhaftem nicht abgeben – dazu sind dramatische Schlüssigkeiten in sämtlichen alternativen Medien (außer dem Theater) viel zu selbstverständlich geworden  – Theater gibt sich so der Lächerlichkeit neuen Generationen preis.

Man stelle sich nur meinen 30 jährigen Sohn vor, der nach einem virtuell emotional durchschüttelnden Avatar im Kino (Ausschnitt Youtube s. u.) nun in die „Schmalspur – Virtualität“ der Bayreuther Machart (Bilder li. u. re. s. o.) einsteigen soll. Das lässt sich auch nicht durch  eingeschränkte Vermarktungsmöglichkeiten und fehlende Mittel entschuldigen. Die Ergebnisse werden nie vergleichbar werden können.

Sicher lassen die Zigmillionen – Budgets der Filmindustrie auch keinen Vergleich zu – warum soll Theater auf dieser Ebene überhaupt danach trachten – das „Bein beim Pinkeln in die Höhe von z. B. Avatar – Machern zu bringen“. „Schuster bleib bei deinem Leisten!“ – es gibt genügend theaterspezifische Qualitäten, die Cinema nicht befriedigen kann. Ungenügende Experimente zur Erreichung cineastischer Qualitäten im Theater bedingen s. o. Lächerlichkeit.

Eine angebliche Koryphäe der virtuellen Realitäten mit Lehrauftrag einer privaten technischen (! – nicht künstlerischen) US- Lehranstalt, kolportiert mit  Professur an UN – Universität, sollte also den großen Wurf auf die Bühne zaubern, Ergebnis:

 „Es kreisen die Berge, zur Welt kommt nur ein lächerliches Mäuschen!“ (Horaz, 65 – 8 v. Chr.)

„Was versteht man unter einer virtuellen Welt? Eine virtuelle Welt ist eine von Computern simulierte Wirklichkeit. Sie nutzt eine dreidimensionale Umgebung, also eine digitale interaktive Welt, in welche man eintauchen kann. Man befindet sich in einer 360 Grad-Umgebung, welche sich den Bewegungen der Person anpasst.“ Wikipedia

„… Dabei wollte der US-amerikanische Theatermacher Jay Scheib, … seine Faszination für Computerspiele und damit die sogenannte „Augmented Reality“ (AR) nach Bayreuth bringen“. Nürnberger Nachrichten 12/22 (Computerspiele in aller Trivialität im Hochkultur – Tempel!)

„Technische Revolution auf dem Grünen Hügel: Die Bayreuther Festspiele setzen auf virtuelle Realität (VR) und planen einen «Parsifal» mit 3D-Elementen. Der US-amerikanische Regisseur Jay Scheib, Professor am renommierten Massachusetts Institute of Technology (MIT), …  «Im besten Fall wird man nicht immer sagen können, was echt ist und was nur virtuell», sagte Scheib …

 «Wir haben Großes mit ihm vor», sagte Festspielchefin Katharina Wagner … «Die ganze Welt spricht von Digitalisierung.» Auch darum soll es auf dem Grünen Hügel «das erste Mal eine komplette Inszenierung in „augmented reality“ geben. …

 „Die Ansätze, die ich in den vergangenen Jahren verfolgt habe, hatten immer das Ziel, die Musikerfahrung einfach zu verstärken. Also ist meine Hoffnung, dass die zusätzliche Technik, diese zusätzliche Schicht, wie ein Verstärker funktioniert und das Hörerlebnis sogar noch intensiver machen kann ….“

„Ich wünsche mir, dass die Leute rausgehen und das Gefühl haben, etwas Ungewöhnliches erlebt zu haben, etwas, das sie berührt. Naja, ich hoffe schon, dass sie nicht einfach nach Hause gehen und sagen: Ach, das war aber nett.“ NMZ (7/21)

Folgendes basiert auf u. st. Rezensionsauszügen, ohne erneute Verweise auf Quellen und den Online Merker Berichten „TTT’s kleine Süffisanz: Wenn „Künstliche Intelligenz …“, TTT: „Der Glaube lebt, die Taube schwebt?“ … (kann man so googeln)

Erwartungskanon der virtuellen Bildgebungen am Beispiel heutiger Möglichkeiten, die dem „Massachusetts Institute of Technology – Professor“ wohl nicht zur Kenntnis gelangten (vergl. Bilder oben li, /re.). 

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Sachstand virtueller Entwicklung erlebt man nahezu in jeder Block – Buster – Cinema – Produktion, die nicht mehr ohne solche Welten auskommen. Beispiel mit durchgehend virtueller Welt:

 Avatar: Frontiers of Pandora – Official Game Overview, daran wird Theater nie kratzen können, aber gemessen werden, wenn man sich auf solche Eskapaden einlässt.

https://www.youtube.com/watch?v=9NiRkS9nfqU   6 Min.

