TTT – Literarisches Sentiment versus blasser Theaterseele 11: Andreas Gryphius (1616 – 1664) – „Was nach uns kommt, zieht uns ins Grab, lässt uns vergehn, …!“
Alternativen zur fehlenden Gefühlstiefe der Inszenierungsmiseren im Musiktheater!
Generisches Maskulinum gilt elementar geschlechtsneutral, ohne Diskriminierung Abinärer (diversgeschlechtlich) durch Gendersternchen: … *innen!
- auch 2 Sekundärtexte im Online Merker „Wie das Hässliche in die Kunst kam“ + „Theater 2024 – Sein oder Nichts sein?“
Andreas Gryphius (1616 – 1664), eigentlich Andreas Greif, deutscher Dramatiker und Lyriker, gehört zu wenigen heute noch bekannten deutschen Dichtern des Barock (ca. 1600 bis 1750).
… Werk und Wirkung – Sein Leben war geprägt von den Leiden und Erfahrungen seiner Zeit, speziell dem frühen Verlust seiner Eltern, der Zerstörung Glogaus im Dreißigjährigen Krieg und den damit verbundenen Religionsverfolgungen. Erfüllt von einer tiefen Friedenssehnsucht empfand er die Tragödien seiner Zeit besonders stark.
Gryphius thematisierte in seinen Tragödien und Gedichten das Leid und den moralischen Verfall während der Zeit des Dreißigjährigen Krieges sowie die Unruhe, Einsamkeit und Zerrissenheit der Menschen. Daneben findet sich in seinen Werken der wiederholte Hinweis auf „Eitelkeit“, das für die Epoche des Barock typische Motiv der Vergänglichkeit allen menschlichen Schaffens und Strebens. Exemplarisch dafür sind Gryphius’ Gedichte Es ist alles eitel, Menschliches Elende oder Tränen des Vaterlandes von 1636, in welchem Gryphius eindringlich die Schrecken des Dreißigjährigen Krieges behandelt. Während der nachfolgenden Leidener Studienzeit fasste er seine Gedanken zu dieser ihm lächerlich bis überheblich erscheinenden Eitelkeit in seiner Ode Vanitas! Vanitatum Vanitas! (lat.: Eitelkeit! Der Eitelkeiten Eitelkeit!) in 15 Versen zusammen.
… Wenngleich das barocke Drama spätestens durch die Lessingschen Dramatik nahezu restlos von den Theaterbühnen verdrängt wurde, so wurde der Theaterdichter Gryphius in der Literaturwissenschaft weiterhin hoch geschätzt.
Obgleich der Dichtung um die Jahrhundertwende und dem Expressionismus, hier besonders wegen der Metaphorik und Bildlichkeit, ein Bezug zur Barockdichtung attestiert wurde, lässt sich keine breite Aufnahme von Gryphius’ Lyrik nachweisen. Erst nach dem Zweiten Weltkrieg gewannen seine Gedichte, die teilweise als Echo der Vergangenheit und somit Vergegenwärtigung historischer Schrecken gelesen wurden, an Popularität.
https://de.wikipedia.org/wiki/Andreas_Gryphius
VANITAS! VANITATUM VANITAS! Ode – Hannes Wader singt
https://www.youtube.com/watch?v=KL0Z0VuoLRQ 4,19 Min.
Die Herrlichkeit der Erden
Muss Rauch und Aschen werden,
Kein Fels, kein Erz kann stehn.
Dies was uns kann ergötzen,
Was wir für ewig schätzen,
Wird als ein leichter Traum vergehn.
Was sind doch alle Sachen,
Die uns ein Hertze machen,
Als schlechte Nichtigkeit?
Was ist des Menschen Leben,
der immer ‚rum muß schweben,
Als eine Phantasie der Zeit?
Der Ruhm nach dem wir trachten,
Den wir unsterblich achten,
Ist nur ein falscher Wahn.
So bald der Geist gewichen:
Und dieser Mund erblichen:
Fragt keiner was man hier getan.
Es hilft kein weises Wissen,
Wir werden hingerissen,
Ohn einen Unterschied.
