Online Merker Logo

Die internationale Kulturplattform

Tim Theo Tinn‘s Einlassungen: S. Morabito „Trash-Konsens “ oder TTT „Surreal – über der Realität“? und „Plädoyer zur Kraft surrealer Inszenierungen“

16.11.2020 | Themen Kultur

Tim Theo Tinn‘s Einlassungen: 

S. Morabito „Trash-Konsens “ oder TTT „Surreal – über der Realität“?
Che tempi sono passati? Welche Zeiten sind vorbei?
Vortrag S. Morabito v. September d.J.: Welche Ordnung der Dinge?- Zum Repertoire der Opernbühnen des 17. und 18. Jahrhunderts, https://onlinemerker.com/welche-ordnung-der-dinge-zum-repertoire-der-opernbuehnen-des-17-und-18-jahrhunderts-i-mailwechsel-sergio-morabito-thomas-prochazka/

Teil 1

TTT’s Gegenwurf: „Plädoyer zur Kraft surrealer Inszenierungen“, erscheint in rd. 60 Auszügen aus Publikationen der letzten Jahre in loser Folge im OnlineMerker, dazu auch Abbildungen unter…

S. Morabito (Chefdramaturg der Wiener Staatsoper) bewegt sich formal in verschlüsselten Textbausteinen und Vokabeln wie Apparition, auktoriale Instanz, transitorisch, autoritativ usw. Die vorgegebene Historie des 17./18. Jahrhunderts wird völlig richtig zur ganzheitlichen Betrachtung erweitert.

An Thomas Prochazka, einem der profiliertesten und kenntnisreichsten Merker-Autoren:

Zitat: „Ich wage daher zu behaupten, dass Ihre Ausführungen ganz viel über Sie und Ihre Opernkonsum-Gewohnheiten erzählen mögen, aber demjenigen wenig weiterhelfen, der über Musiktheater nachdenken möchte. Es ist schwer möglich, mit jemandem zu diskutieren, den das Thema, über das man sich geäußert hat, gar nicht wirklich interessiert, sondern der sich letztlich lediglich verbittet, beim Gebrauch seines Taschentuchs gestört zu werden. … der von Ihnen populistisch geschwungenen kommerziellen Drohkeule auszuliefern. … darf ich Sie auf mein Buch Opernarbeit“…

Das Buch wurde von der Zeitschrift „Opernwelt“ als Veröffentlichung des Jahres prämiert. Tatsächlich ist diese Prämierung nicht repräsentativ, da diese i.d.R. durch weniger als 10 Stimmen vergeben werden (s. Frankfurt, Opernhaus des Jahres: 8 Stimmen).

Der OnlineMerker ist eine Präsenzpublikation. Im System seiner Themen ist er relevant, kein Lebenselixier wie Theater.

   Systemrelevanz: Wichtigkeit für die Aufrechterhaltung eines Systems (für rd. 99 % der Weltbevölkerung ist fehlende deutsche Theaterdichte belanglos).                                                                                      
Lebenselixier: Dinge, die die Lebensfreude erhöhen, Regeneration fördern.

S.Morabito nennt Inszenierungen in seiner aktueller Lesart szenische Neufindungen, die grundsätzlich in heutige Konsensrealitäten verlegt werden, TTT beschwört über Realität stehende Sichtungen. Plakativ: werkfremde Neufindung versus Werkimmanenz!

Konsensrealitäten (Wirklichkeit auf die Menschen sich einigten) werden oft in werkfremde Neukreationen gepackt, mit Yellow-Press, Trash-Wirklichkeiten in Auflösung aller konkreten Umstände von Ort, Zeit und Handlung.

In werkimmanenten Inszenierungen geht es um über der Realität stehende Parallelwelten, die einen neuen Blick auf unserer Welt werfen, um visionäre Utopien, die über der alltäglichen Wirklichkeit stehen – also surreal (sur la réalité) sind.

S. Morabito erklärt wissenschaftliche Erkenntnis mit künstlerischer Freiheit, ästhetische Praxis mit analytischer Verbindlichkeit zu vermitteln. Seinen Arbeitgeber, die WSTO bezeichnet er als Institut, also als Lehr- und Forschungseinrichtung. Bisher sind dort keine Lehrveranstaltungen oder wissenschaftlichen Forschungsergebnisse publik geworden.

