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TTT:  Texte zur Premiere „Alice in Wonderland“

19.11.2025 | Themen Kultur

TTT:  Texte zur Premiere „Alice in Wonderland“

alice

 Pflichtbewusst, zum Nachweis eigener hoher Klugheit, verlieren sich nahezu alle Rezensionen in überhöhte Versuche der Ansiedlung intellektueller Sphären, versteigen sich einige sogar dazu, hier die Zukunft des Musiktheaters  identifizieren zu wollen:

 Also dissonante, nervende Geräuschkulisse mit Harmonie – Entwertung, die an Musik erinnern will, mit wenigen harmonischen Phrasen, Musik, die stellenweise  Nerven schwer beansprucht, ein zäher Abend mit enervierendem Lärm, weder erkennbarem Wesen einer Geschichte noch irgend einem schlüssigen Sinn (Rezension – Zitate). !!!???

 Da schreiben also all die gescheiten Leute, dass sind sie alle – ehrenwert  – äähhh, gescheit, (doch kein Shakespeares, Julius Caesar)

„Der Kopf rast den gesamten Abend; er will etwas entschlüsseln und zusammenbringen.“  BR

„Kurz und gut ich hab es satt“, (Biedermann …) und gehe seit bald 2 Jahren in kein etabliertes Musiktheater. Selbst im Gärtnerplatztheater wurde ich aufgrund unerwünschter Themen sehr „wurschtig“ angemacht.

 Ich beachte täglich ab 7 Uhr einige Male TV- und Internet – Nachrichten verschiedener Anbieter. Abends, wenn TV: Politik-, Sozial-, Wirschafts- Magazine, Politiktalks, die Meinungsvielfalt überschaubar, i.d.R. nachvollziehbar bieten, keine Serien, kaum Filme!

 Wenn ich im sogenannten „Feier“ – Abend, dem Feier- Anspruch genügen will, wäre es hinrissig noch in aktuelle Musiktheateraufführungen zu gehen. Da wird nervend,  Gegenwart verhöhnend, eine Konsenswelt erfunden, die häufig  intellekuellen Standard von Inszenierung und Beteiligten selbstdemontierend demonstrieren. Und begleitende Medientexte habe ich mal als „revolvierende Autogamie“ bezeichnet (s. Anhang).

 In meinen „Feier“ – Abend – Vergnügungen will ich intellektuell angeregt, kulinarisch beflügelt, auf hohem Niveau unterhalten werden.

 Dem verweigern sich nahezu alle Musiktheater mit unbeholfener unwahr behaupteter Zeitorientierung, Es könnte und soll sogar mit Bildung, Erweiterung des Horizonts und Anregung gesellschaftlicher Veränderungen (früher Theater-Charakter) funktionieren. Das muss dann allerdings stringent, wahr und wirklich, sowie schlüssig und lebensnah sein. Dazu müsste man allerdings auch lernwillg (-fähig?) sein und dem Tages- und Zeitgeschehen Aufmerksamkeit statt Bauchgefühl widmen.

 Tim Theo Tinn 19.11.2025

 Anhang: Der Begriff „revolvierende Autogamie“ wird hier als metaphorischer Ausdruck zur Kritik an geschlossenen, sich selbst reproduzierenden Systemen, insbesondere in der Kultur- und Finanzindustrie verwendet. Er beschreibt ein System, in dem Akteure sich gegenseitig bestätigen und legitimieren, ohne echte Innovation oder externe Kritik, was zu einer Art „rückdrehender Selbstbefruchtung“ führt. Dieser Begriff wird in Texten von Tim Theo Tinn verwendet, um kritisch auf die Selbstbestätigung innerhalb von Institutionen wie Theater, Politik und Medien hinzuweisen, wo unkundige Politiker Intendanten ernennen, die wiederum gleichgeschaltete Regisseure und systemimmanente Presseleute engagieren, was einen Kreislauf der Selbstbestätigung schafft. Die Metapher verweist auf die Geschichte vom „Kaiser neuen Kleider“ und kritisiert, dass viele Teilnehmer dieses Systems in  Deutungswut belasten, während die Masse nur noch mit den Schultern zuckt. In der Botanik bezeichnet „Autogamie“ hingegen die Selbstbefruchtung bei Pflanzen, bei der ein einzelnes Individuum sich selbst befruchtet, was zu genetisch eng verwandten Nachkommen führt, aber nicht mit dem von Tinn verwendeten metaphorischen Sinn verbunden ist.

 

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