Was nützt der Schlösser Menge?
Dem hier die Welt zu enge,
Dem wird ein enges Grab zu weit.
Dies alles wird zerrinnen,
Was Müh‘ und Fleiß gewinnen
Und saurer Schweiß erwirbt:
Was Menschen hier besitzen,
Kann für den Tod nicht nützen,
Dies alles stirbt uns, wenn man stirbt.
Was sind die kurzen Freuden,
die stets – ach! Leid – und Leiden
und Herzensangst beschwert.
Das süße Jubilieren,
das hohe Triumphieren
wird oft in Hohn und Schmach verkehrt.
Du mußt vom Ehrenthrone,
weil keine Macht noch Krone
kann unvergänglich sein.
Es mag vom Totenreigen
kein Szepter dich befreien,
kein Purpur, Gold, noch edler Stein.
Wie eine Rose blühet,
wenn man die Sonne siehet,
begrüßet diese Welt:
die, eh‘ der Tag sich neiget,
eh‘ sich der Abend zeiget,
verwelkt und unversehns abfällt.
So wachsen wir auf Erden
Und hoffen groß zu werden,
Und Schmerz- und Sorgen frei:
Doch eh wir zugenommen,
Und recht zur Blüte kommen,
Bricht uns des Todes Sturm entzwei.
Wir rechnen Jahr auf Jahre,
In dessen wird die Bahre
Uns für die Tür gebracht:
Drauf müssen wir von hinnen,
Und eh wir uns besinnen
Der Erden sagen gute Nacht.
Weil uns die Lust ergötzet
Und Stärke Freiheit schätzet,
Und Jugend sicher macht;
hat uns der Tod gefangen
und Jugend, Stärk und Prangen
und Stand und Kunst und Gunst verlacht!
Wie viel sind schon vergangen,
wie viel liebreiche Wangen
sind diesen Tags erblasst?
Die lange Rechnung machten
und nicht einmal bedachten,
daß ihm ihr Recht so kurz verfasst.
Wach‘ auf, mein Herz und denke,
daß dieser Zeit Geschenke
sei kaum ein Augenblick.
Was du zuvor genossen,
ist als ein Strom verschossen,
der kein Mal wieder fällt zurück.
Verlache Welt und Ehre,
Furcht, Hoffen, Gunst und Lehre
und fleh‘ den Herren an,
der immer König bleibet,
den keine Zeit vertreibet,
der einig ewig machen kann.
Wohl dem der auf ihn trauet!
Er hat recht fest gebauet,
Und ob er hier gleich fällt:
Wird er doch dort bestehen,
Und nimmermehr vergehen
Weil ihn die Stärke selbst erhält.
Andreas Gryphius‘ Brisanz / Wortgewalt bleibt seit über 360 Jahren tagesaktuell: Elend, Vanitas, Pessimismus, Leid, Konfusionen dieser Welt, Einsamkeit und Zerrissenheit der Menschen, mit außergewöhnlich bildhafter, künstlicher Sprache, leidvoll geprägt durch Kindheit und Jugend im 30- jährigen Krieg 1618/48.
Zitate:
Man lacht nicht, weil du alt, glaub mir, man lacht allein, weil du, die doch so alt, durchaus nicht alt willst sein.
Du siehst, wohin du siehst, nur Eitelkeit auf Erden. Was dieser heute baut, reißt jener morgen ein;
Flacilla (römische Kaiserin † 386) ließ sich jüngst den letzten Zahn ausreißen. Und gleichwohl kann sie noch so unaussprechlich beißen.
Drei böse Bürger findt man nur in deiner Stadt. Zuviel für einen Ort, der nicht zwei gute hat!
Verlangt ein Lehrer jetzt, verdienten Dank zu haben, der suche schwarzen Schnee und fange weiße Raben!
Dies Leben kommt mir vor als eine Renne-Bahn.
Was sind wir Menschen doch! Ein Wohnhaus grimmer Schmerzen, ein Ball des falschen Glücks, ein Irrlicht dieser Zeit, ein Schauplatz herber Angst, besetzt mit scharfem Leid, ein bald verschmelzter Schnee und abgebrannte Kerzen.