Unter ästhetischer Praxis verstehe ich seine Einlassungen zur Reduktion auf heutige Konsensrealitäten in szenischen Neufindungen, Yellow-Press-, Trash-Wirklichkeiten in Auflösung von werkbestimmendem Ort, Zeit und Handlung.

Über der Realität/Surreal nach TTT verlieren Ort und Zeit Immanenz (Parsifal: Zum Raum wird hier die Zeit!), Handlung bleibt unverrückbarer Wesenszug einer werkimmanenten Inszenierung.

Diese Möglichkeit wird im Vortrag nicht beachtet, Überlegungen werden auf pauschal abgelehnte Werktreue und favorisierte Werkfremdheit/Neuheit abgestellt.

S. Morabitos Intentionen lassen sich aus Inszenatoren – Engagements der WSTO von Tobias Kratzer und Kirill Serebrennikow erkennen, die in heutigen Trash-Konsensrealitäten inszenieren.

Kirill Serebrennikow versuchte sich über Jahre als Märtyrer und Opfer sowjetischer Machthaber zu inszenieren. Nun wurde er äußerst milde trotz Millionen-Schäden verurteilt, muss lediglich Geld zurückzahlen, bleibt aber von üblich rüden Strafmaßnahmen sowjetischer Machthaber verschont. Deutsche Intendanten wollen angeblich diese Millionen-Betrügereien bezahlen, bzw. dafür sammeln. Kann er seinen Märtyrer-Bonus halten?

Zu Tobias Kratzer’s Tannhäuser – Inszenierung in Bayreuth äußerte ich mich wie folgt: Verhunztes oder befeuerndes Theater? Trash-Spektakel quer durch digitale Aufbereitungen. War das Tannhäuser, war das Theater? … freie, trashige, in unseren Alltag gezogene Assoziation (tatsächliche Handlung nicht mal Erinnerungswert) ….  Horde Bankräuber (Clown, afroamerikanischen Dragqueen, kleinwüchsiger Gnom etc. fahren in ca. 60iger Jahre Kleinlaster, töten Polizisten usw. – ja, ja so, so.                                          

Besonders gelungenes und weitgehend bekanntes Beispiel einer über der Realität stehenden surrealen Inszenierung ist die „Traviata“ von 2005 aus Salzburg mit Netrebko etc. Auch die aktuelle „Gärtnerplatz“ Tosca, inszeniert von Steffano Poda, gehört zu diesen fantastischen (im Wortsinn) seltenen Ereignissen.

Es entstehen Fragen zur konträren Position des Chefdramaturgen zum aktuellen Programm der WSTO, da dies historisch noch weiter zurückgeht.

Dieses Experiment könnte eine interessante Innovation werden. Mit Beginn der neuen Ära wird Retro Programm, also kein heutiger verfremdeter Alltag gem. Morabito, sondern Inszenierungen aus weiter zurückliegendem aktuellem Kontext (bis zu 40 Jahre) geboten. Das kann funktionieren. Mit Onegin hat TTT eine seit Jahrzenten selten gute Personenregie gesehen, die Elektra hat außerordentlich hochwertige szenische Wucht.

Empfehlen kann ich hier unbedingt Meistersinger im Schneider – Siemssen – Bühnenbild. Vor Jahrzehnten habe ich in diesem großartig monumentalen Bühnenbild eine sechswöchige szenischen Einrichtung erarbeitet. Regieauszug gibt es. Das heißt übrigens auch, dass es durchaus Ereignisse im Theater geben darf, die Retro berechtigen . Man muss differenzieren. Zumal in dem Bühnenbild alles schlüssig und logisch ist, somit sehr gute Voraussetzungen für kurzfristige Neubesetzungen bestehen, da man ohne große Erklärungen zurechtkommen kann.

Mit behaupteter analytischer Verbindlichkeit kann S. Morabito nur Auswerten, Untersuchen, verbindlich bindende Berücksichtigung der werkrelevanten Unterlagen einer Oper meinen, also Partitur, Libretto, Sekundärliteratur, etc.

Das erscheint nach bisherigem Eindruck mit der vom Chefdramaturgen propagierten Stilistik nicht aufzugehen. Da werden Libretti nicht berücksichtigt, sondern „aufgehoben“, ignoriert (s. szenische Neufindung).

