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TTT – Niederschwellig hochgeschwollen! Zu: „EM inspiriert zu ungewöhnlicher Oper“

20.06.2024 | Themen Kultur

TTT – Niederschwellig hochgeschwollen! Zu: „EM inspiriert zu ungewöhnlicher Oper“

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 Youtube  Screenshot

Man achte auf behauptete „wilde“ Publikumsreaktionen bei lediglich erkennbar höflicher Reserviertheit im Opernloft, Hamburg !

„In einer speziellen Fusion aus mitreißenden Fangesängen und leidenschaftlichen Opernarien bringt Inken Rahardt mit einem jungen Ensemble ein spannendes Stück voller Energie und Dramatik in Hamburg auf die Bühne.“  Video 2,35 Min.

https://www.gmx.net/magazine/unterhaltung/musik/em-inspiriert-ungewoehnlicher-oper-39783342

„Der Saal kocht …“ (Zitat Regisseurin) – solange Macher wie hier offensichtlich etwas mit den Ohren und Augen (absehbar auch mit Begabung) haben, bleibt Oper weiterhin für über 95 % aller deutschen Menschen hochschwelliger Schnickschnack.

Hier immer gleiche statistische Betrachtungen: es gehen Wenige in die Theater.

Das Publikum von Theater und Oper

SOZIALE ZUSAMMENSETZUNG UND DIE WIRKSAMKEIT VON ZUGANGSHÜRDEN

„… halten vor allem äußere Zugangshürden bestimmte Gruppen davon ab, Kultureinrichtungen zu besuchen. … Kulturelle Teilhabe ist in Deutschland nach wie vor keine Realität aller gesellschaftlichen Teilgruppen. …72 % verfügten über ein Studium, 17 % über das Abitur und nur eine kleine Minderheit war ohne gehobene formale Bildung. Ähnlich war dies bei den Opernbesuchern, hier besaßen sogar 75 % ein Studium. …  soziale Exklusivität scheint damit vor allem beim Opernpublikum vergleichsweise groß, was auf wirksame Selektionsmechanismen zurückgeführt werden kann.

https://www.kulturmanagement.net/Themen/Das-Publikum-von-Theater-und-Oper-Soziale-Zusammensetzung-und-die-Wirksamkeit-von-Zugangshuerden,2132

Nicht nur typisch Hamburger Opern: Staatsoper schlittert in miesen Auslastungszahlen oft um die 50 %!

(Kommentar auf „Klassik begeistert“ vom 10. 6.2024: Ich frage mich, wie … auf 50 % Auslastung in der Hamburger Oper kommt? Die letzten Monate waren die meisten Opernaufführungen mit höchstens einen Viertel Zuschauer verkauft …) Hier angemerkte Aufführung gehört nicht zur Staatsoper.

Da hilft Eigenlob /  Hybris sicher den Machern, nicht den Besuchern und tatscht eher am „Anton aus Tirol“- Syndrom“: „Ich bin so schön, ich bin so toll“!

Es erscheint schon mutig, sich den Fußball – Ovationen gleichsetzen zu wollen, mit EM – Hype anbiederndem szenisch / musikalischem Gerumpel.

Man stelle sich Fußball – Fans vor, die mit erwartet einfach niederschwelligem Fußball – Einstieg in diese Darbietung einlaufen! Aber auch ich mit vielen Tausenden Musiktheater – Erfahrungen stand zu oft, wie hier, verblüfft, enttäuscht vor solchen Machwerken „wie der Ochs vorm Berg“: „Das soll gut sein?“

Falls jemand das ernst nehmen will, wird der Zugang schwierig, denn es ist nur unfertiger   Kokolores – auch nichts Rätselhaftes –  Rätsel könnte man lösen, hier bleibt nur Achselzucken.

Und so mutiert z. B. möglicher allererster Zugang für Interessierte zu behaupteter Opern – Hochkultur zu fragwürdig Hochgeschwollenem, gemessen am erwarteten, unmittelbar zu verstehendem, niederschwelligen Fußball.

Was soll / will  man da zusammenbringen? Usus sind heute Operninszenierungen ohne jede Korrelation zum Menschenverstand und Gefühlen, zu den Naturgesetzen menschlichen Begreifens im Bewussten, Unterbewussten  und Empfinden. Das wird durch Quantenenergien immer erkennbarer.

Ich empfinde sehr selten intellektuelles Vergnügen, musikalisch – kulinarisches Erleben bei offensichtlich mühselig hilflosem Kunstbestreben – Kappes wird impliziert, Narren – statt Kunstfreiheit.