Der Ruhm, nach dem wir trachten, Den wir unsterblich achten, ist nur ein falscher Wahn.
Nichts ist, das ewig sei, kein Erz, kein Marmorstein. Jetzt lacht das Glück uns an, bald donnern die Beschwerden.
Wer dir viel Rat und wenig Tat gewähret, wenn dich die Last des schweren Kummers preßt, ist einer, der die Spinnenweb‘ ab kehret. Und doch dabei die Spinne leben lässt.
Betrachtung der Zeit
Mein sind die Jahre nicht, die mir die Zeit genommen,
mein sind die Jahre nicht, die etwa möchten kommen.
Der Augenblick ist mein, und nehm’ ich den in acht,
So ist der mein, der Jahr und Ewigkeit gemacht.
„Der Augenblick ist mein“ Seine Fragen berühren uns noch nach 350 Jahren: Welchen Sinn hat mein Leben, wenn so vieles in die Brüche geht? Was kann ich tun, wenn gewaltige Mächte mich bedrängen? Wo finde ich Heimat, wenn mein Haus zerstört wird? Mit seinem Gedicht „Betrachtung der Zeit“ wagt Gryphius eine Antwort:
Auch in Friedenszeiten leben wir auf der schmalen Schnittstelle zwischen Vergangenheit und Zukunft. Nur die Gegenwart gehört uns und nur sie können wir wirklich beeinflussen. Denn unsere Vergangenheit können wir nicht ändern, auch die Zeit nicht zurückholen. Und unsere Zukunft? Sie steht, wie man im Deutschen sagt, „in den Sternen“, trotz aller Vorsorge und Planung. Einzig die Gegenwart, der Augenblick ist uns ganz überlassen. Das macht sie so kostbar, auch wenn sie, gemessen an unserer gesamten Lebenszeit nur einem Wimpernschlag dauert. Was machen wir aus dem gegenwärtigen Augenblick?
https://www.dw.com/de/der-augenblick-ist-mein/a-15849174 – Gut und informativ –
Andreas Gryphius war der Inbegriff des barocken Menschen: Kurz vor Ausbruch des Dreißigjährigen Krieges geboren erlebte Gryphius schon früh, dass nichts in der Welt von Bestand ist und wurde sich der Vergänglichkeit des Seins bewusst, als in recht rascher Folge sein Vater und seine Mutter starben. Die ersten 28 Jahre seines Lebens waren von Krieg geprägt und das Leiden zieht sich – wie auch der Vanitas – Gedanke – wie ein roter Faden durch sein ganzes Leben. Immer wieder finden wir in seinen Sonetten den verzweifelten Versuch, zu verstehen, wie Gott solches Leiden zulassen könne, wofür er die Menschen bestrafe. Melancholie und Schwermut prägen das Gesamtwerk.
https://www.literaturtipps.de/autor/kurzbeschreibung/gryphius.html – Kurz und interessant –
Tränen des Vaterlandes
Wir sind doch nunmehr ganz, ja mehr denn ganz verheeret!
Der frechen Völker Schar, die rasende Posaun (abwertend rausposaunen)
Das vom Blut fette Schwert, die donnernde Karthaun (schweres Geschütz)
Hat aller Schweiß, und Fleiß, und Vorrat aufgezehret.
Die Türme stehn in Glut, die Kirch‘ ist umgekehret.
Das Rathaus liegt im Graus, die Starken sind zerhaun,
Die Jungfern sind geschänd’t, und wo wir hin nur schaun
Ist Feuer, Pest, und Tod, der Herz und Geist durchfähret.
Hier durch die Schanz und Stadt rinnt allzeit frisches Blut.
Dreimal sind schon sechs Jahr, als unser Ströme Flut
Von Leichen fast verstopft, sich langsam fort gedrungen.
Doch schweig ich noch von dem, was ärger als der Tod,
Was grimmer denn die Pest, und Glut und Hungersnot,
Dass auch der Seelen Schatz so vielen abgezwungen.