TTT: Inszenieren heißt Musik und Libretto fein lesen, austauschen mit aktuellem Hier und Jetzt sowie eigenen Empfindungswelten – daraus eine individuelle Synthese werkimmanenter Lesart mit Handwerk, Emphatik und publikumswirksamer Umsetzung kreieren.

 Es bleibt die Frage wo der Urgrund solcher Inszenierungen herkommt. Nach den Darlegungen wird bestehende Handlung eliminiert, neugeschöpft, hat der Komponist untergeordnete Relevanz, soll der Wichtigkeit neuer Regisseure weichen müssen – also auch Kahlschläger sollen über sorgsame musikalische Zeugen und Aufbereitung gem. Partitur dominieren?   

Im ersten Absatz behauptet S. Morabito die Möglichkeit Vergangenheit zu wandeln/ändern. Das ist unbekannt. Selbst in einer quantentechnischen Zeitreise bleibt die Vergangenheit unverrückbarer Fakt („Heute ist morgen schon gestern“). Auch Quantenenergien können die Vergangenheit nur auf einer Zeitschiene für mglw. neue alternative Zukunft nutzen, prägen, aber nicht ändern – in einer Parallelwelt, die wahr werden kann, da alles was je war, ist, sein wird, sein könnte im universalen Variantenraum niedergelegt ist, also auch Varianten möglicher Zukunft, aber keine der Vergangenheit. Es wäre auch nicht schlüssig.

Zukunft und Parallelwelten existieren in den Morabito Ausführungen nicht. Dabei liegt im Kosmos der Möglichkeiten in Parallelwelten der Schlüssel für zukünftiges Gedeihen alles Irdischen. So etwas gehört in den Auftragskanon theatraler Darstellung, somit also über der Realität stehender Inszenierungen.

Tim Theo Tinn‘s Einlassungen:  S. Morabito „Trash-Konsens “ oder TTT „Surreal – über der Realität“?

TEIL 2 (es erscheinen drei Teile an drei aufeinander folgenden Tagen)

Che tempi sono passati? Welche Zeiten sind vorbei?
Vortrag S. Morabito v. September d.J.: Welche Ordnung der Dinge?- Zum Repertoire der Opernbühnen des 17. und 18. Jahrhunderts, https://onlinemerker.com/welche-ordnung-der-dinge-zum-repertoire-der-opernbuehnen-des-17-und-18-jahrhunderts-i-mailwechsel-sergio-morabito-thomas-prochazka/

TTT’s Gegenwurf: „Plädoyer zur Kraft surrealer Inszenierungen“, erscheint in rd. 60 Auszügen aus Publikationen der letzten Jahre in loser Folge im OnlineMerker, dazu auch Abbildungen unter…


Kritisch-paranoischer Surrealismus – Dali

Es wird „historische Besinnung“ in „Morabito-Inszenierungen“ behauptet, zu „Konstellationen unserer eigenen Epoche mit einer ganz bestimmten früheren …“ Da steht TTT verständnislos, gemessen z. B. am o.a. Tannhäuser: was kann mir dieses Trash-Gemurkse sagen?

Zitate: „Die längste Zeit der Operngeschichte galt der Dichter als Autor einer Oper, der Komponist als Theaterschaffender. Ich warne davor, diese Perspektive als kulturhistorische Kuriosität abzutun. Gerade durch ihre Beschränktheit bietet sich die Chance, der Relativität und Historizität unserer eigenen Kriterien inne zu werden. … Heute ist der Komponist keine Theaterschaffender mehr. … ist er zum Autor geworden. … auch die Partitur die Fronten gewechselt, … Dokumentation eines transitorischen Ereignisses, den Status eines autoritativen Textes erlangt“.

Kurios findet TTT diese teils unverständlichen oder selbstverständlichen Aussagen. Immer war und ist der Komponist Theaterschaffender, ohne ihn oder sein kompositorisches Erbe geht nichts im Musiktheater. Auch Autoren waren i.d.R wichtig, aber nie für das Gesamtkunstwert, sondern für Untergeordnetes, manchmal auch nur für eine Grundidee, die von Librettisten aufgenommen und in neue Texte transformiert wurden.