Es gibt heute schon großflächige Bildgebungen (Kundige sollten das wissen), die ähnliche Effekte in einer Bühnentotale projizieren können, mglw. in Erinnerung Eisensteins Assoziations – Montagen. Heute noch Brille ist altbacken, auch z. B. vor Einzelcomputern, antagonistisch für Massenpräsentationen. Und die 3 D – Effekte sind sogar im Kino nach Jahrzenten nur noch selten (Brillen werden nicht mehr benutzt). Bei „virtual reality“ besteht ähnliche Problematik.

„Ach, das war aber nett“ – nein, es war  auch nicht nett, es war ein hilfloser Rückschritt in die frühen Jahre der Computer – Animationen, oft störend für ungehindertes auditives Erleben Wagners feinstofflicher Assoziationswelten, behindert durch ein nervendes Nasenmonstrum (Brille), das viele zum Absetzen nötigte (allen voran Ministerpräsident Söder) ohne jede immanente dramaturgische Anbindung an die Komposition.

Darf man bei weltweit renommiertestem Festival so unfertige Arbeiten zeigen? Hohe Preise bedingen normalerweise Qualität und keine unkalkulierten Versuche. Es soll ja mal Entscheider gegeben haben, die jede Premiere vorheriger Kontrolle unterzogen haben (mein Erleben z. B. durch G. Barfuss, der G.C. del Monaco z. B. eine Traviata – Premiere entzog).

Es eröffnet sich auch die Frage, welches Wissen ein angeblicher Professor für diese Kunst beherrscht, seinen Studenten lehrt und Frau Professorin Katharina Wagner angetragen hat, das bei  „Ansätze, die ich in den vergangenen Jahren verfolgt habe“ (s. o.), wenn nur solche Unfertigkeiten in dramaturgischer Durchleuchtung und technischer Realisierung erreicht werden.

Grundsätzlich kann es keine Einwände gegen Experimente zu theatraler Kunst geben. Im Hochpreis-Bayreuth sollten die Experimente auf ein vorheriges Probieren, Beurteilen, Proben (Einstudieren) und dann Präsentation vor Publikum verpflichtet werden. Warum muss Publikum im 21. Jhdt. mit missglückten Technik – Experimenten des 21. Jhdt.’s konfrontiert werden? Oder man bleibt von vornherein auf überschaubaren Studio -/Experimentalbühnen.

Zitate:     

Die digitalen Bilder bleiben nur Illustrierung

… sorgte auch neue Technik bei der Eröffnungs-Oper „Parsifal“ für gemischte Gefühle bei den Zuschauern.

Unter anderem Söder zeigte sich nicht sehr begeistert. Er hatte die Brille nicht die ganze Zeit auf und „fand es ohne ehrlich gesagt besser“.

Mehr Inhalt, weniger Kunst (sprich: Bildschirmschoner-Gewusel)

Und nach all den (irgendwie ziemlich dilettantisch wirkenden) …

Die großen Chancen … schaffen es nicht in eine echte Zusatzdimension

Richtig ärgerlich war die Brille …war die Verführung groß, die Brille einfach abzusetzen

…  „Augmented Reality“ macht die Inszenierung bewegter, aber nicht viel stimmiger.

«Parsifal» ist ein Experiment – mit allen Vorzügen und Nachteilen, die solche Pioniertaten mit sich bringen  

… bleibt die Beschränkung eine Halbheit, die bei einem Festival dieses Anspruchs nicht sein dürfte.

«Mickey-Mousing», er bezeichnet die exakt synchronisierte Verdoppelung des ohnehin Offensichtlichen mithilfe eines anderen Mediums. … ergäbe jedoch nur dann einen Sinn, wenn hier wirklich Erhellendes zur Deutung mitgeteilt oder sogar Kontrapunkte zum Geschehen gesetzt würden. 

… ergeht sich die Bebilderung in einer Gegenständlichkeit, die in ihrer naiven Pixelfreudigkeit an die Anfangsjahre des Computerzeitalters erinnert. Im Verlauf der Aufführung sieht man denn auch immer mehr AR-Bebrillte, die sich zeitweise mit den ja bereits ausreichend multimedialen Reizen von Wagners Musikdrama begnügen. … Keine Erleuchtung                                                    

Enttäuschung über AR-Brillen. Diejenigen, die sich neue intellektuelle Erkenntnisse erhofft haben mögen, werden von dieser Art „XXL-Ritual-Show“ mit Hightech-Faktor vermutlich enttäuscht sein.

Diejenigen, die AR-Brillen genutzt hatten, äußerten sich überwiegend enttäuscht: Einerseits sei die Reizüberflutung über vier Stunden für die Augen enorm anstrengend, andererseits habe es über dekorative Effekte hinaus keinerlei Erkenntnisgewinn gegeben. Da die Betroffenen sämtlich in den letzten Reihen saßen, gab es sogar welche, die statt AR-Brille lieber ein herkömmliches Opernglas zur Hand nahmen.