Das Streiflicht – „Tränen des Vaterlandes“ beklagt die Gräuel der Zeit und die Not der Menschen. Gryphius ließ sich durch den gehäuften Jammer freilich nicht davon abhalten, … was er als die übelste Verheerung inmitten des umfassenden Elends erkannt hatte. … „dass auch der Seelen Schatz so vielen abgezwungen“. … was die Bilder vom Krieg in der Ukraine mit den Menschen in Deutschland machen. … nichts Gutes, ebenso wenig wie die fahlen Wortgebilde, die man lang nicht gehört hat, die aber nun im öffentlichen Diskurs mitlaufen, als gehörten sie schon immer dazu. Die „nukleare Teilhabe“ zum Beispiel… was der Krieg mit uns macht, ist neben der Angst der Leute auch ihre – gewiss banale – Enttäuschung ein nicht unbedeutender Posten. Als hätte es nicht schon gereicht, … dass „der Planet“ dem Untergang geweiht ist, musste … auch noch eine Pandemie auffahren, … Ausgerechnet da, sagen sie, kommt nun dieser Putin mit seinem Krieg, …Das ist, wenn man so will, ein Teil des Seelenschatzes, der uns gegenwärtig abgezwungen wird.
https://www.sueddeutsche.de/politik/glosse-das-streiflicht-1.5538499 gut, Zeitbezug
Menschliches Elende
Was sind wir Menschen doch? ein Wohnhaus grimmer Schmerzen
Ein Ball des falschen Glücks, ein Irrlicht dieser Zeit.
Ein Schauplatz herber Angst besetzt mit scharfem Leid
Ein bald verschmelzter Schnee und abgebrannte Kerzen.
Dies Leben fleucht davon wie ein Geschwätz und Scherzen.
Die vor uns abgelegt des schwachen Leibes Kleid
Und in das Toten-Buch der großen Sterblichkeit
Längst eingeschrieben sind, sind uns aus Sinn und Herzen.
Gleich wie ein eitel Traum leicht aus der Acht hinfällt
Und wie ein Strom verscheucht, den keine Macht aufhält:
So muss auch unser Nahm, Lob, Ehr und Ruhm verschwinden
Was itz und Atem holt muss mit der Luft entfliehn.
Was nach uns kommen wird, wird uns ins Grab nachziehn
Was sag ich? Wir vergehn wie Rauch von starken Winden
Die Hölle
Ach! und Weh!,
Mord! Zetter! Jammer / Angst / Kreuz! Marter! Würme! Plagen.
Pech! Folter! Henker! Flamm! Stank! Geister! Kälte! Zagen!
Ach vergeh!
Tief’ und Höh’!
Meer! Hügel! Berge! Fels, wer kann die Pein ertragen?
Schluck Abgrund! Ach schluck’ ein! die nichts denn ewig klagen.
Je und Eh!
Schreckliche Geister der dunkelen Höhlen, ihr die ihr martert und Marter erduldet,
kann denn der ewigen Ewigkeit Feuer nimmermehr büßen dies was ihr verschuldet?
O grausam’ Angst stets sterben, sonder sterben!
Dies ist Flamme der grimmigen Rache / die der erhitzete Zorn angeblasen:
Hier ist der Fluch der unendlichen Straffen / hier ist das immerdar wachsende Rasen:
O Mensch! „Verdirb, um hier nicht zu verderben“ – Aufforderung „Mensch leb verdorben!“ im Diesseits, unbeachtet des mglw. noch übleren Jenseits. „Verdirb“ assoziiert Leben im Sinne: „Sei verdorben, sündige im Diesseits, um solche Kräfte für furchtbares Jenseits zu nutzen“. Im 30jährige Krieg wurde die ganze Welt zur Hölle. Höllenfurcht im Jenseits schwand ob der Gräuel im Diesseits und Aufgabe aller Tabus und Gottesfürchtigkeit. S. auch Epikureer, negativ i. S. von „Genussmensch“, Betonung der Lust als höchstes Gut.
An Gott den Heiligen Geist
Bißher hab ich die kalte Welt /
Bißher hab ich die Eitelkeit gelibet:
Bißher hat mich der harte Sturm betrübet.