Immer steht der Komponist am Ende des Schaffensprozesses eines Musikdramas. Dem tragen weltweit alle Theater Rechnung, in dem die Ankündigungen sich immer auf die Komponisten beziehen, Autoren und erst recht temporär eingesetzte Regisseure reüssieren im Kleingedruckten.

Der besondere Duktus der prägenden Transformation einer Autorenvorlage durch Komponisten in völlig andere atmosphärische Welten sind in TTT’s letzten Rezensionen von „Onegin“ und den „Vögeln“ beispielhaft erwähnt.

Aus Puschkins Versroman Onegin transformierte Tschaikowski „lyrischen Szenen“ statt der Konvention „Oper“! Lyrisch ist Träumerisches, ist in Fantasiegebilden und Empfindungen feinstoffliche Parallelwelt – und das macht das Faszinosum der Tschaikowski-Schöpfung aus.

Die derbe Komödie „Die Vögel“ von Aristophanes (415 v. Chr.)  wurde durch Braunfels Komposition (1920) zu einem lyrisch durchwirkten fantastischen Spiel transformiert, mit mächtigem Belcanto-Verlangen. Er wählte den Terminus lyrisch-fantastisches Spiel. Das meint Träumerisches, Fantasiegebilde und Empfindungen feinstoffliche Parallelwelt, das Faszinosum dieser Schöpfung.

Zitat TTT: „…eine weltüberhöhende, über Realität stehende Werkimmanenz erfüllt Musikdramen mit Heutigem aus feinstofflichen metaphysischen Bereichen oder aus immer mehr erkannten quanten-physikalischen Wahrheiten, besonders in diesem einzigartigem Musiktheatertypus.“ s. u.  Fußnoten TTT Musiktheaterverständnis

Der Begriff Oper (opera in musica): Grundwort „ opus“  lateinisch für Werk – (indogermanische Wurzel op…für arbeiten), daraus folgt Oper als Bezeichnung für das Werk (auch Gebäude)  Künstler– und Gelehrte im Kreis des Grafen Giovanni Bardi (Rom/Florenz 1534-1612) wiederbelebten antike Tragödien innovativ mit Musik/Gesang.

 1594 schufen Ottavio Rinuccini (Libretto) und Jacopo Peri mit „Dafne“ das erste „dramma musicale“ oder „dramma per musica“ also Drama/Tragödie mit Musik. Man wollte kein spezifisches Musiktheater erschaffen, sondern lediglich antike Tragödien mit Musik unterlegen. Der allgemeine Begriff wurde bald zu „opera seria“ (ernste Oper), „opera buffa“ (heitere Oper) und „opera semiseria“ oder „dramma giocoso“ (heiter und ernsthaft).

Die erste tatsächliche Oper schuf Claudio Monteverdi 1607 (L’Orfeo). Ursprung der Oper im Musiktheater liegt also im ernsthaften tiefschürfenden Gestalten antiker Tragödien mit Musik

Grundsätzlich gilt und galt: Musiktheater ist immer eine Synthese aus Text und Musik, wobei die Musik die wesentlichen feinstofflichen atmosphärischen Elemente schafft.  Regisseur und Dirigent sind, waren und werden immer Nachschöpfende sein. Das ist entgegen S. Morabitos Aussagen Fakt, da selbst in „schrägsten Interpretationen“ die Komposition dominiert, auch die menschliche Auffassungsgabe berührt, die ja über 90 % emotionaler Aufnahme ausmacht.

Somit werden kognitive rationale Momente, optische und verbale Information reduzierter aufgenommen. Musik ist Emotio, Inhalte, Texte Ratio. Augen können den Ohren somit somit in einer „szenischen Neufindung“ gem. Morabito durch Unschlüssigkeit kaum folgen. Empfindung bleibt auf der Strecke, rationaler Wahrnehmungsdruck als rein intellektueller Prozess ernüchtert. Das steht im Widerspruch zur eigentlichen menschlichen Natur, zu den Naturgesetzen. Unser Bewusstsein in Aufnahme und Bewertung arbeitet assoziativ, interpretativ und selektiv, überwiegend emotional. Über 90 Prozent werden somit vom Un–und Unterbewusstsein aufgenommen und reflektiert. Werden diese Kanäle blockiert, entsteht fragendes Unverständnis und Empfindungskollision.  Somit sind  falsche Inszenierungen gegen die Naturgesetze.    