„Hochschwellig – Definition, Bedeutung: Hoch angesetzt, eine zu hohe Hürde. „Viele Angebote sind von innen her hochschwellig. Sie stellen Anforderungen, die nicht zu erfüllen sind, z. B. auch mangels Substanz oder verschraubtem Pseudo – Intellektualismus“.

„Niedrigschwellig bezeichnet die Eigenschaft eines Dienstes oder Angebots, das von den Nutzern nur geringen Aufwand zu seiner Inanspruchnahme erfordert. Die gegenteilige Eigenschaft wird als hochschwellig bezeichnet. Niedrig – und Hochschwelligkeit können sich dabei auf verschiedenen Ebenen äußern, z. B. darin, dass von den Anwendern nur geringes beziehungsweise viel Vorwissen verlangt wird oder diese wenig oder viel Aufwand betreiben müssen, um ein Angebot wahrzunehmen. … Üblicherweise wird dabei Niedrigschwelligkeit als erstrebenswerte Eigenschaft angesehen.“  s. Wikipedia

Ja, erstrebenswertes Niveau mit Einfühlungsmöglichkeit und rationalem Verstehen einer Operninszenierung wünscht man, um bestehendem und erhofft neuem Publikum souveränen Einstieg in Verständnis und intuitivem Erleben eines Musiktheaters zu gönnen – statt verunsicherndem Gehudel unstrukturierter Rübenrausch – Exkremente (was bei Proben so durch die Rüben rauschte), keine hochgeschwollene Inanspruchnahme, sondern niedrigschwellige Kunst, die z. B. bei Mozart in Vollendung zu finden ist.
 
Als unsicherer junger Mensch litt ich oft an  mangelndem kognitiven Verständnis und emotionaler  Vereinnahme  mancher Filme oder Theater – Inszenierungen … bis ich mit wachsendem Selbstverständnis, sogar nach IQ – Test, resümieren konnte: „ Es lag oft gar nicht an mir, sondern an dem Unsinn, der mir vorgeführt wurde!“
 
Dabei könnte es so einfach sein! Strukturiert man Musiktheater nach der Immanenz der Vorlage (nicht nach Werktreue) ergibt sich automatisch durch relevante Handlungsfäden und Gefühlswelten emphatischer Einstieg in eine Aufführung auch für „ungelernte Operngänger“. Dazu bedarf es allerdings kundige Opernmacher  – keine Spektakel.

Theaterleiter und Regie sind heute Allerwelts – Tätigkeiten geworden, beliebig mit Jedermann zu besetzen, also Vitamin B – Positionen. (Achtung – Pauschal-Urteil, es gibt Alternativen!)

Symptomatisch für heutige Inszenierungskulturen gieren Theaterleiter nach dem einzigartigen Spektakel / Event. Gute adäquate Arbeit, von Handwerk und dramaturgischer Durchleuchtung getragen (s. Dramatische Konflikte) interessieren wenig, können vermutlich aus Unkenntnis gar nicht beurteilt werden.

Ein Aufschrei durch die Presse, egal mit welchen Vorzeichen, ist wirkungsvoller, auch wenn hier Kontrapunkte gemessen an ursächlicher Qualität vernünftigen Musiktheaters abgeliefert werden. Es sollen halt „Bananen fliegen“!

Wer z. B. den Verlockungen von  Nicolai Gedda, „Je crois entendre encore“, erliegt und sich in die Oper wagt, könnte neue Kosmen entdecken, könnte, ja wenn nicht …. s. o.

https://www.youtube.com/watch?v=7o_Y3FALzyU       3,22 Min.

Ich bin überzeugt, dass man mit Produktionen auf dem Niveau dieser Verzauberung auch ganze Stadien ohne Subvention füllen könnte (oft Opern – Novizen vorgespielt – entzückte bisher noch jeden). Und dann wird der Einstieg für jeden niederschwellig. Bei gegenwärtigem Niveau kriegt man allerdings noch nicht mal die Prunk – und Protzbauten bei über 80 %iger Subvention mit Bezahlern voll.

So lange bleiben außenwirksame demagogische Hohlfloskeln nach anderem Publikum, jungen Menschen nur vorgetragene Propaganda ohne Substanz. Wobei ohnehin z. B. prominente Häuser (Wien, München etc.) Besucherzahlen  nach Auslastung (es sollen ja Karten oft unterpreisig oder noch günstiger vergeben werden) – nicht  nach Kartenverkauf  propagieren. So fällt es leichter ständig „rappelvoll“ zu verkünden. Und dann? Will man die bisherigen Publikumsstützen rauswerfen?

tti

 

Tim Theo Tinn, 20. Juni 2024

 

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