Mich/ der ich falschem Gute nachgestellt.
Kom reiner Geist / entzünde meine Kält!
Zureiß das Band / das meine Seel’ umgibet
Vergib/ was ich für Missethat verübet /
Vnd tröste / wenn mein Hertz in Schmertz verfällt!
O helles Licht/ erleuchte meine Nacht!
Die Nacht voll Angst/ voll Wehmut / Ach und Zagen;
Erquicke mich eh’ als mein Geist verschmacht.
O wahre Lust wie daß ich traurig bin?
Weil du nicht hir / muß ich so hefftig klagen.
Dein Beyseyn nimm’t all’ Angst und Trauren hin.
O helles Licht, erleuchte meine Nacht – Muss man den kennen? Ja, muss man. Unbedingt! Andreas Gryphius ist ein lyrischer All-time Champion, ein Seelenflüsterer und Sprachberserker. Wer sagt, der Barockdichter sei vor 350 Jahren gestorben, lügt. Gryphius lebt. Und wie. Dass er zu den ganz Großen, den Einzigartigen, allzeit Glänzenden und Wichtigen gehört, steht außer Zweifel. Das war schon seinen Zeitgenossen klar. „Wer reden ihn gehört, der hat ihn donnern hören“, rühmt ihm der Dichterkollege Lohenstein in die Unsterblichkeit nach. Völlig zu Recht! … Ist das langweilig, altbacken, belanglos und überflüssig? Nein. Kein Stück! Gryphius ist ein mitreißendes Leseabenteuer, das die Zeit verlustfrei und ohne Altersspuren überdauert hat.
Andreas Gryphius – zu seinem breit gefächerten Gesamtwerken zählen Sonette , Oden, Epigramme sowie Trauer- und Lustspiele (Erklärung Sonette, Epigramme: Begriffe jeweils anklicken).
Heutzutage zählen viele seiner Gedichte zu den absoluten Klassikern. Als zwei seiner bekanntesten Werke gelten die Gedichte „Es ist alles eitel “ (1637) oder „Tränen des Vaterlandes “ (1636).
Seine Werke sind von einem tiefen Pessimismus durchdrungen. Denn er behandelt Themen wie Verlust, Leid und Zerstörung. Diesen Schreibstil man auch Poetik der Klage. Schon seine frühen Werke zeigen, wie negativ Gryphius gegenüber dem Menschen und dem Leben eingestellt ist. Er schien nicht viel Gutes am Leben zu finden, da selbst bei positiven Dingen, nur der Schein trüge. Im Fokus seiner Texte steht darum die Vergänglichkeit des irdischen Seins.
Darüber hinaus verwendet er die drei häufigsten Motive in der Barock-Literatur: Memento mori Carpe diem undVanitas. Alle drei … haben im weitesten Sinne mit dem Tod zu tun.
https://studyflix.de/deutsch/andreas-gryphius-4987 nicht weiter interessant
Andreas Gryphius’ Sonette: Eine Interpunktionsgeschichte (nur für Spezialisten, sonst mäßig interessant)
Es wird – ausgehend von einem erweiterten Begriff der Interpunktion – der Frage nachgegangen, wie die Texte der verschiedenen Drucke von Gryphius’ Sonetten in interpunktioneller Hinsicht gestaltet sind und was dies für die Interpretation einiger ausgewählter Sonette bedeutet.
https://www.tandfonline.com/doi/full/10.1080/00393274.2018.1531253
„Quantum est quod nescimus!“ = Wieviel gibt es, was wir nicht wissen!
Ist’s? oder ist’s ein Wahn, daß Anverwandter Blut
Sei kräftig, unsern Geist durch fremde Macht zu rühren?
Soll, wenn mein Freund betrübt, ich mich bekümmert spüren
Obschon mir nicht entdeckt wird seiner Schmerzen Glut?
Soll, wenn sein Körper fault, mein hochbestürzter Mut
In unbekannter Angst sich kränken und verlieren?
Soll mich sein Bild zu Nacht in Lust und Schrecken führen
Und trösten in der Pein und raten, was mir gut?