S. Morabito nimmt den Begriff „Dramma per musica“ allzu wörtlich, behauptet, die Übersetzung „Drama für Musik“ belege, dass der Autor wichtiger als der Komponist sei. Butterfly hält auch jeder für Schmetterling und nicht für Butterfliege. Es gibt überkommene Redewendungen – da bin ich doch „heavy on wire“, oder?

Zitat: Die von den alten handschriftlichen Partituren protokollierten zu ihren Zeit aktuellen musikalischen Interpretationen eines klassischen Sujets oder Librettos sind heute selbst zu „klassischen Texten“ geronnen. Das heißt aber auch: von sich aus können sie den Gegenwartsbezug des Theaters nicht mehr sichern, sondern sind ihrerseits angewiesen auf ihre szenische Neuinterpretation. Als Gegenbewegung zur Formierung eines musikalischen Werkbegriffs übernahm die Inszenierung mehr und mehr die Aufgabe künstlerischer-kreativer Vergegenwärtigung. Die Spannung zwischen einer  zugrunde gelegten historisch -kritischen Partituredition einerseits und einer szenischen Neufindung andererseits, die heute anspruchsvolle Opernaufführungen charakterisiert, ist daher kein Widersinn.“

Das wirkt abstrus. Eine musikalische, durchaus historische Qualität soll also mit der Zeit gemeinsam mit dem Libretto nur noch textlich zu definieren, inhaltlich gegenstandslos geworden sein? Und dadurch nach völliger Aufgabe des Librettos „schreien“, quasi nur durch Aufgabe aller Umstände des Librettos (auf deren Grundlage die Komposition ja erst entstehen konnte – es gibt wenige Ausnahmen, z. B. Wiener Blut) in werkfremder Neufindung bestehen können, die dann damit i.d.R. auch nicht mehr mit der Komposition korrespondiert?

Der Ansatz hat keine Schlüssigkeit. Mögen auch die Texte über die Jahrhunderte neusprachlich überarbeitet werden können, bleibt geniale Musik doch unantastbar. Morabito-Ausprägungen bedingen derzeit aber auch noch völlige Übernahme der alten Texte, die dann allerdings oft bei konträrem Handeln in der Szene widersprüchlich runtergesungen werden müssen.

Der behaupteten szenischen Neuinterpretation ist zu widersprechen, es wird i.d.R nicht interpretiert, also vorhandene Grundlagen alternativ gesichtet, sondern willkürliche Beliebigkeit ohne jeden Bezug aufgepfropft. Bisheriges Unverständnis klärt sich damit.

 Es sind anmaßende Auftragungen auf geniale Kompositionen, die i.d.R. wider aller Werk-Intentionen sind. Somit mögen hochwohligen Inszenierungsoberhäupter in der Lesart von Herrn Morabito, die Regisseure, ihrer Arbeit Schlüssigkeit geben und die neue bessere nötige Musik selbst schaffen oder schaffen lassen. Die aktuellen Umstände sind einfach falsche Inszenierungen, weil Text und oft auch Musik widersprüchlich zur neuen Szene sind.

Dann mögen also die Spielpläne bereinigt werden – oder es bleibt bei schlechten, weil falschen Inszenierungen, möge Manches auch durchaus unterhaltsam sein.

Zum angeblich fehlenden Gegenwartsbezug historischer Stoffe: Auszüge einer TTT Rezension mit Auflistung dramatischer Konflikte, die die Behauptung fehlenden Gegenwartsbezuges entlarvt.

Zum Dramaturgen-/Inszenatoren-Handwerk gehörten einmal zur „analytischen Verbindlichkeit“ „Konflikt-Szenogramme“. Diese Arbeit verlangt die detaillierte Partitur-/Libretto-Analyse und muss zur Auflistung sämtlicher dem Stück innewohnenden „dramatischen Konflikte“ führen. Diese müssen dann aus dem historischen in zeitgemäßen Kontext transformiert werden. Schon ist man in der Werkimmanenz und kann daraus die weiteren z. B. surrealen Ingredienzen kreieren. Fortsetzung folgt

Haben Manche den Vortrag von S. Morabito nun falsch verstanden oder wurde verfehlt formuliert?

