Online Merker Logo

Die internationale Kulturplattform

TORINO/Teatro Regio: TURANDOT – als Gesamtkunstwerk. Neuinszenierung/ Derniere

06.05.2022 | Oper international

Giacomo Puccini: Turandot • Teatro Regio Torino • Premiere am 22.04.2022 und Derniere am 05.05. 2022

Turandot als Gesamtkunstwerk

Als Premiere angekündigt hat das Teatro Regio in Turin Stefano Podas Inszenierung von Puccinis Opus ultimum «Turandot» aus dem Jahre 2018 wiederaufgenommen. Gespielt wird die originale Fragment-Fassung.

tut1
Foto Ramella & Giannese

Stefano Podas Regiearbeit ist ein Gesamtkonzept: der Künstler zeichnet Verantwortung als Regisseur und Ausstatter in Person. Seine Arbeiten, so Poda in einem aufschlussreichen Interview mit der Jungfrau-Zeitung, gingen immer von der Musik aus und wollten mit kindlichen Gesten den Traum einer verlorenen, heimatlichen Welt nachbilden. Die Musik eruiere die Bewegungen im Unterbewussten und kündige bruchstückhaft Wahrheit an. Seine Arbeiten, in denen er die Aussenwelt zerstöre und nach eigenem Plan wiederaufbaue, seien das Instrument, das dem Zuschauer ermögliche die Geschichte der eigenen Seele zu erkennen. In einem Reinigungsakt gelte es den Impuls der Vernunft auf die Seite zu legen und aus den materiellen Zufälligkeiten des Alltags auszubrechen um besser sehen zu können, was man im Inneren fühle. Diese Arbeitsauffassung, nach der der Zuschauer der einzig wahre Interpret ist, öffnet Beliebigkeiten Tür und Tor: der Zuschauer kann sehen, was er zu sehen glaubt, und der Kritiker bestenfalls noch von einem imposanten optischen Eindruck berichten.

tut2
 Foto Ramella & Giannese

Deutlich ergiebiger ist der Bericht, was die Musik angeht. Das Orchestra Teatro Regio Torino unter Jordi Bernàcer schwelgt genüsslich in Puccinis Klangwogen und begeistert das Publikum mit seinem leidenschaftlichen Spiel. Das mag auch daran liegen, dass Bernàcer viel Gewicht, mehr als man es «im Norden» gewohnt ist, auf Blech und Schlagwerk legt. Andrea Secchi und Claudio Fenoglio haben Coro und Coro di voce bianchi Teatro Regio Torino bestens vorbereitet.

Ingela Brimberg singt eine dezent dramatische Turandot, die im Aktionismus auf der Bühne unterzugehen gefährdet ist. Mikheil Sheshaberidze gibt den Calaf mit strahlend metallischem Tenor. Die Einteilung der Kräfte gelingt ihm in der Derniere gleichmässiger. Hier hat dann aber auch das Vibrato zugenommen. Giuliana Gianfaldoni als Liù überzeugt mit einem enorm frischem, jugendlichem Sopran, inniger Interpretation und berückenden Piani. Michele Pertusi als Timur befindet sichin grossartiger Form. Nicola Pamio als Altoum, Simone Del Savio als Ping, als Manuel Pierattelli als Pang, Alessandro Adolfo Corrado als Mandarin ergänzen das hervorragende Ensemble.

Keine weiteren Aufführungen in dieser Saison.

07.05.2022, Jan Krobot/Zürich

 

Diese Seite drucken