Es wäre ein Leichtes, diese Aufführung zu verreißen, weil sich auf der Bühne sehr wenig tut und die „erweiterte Realität“, die man durch die Virtual-Reality-Brille wahrnimmt, auf den ersten Blick nicht wesentlich zu neuen Erkenntnissen von Richard Wagners Bühnenweihfestspiel beiträgt.

… leider ist der virtuelle Bühnenraum zu oft auf monotone Weise mit realen oder symbolischen Objekten zugestellt. Da lüpft man gern kurz die Brille und schaut ablenkungsfrei vorbei auf die ganz normale Bühne.

… erste Festspielexperiment mit Augmented Reality hat sich als bereichernd, wenn auch als noch nicht ganz ausgereift erwiesen.

AR-Brillen enttäuschen bei „Parsifal“ auf den Bayreuther Festspielen.  … Jay Scheibs Inszenierung mit AR-Brille ist nur ein Wagner mit Bildschirmschoner.

… sie verdeckt immer wieder (mit dieser ungewöhnlichen Brille, die 1000 US-Dollar kostet) das Geschehen auf der Bühne.

Bringt die Brille das Geschehen weiter? Viele sagten: „Sie lenkt ab!“ Zahlreiche Journalisten waren von der Technik begeistert, empfanden das teure Gerät aber als „überflüssig“.

Für Brillenträger mit optischen Gläsern ist die Brille sehr schwer und rutscht um so mehr runter, je länger der Abend dauert. Sie verdunkelt leider. Nach knapp 4 Stunden waren meine Augen so gereizt, dass ich nicht mehr alles klar sehen konnte.

Kulturstaatsministerin Claudia Roth (Grüne) hatte nach eigenen Worten die AR-Brille nur am Anfang der Vorstellung auf. „Ich bin ohne die Brille mehr in die Inszenierung hineingekommen“, sagte auf dem Staatsempfang im Neuen Schloss nach der Vorführung.

Auch Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU) hatte eine Brille, sie aber „kaum angehabt. Ich fand es ohne ehrlich gesagt besser“, sagte er.

Revolution oder Spielerei? Jedenfalls sind die Dinger schwer, heiß und dunkel. Nach gut vier Stunden Wagner schmerzt nicht nur der Rücken, was normal ist auf den legendär harten Bayreuth-Sitzen, sondern auch der Nasenrücken.

Doch letztlich bleibt das Pixel-Gewitter eine Art Ausstattungstheater im virtuellen Raum – und nervt recht schnell in seiner penetranten Redundanz. …

Wirklich erobert sind die unendlichen Weiten des virtuellen Raums für Wagners Gesamtkunstwerk damit aber noch lange nicht. ein zweifelhafter Genuss

Technikspielerei

Die Geräte haben ein gewisses Gewicht, drücken auf die Ohren und erwärmen sich.

In den ersten Minuten wäre „nett“ wahrscheinlich die passendste Bezeichnung. …  man muss das nicht unbedingt verstehen, lieber immer wieder mal die Brille abnehmen, um das Geschehen auf der Bühne pur zu sehen. Setzt man sie wieder auf, sind da immer noch die Sternchen, man verpasst nichts. …

Ungünstig, wenn man keine Brille hat. Auch nicht viel besser, wenn man eine hat.

Mal brennen Büsche, mal das Festspielhaus, mal Menschenavatare. Klar, hier geht es um Zerstörung. Da die Animationen aber in gewisser Weise sehr steril aussehen, bleibt die Aussage im Vagen.

Die digitale Technik ist aufwendig, doch zumindest in dieser Produktion verzichtbar

… Und ziemlich bald dämmert’s einem: Das ist keine Zusatzebene, kein neuer, übers „echte“ Geschehen hinausweisender Aspekt, das bleibt Illustration, vage Kommentierung und damit visuelles Glutamat. Und manchmal so überfordernd in seiner Fülle und so enervierend in seinen Wiederholungen, dass man dringend Erholung braucht. Also: Brille runter.

Wer die Brille trägt, fühlt sich außerdem ferngerückt von der Bühne. Als ob da noch eine imaginäre vierte bis fünfte Wand existiert, die ein Eintauchen ins Stück verhindert. Und manchmal auch ein intensives Zuhören.

Tim Theo Tinn 28.7.2023

Nachsatz: Dieser aus Unvermögen realistischer Einschätzung entstandene Rohrkrepierer hat allein für die Brillen schon 330 ooo € gekostet, hinzu kommt ja ein ganzer Stab für die Umsetzung der Technik – da wird wohl schnell ein hübsches Sümmchen erreicht sein – zahlbar vom Steuerzahler – wenn das mal der verantwortlichen Leiterin nicht den „Hals bricht ´“ , dass war unverantwortlich, da es sich bei geringem Einschätzungsvermögen z. B. gem. meiner Fakten im u. st. Rohrkrepierer Bericht und  TTT’s kleine Süffisanz: Wenn „Künstliche Intelligenz“, einschätzen liess, wenn man sich Gedanken macht (machen kann).

 

 

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