 Tim Theo Tinn – 17. Nov. 2020

TTT‘s Musiktheaterverständnis ist subjektiv davon geprägt keine Reduktion auf heutige Konsens- Realitäten, Yellow-Press (Revolverpresse), Trash – Wirklichkeiten in Auflösung aller konkreten Umstände in Ort, Zeit und Handlung zuzulassen. Es geht um Parallelwelten, die einen neuen Blick auf unserer Welt werfen, um visionäre Utopien, die über der alltäglichen Wirklichkeit stehen – also surreal (sur la réalité) sind.

Profil: 1,5 Jahrzehnte Festengagement Regie, Dramaturgie, Gesang, Schauspiel, auch international. Dann wirtsch./jurist. Tätigkeit, nun freiberuflich: Publizist, Inszenierung/Regie, Dramaturgie etc. Kernkompetenz: Eingrenzung feinstofflicher Elemente aus Archaischem, Metaphysik, Quantentheorie u. Fraktalem (Diskurs Natur/Kultur= Gegebenes/Gemachtes) für theatrale Arbeit. (Metaphysik befragt sinnlich Erfahrbares als philosophische Grundlage schlüssiger Gedanken. Quantenphysik öffnet Fakten zur Funktion des Universums, auch zu bisher Unfassbarem aus feinstofflichem Raum. Glaube, Liebe, Hoffnung könnten definiert werden). TTT kann man engagieren.

TEIL 3

Tim Theo Tinn‘s Einlassungen:  S. Morabito „Trash-Konsens “ oder TTT „Surreal – über der Realität“?

TEIL 3 (es erscheinen drei Teile an drei aufeinander folgenden Tagen)

Che tempi sono passati? Welche Zeiten sind vorbei?

Vortrag S. Morabito v. September d.J.: Welche Ordnung der Dinge?- Zum Repertoire der Opernbühnen des 17. und 18. Jahrhunderts, https://onlinemerker.com/welche-ordnung-der-dinge-zum-repertoire-der-opernbuehnen-des-17-und-18-jahrhunderts-i-mailwechsel-sergio-morabito-thomas-prochazka/

TTT’s Gegenwurf: „Plädoyer zur Kraft surrealer Inszenierungen“, erscheint in rd. 60 Auszügen aus Publikationen der letzten Jahre in loser Folge im OnlineMerker.


Die sieben Todsünden-Otto-Dix-1933 als Theateradaption möglich für assoziative Einblendung z. B. Freischütz, (Wolfschlucht) Traviata (Alfredo: Mille serpi divoranmi il petto“= Tausend Schlangen verschlingen meine Brust)

Zum Dramaturgen-/Inszenatoren-Handwerk gehörten einmal zur „analytischen Verbindlichkeit“ „Konflikt-Szenogramme“. Diese Arbeit verlangt die detaillierte Partitur-/Libretto-Analyse und muss zur Auflistung sämtlicher dem Stück innewohnenden „dramatischen Konflikte“ führen. Diese müssen dann aus dem historischen in zeitgemäßen Kontext transformiert werden. Schon ist man in der Werkimmanenz und kann daraus die weiteren z. B. surrealen Ingredienzen kreieren. Werkimmanente Sichtung heißt: dramatische Strukturen in Handlung, Textentsprechung gem. Vorlage und schlüssiger Wahrhaftigkeit bleiben ohne Purismus erhalten.

Es gibt kein nennenswertes Stück, in dem diese Arbeit keine überbordenden Ergebnisse bringt. Die Behauptung fehlenden Gegenwartsbezugs impliziert also, dass Konflikte aus historischen Zeiten heute nicht existieren? Entscheiden Sie selbst aus einer unvollständigen Analyse der 154 Jahre alten „Verkauften Braut“ von Smetana:

Reiche Oberschicht-Eltern wollen für zurückgebliebenen stotternden Sohn eine Braut besorgen. Dazu wird ein Heiratsvermittler (Kuppler) eingespannt.

Deshalb verfügt ein Unterschicht-Vater (Prekariat) aus pekuniären Gründen die Zwangsehe der Tochter mit eben diesem stotternden Dorfdepp.

Tochters Liebhaber verkauft sein Eheversprechen auch noch an den schlitzohrigen Kuppler, nutzt dazu kriminellen Identitätsschwindel.