Mein Bruder, ehe man mir deinen Tod entdecket,
Hast du drei Nächte mich aus meinem Schlaf erwecket
Und mein unendlich Leid zu lindern dich bemüht.
Du hast mir Zeit und Ort der abgelegnen Reisen,
Da ich nicht reisen wollt, ausdrücklich wollen weisen.
Ist’s oder wissen wir weit minder, als man sieht?
Weitere Gedichte von Andreas Gryphius https://www.gedichte7.de/andreas-gryphius.html
Die Vielschichtigkeit von Andreas Gryphius‘ Wirken kann hier nur eingeschränkt Niederschlag finden. Aus Affinität zu seiner Lyrik wird diese bevorzugt.
Weitere Werke:
Lateinische Dichtungen
- Herodis Furiae et Rachelis lachrymae (1634)
- Dei Vindicis Impetus et Herodis Interitus (1635)
- Parnassus renovatus (1636)
- Epigrammata liber I (1643)
- Olivetum Libri tres (1646)
Lyrik
- Sonette („Lissaer Sonette“) (1637)
- Son- und Feyrtags-Sonette (1639)
- Das erste Buch (1643)
- Das erste Buch (1643)
- Das erste Buch (1643)
- Gedanken über den Kirchhof und Ruhestätte der Verstorbenen (1657)
Trauerspiele
- Ein Fürsten-Mörderisches Trawer-Spiel / genant. Leo Armenius (1650)
- Catharina von Georgien. Oder Bewehrete Beständigkeit. Trauer-Spiel (1657)
- Cardenio vnd Celinde, Oder Unglücklich Verliebete. Trauer-Spiel (1657)
- Ermordete Majestät. Oder Carolus Stuardus König von Groß Britannien. Trauer-Spil (1657; Überarbeitung: 1663)
- Großmüttiger Rechts-Gelehrter / Oder Sterbender Aemilius Paulus Papinianus. Trauer-Spil (1659)
- Absurda Comica oder Herr Peter Squenz/Schimpff-Spiel (1658)
- Teutsch (1663)
- Verlibtes Gespenste/Gesang-Spil. Die gelibte Dornrose/Schertz-Spil in schlesischer Mundart (Doppeldrama, 1660)
- Fewrige Freystadt (1637)
- Mumiae Wratislavienses (1662)
Dissertationes Funebres. Oder Leich-Abdanckungen (1667)
Tim Theo Tinn, 7. Febr. 2024
TTT ‘s Musiktheaterverständnis ist subjektiv davon geprägt keine Reduktion auf heutige Konsens- Realitäten, Yellow-Press (Revolverpresse) – Wirklichkeiten in Auflösung aller konkreten Umstände in Ort, Zeit und Handlung zuzulassen. Es geht um Parallelwelten, die einen neuen Blick auf unserer Welt werfen, um visionäre Utopien, die über der alltäglichen Wirklichkeit stehen – also surreal (sur la réalité) sind. Dabei müssen Menschenbilder in ihrem psychsozialen Sein als dramatische Vorgabe belassen werden. Charaktere dürfen nicht verändert werden, sind schließlich musikalisch determiniert. Selbstredend kann auf Basis bestehender Schöpfungen Neues geschaffen werden, das muss aber expliziert gekennzeichnet sein.
Profil: 1,5 Jahrzehnte Festengagement Regie, Dramaturgie, Gesang, Schauspiel, auch international. Dann wirtsch./jurist. Tätigkeit, nun freiberuflich: Publizist, Inszenierung/Regie, Dramaturgie etc. Kernkompetenz: Eingrenzung feinstofflicher Elemente aus Archaischem, Metaphysik, Quantentheorie u. Fraktalem (Diskurs Natur/Kultur = Gegebenes/Gemachtes) für theatrale Arbeit. Metaphysik befragt sinnlich Erfahrbares als philosophische Grundlage schlüssiger Gedanken. Quantenphysik öffnet Fakten zur Funktion des Universums, auch zu bisher Unfassbarem aus feinstofflichem Raum. Glaube, Liebe, Hoffnung könnten definiert werden.