Also: die Braut wird mehrfach verkauft. 3 Chauvis (Vater, Liebhaber, Kuppler) wollen damit Kasse machen. Der Zukünftige, etwas Behinderte wird ebenso zu Eheschließung beordert.

Dann trickst auch die 3fach zur geldwerten femininen Ware degradierte Braut (Gegenwert 3maligen Geldflusses) den Dorftrottel-Zukünftigen aus. Usw.

Möglichkeiten umsetzbarer Themen gem. Libretto:
Chauvinismus, Bosheit, Schadenfreude, Gewalt, Ware Frau (ist das noch „me too“?) Zwangsehe und verbotene Kuppelei (s. Kinderehen in Deutschland)

Kezal und Hans: Menschen mit schlechtmöglichstem Ruf: s. Politiker, Versicherungsverkäufer, Gebrauchtwarenhändler (war der Rezensent auch schon alles)

Klassengesellschaft Oberschicht und Prekariat, bigotte Elternschaft Gesellschaftskritik zu Geld, Macht, Gier, Liebe und Moral (s. auch „Kluge“ v. Orff: Zeitkritik 1942 „…wer die Macht hat, hat das Recht, und wer das Recht hat, beugt es auch, denn über allem herrscht Gewalt.“)

Erotische Ambitionen eines Behinderten in veralberter Darstellung

Karikatur Politik: Wiedereinsteiger F. Merz in leitender Position bei kriminalitätsbehaftetem Aktienhändler (Cum Ex) macht auf politischer Bühne Werbung zum Aktienkauf als sichere Anlage für Jedermann s. https://www.zeit.de/wirtschaft/2018-10/friedrich-merz-blackrock-aufsichtsrat-lobbyist-cum-ex

Davon fast unbelecktes dramaturgisches Ergebnis vieler Inszenierungen: quietschfideler, eitler Sonnenschein, Happyend-Syndrom: alles wird immer gut und besser, Elend, Übel, Gauner gibt es nicht gem. Wertekanon höfischen Theaters. Es bleibt rohe unbeholfene Drolerie. Soll das der Wertekanon eines Theaters sein, das Systemrelevanz beansprucht?  Lebenselixier aus Kulturgeschichte und Naturgesetzen?

Zitat: „Die Spannung zwischen einer zugrunde gelegten historisch-kritischen Partituredition einerseits und einer szenischen Neufindung andererseits, die heute anspruchsvolle Opernaufführungen charakterisiert, ist daher kein Widersinn.“

Das entsprich nicht TTT’s Kenntnis-, Deutungs-, Empfindungsrahmen anspruchsvoller Opernaufführungen. Auch das kann natürlich nicht pauschal gelten, angefangen beim Chéreau-Ring gibt es in jeder Stilistik auch immer Großartiges. Einige Exegeten befeuern diese „anspruchsvoll“ – Definition aber pauschal und unreflektiert.

Dabei sind gewachsene Selbstbestätigungsfilter wesentlich: akademisch formuliert hat man „revolvierende Autogamie“ als geschlossene Systeme eingerichtet = rückdrehende Selbstbefruchtung. Vulgo: da lügt einer dem andern so lange „in die Tasche“, bis Alle Tolles erkennen wollen. Der Kreislauf:  unkundige, dem System erlegene Politiker ernennen Intendanten aus diesem System, die  gleichgeschaltete Regisseure engagieren, denen systemimmanente Presseleute, (sich selbst am System orientierende) o.a. Autogamie liefern, das ermutigt weitere Intendanten und Regisseure und beeinflusst Politiker, die sich keine Blöße geben wollen (s. TTT‘s wiederholte Hinweise auf „Kaisers neue Kleider“). Manche aus dem Publikum versuchen in kompetenzheischender Deutungswut dem System beizutreten – die Masse zuckt halt mit den Schultern.  

Detail: I.d.R. kenntnisfreie Politiker schließen undurchsichtig Kontrakte mit Intendanten als Theaterleiter, die damit in ihren Wirkungskreis Menschen und Gestaltungen totalitär beherrschen. Erstaunlicher Weise erteilt man zwar einen „Kunst-/Kulturauftrag“, aber auch stundenlange Recherche blieb ohne klärendes Ergebnis. Was bedeutet Kunst und Kultur in diesem Kontext??? In diesen Verträgen existiert kein ausformulierter, definierter bzw. vorgegebener Kultur/Kunst-Begriff, stattdessen die „Katze im Sack“…! 

Kultur kann man noch als Gesamtheit aller zivilisatorischer Errungenschaften betrachten, aber Kunst …?

Gibt es eine allgemeine Definition „Kunst“?  Kennt man den Unterschied zwischen künstlerisch und künstlich?  Nach üblicher Lesart hat man bisher Trash etc., Bildzeitungsinhalte nicht als Kunst definiert.

Es bleiben z. B. durchaus unterhaltsame Medienspektakel als eigenständige Werke. Insbesondere in der überladenen Medien-Welt sollte die Ausrichtung einer szenischen Einrichtung auch bei Rezensionen formuliert werden: wird das tatsächliche Musik-Drama inszeniert oder bearbeitet man freie Assoziationen mit Nutzung diverser Medien. So kreiert man rechtschaffene Varianten der Konsensrealität – kann aber auch keine überhöhten Wahrhaftigkeiten aus Parallelwelten überzeitlicher Universen von Giganten der Musikdichtung schaffen.

Nochmal zum kognitiven Missverständnis: Der Mensch ist kein Verstandeswesen. Gehirn im „limbischen System“ leitet unser Verhalten überwiegend in Gefühlen, Emotionen, Intuitionen.


 Max Ernst, Entkleidung der Braut 1939, Walzer – Drag Queen – Theateradaption für assoziative Einblendung?

Bebilderung und Reproduktion heutigen Alltags gem. Konsenswelt erscheint sinnlos. So kann Theater keine Initialzündung zur Systemrelevanz geben, da die alltägliche Konsenswelt hinreichend bekannt ist und Inszenierungen sich so im alltäglichen Morast verheddern.

Also vorwärtsgewandt in Phantasmen mögliche Zukunft ahnen oder rückwärtsgewandt im tagesaktuellen Morast waten? Denn „Heute bleibt Morgen immer Gestern“, die Zukunft als Makroraum grenzenlos!

Warum soll man sich im Theater mit einer unfertigen Welt im Alltagstrott beschäftigen, wenn doch die Möglichkeit zum Phantasma besteht. Theater nach TTT bedeutet Affekte und Assoziationen (nach Eisenstein). Es geht um Parallelwelten, die einen neuen Blick auf unserer Welt werfen, um visionäre Utopien, die über der alltäglichen Wirklichkeit stehen – also surreal (sur la réalité) sind und ästhetisch künstlerische Überhöhungen nutzen.   

Nun beginnt die TTT- Serie „Plädoyer zur Kraft surrealer Inszenierungen“! Im onlineMerker erscheinen rd. 60 Auszügen aus Publikationen der letzten Jahre in loser Folge aus der Perspektive der hier erörterten Themen.

Haben Manche den Vortrag von S. Morabito nun falsch verstanden oder wurde verfehlt formuliert?

 Tim Theo Tinn – 18. Nov. 2020

TTT‘s Musiktheaterverständnis ist subjektiv davon geprägt keine Reduktion auf heutige Konsens- Realitäten, Yellow-Press (Revolverpresse), Trash – Wirklichkeiten in Auflösung aller konkreten Umstände in Ort, Zeit und Handlung zuzulassen. Es geht um Parallelwelten, die einen neuen Blick auf unserer Welt werfen, um visionäre Utopien, die über der alltäglichen Wirklichkeit stehen – also surreal (sur la réalité) sind.

Profil: 1,5 Jahrzehnte Festengagement Regie, Dramaturgie, Gesang, Schauspiel, auch international. Dann wirtsch./jurist. Tätigkeit, nun freiberuflich: Publizist, Inszenierung/Regie, Dramaturgie etc. Kernkompetenz: Eingrenzung feinstofflicher Elemente aus Archaischem, Metaphysik, Quantentheorie u. Fraktalem (Diskurs Natur/Kultur= Gegebenes/Gemachtes) für theatrale Arbeit. (Metaphysik befragt sinnlich Erfahrbares als philosophische Grundlage schlüssiger Gedanken. Quantenphysik öffnet Fakten zur Funktion des Universums, auch zu bisher Unfassbarem aus feinstofflichem Raum. Glaube, Liebe, Hoffnung könnten definiert werden). TTT kann man engagieren.

 

 

Diese Seite drucken