Online Merker Logo

Die internationale Kulturplattform

TOKIO VERSÖHNT MODERNE MIT TRADITION

24.01.2013 | KRITIKEN, REISE und KULTUR

Tokio versöhnt Moderne mit Tradition, 24.01.2013
von Ursula Wiegand

Japans Hauptstadt Tokio (Tokyo) hat ein neues Wahrzeichen, den TOKYO SKYTREE. Nach knapp vierjähriger Bauzeit wurde der „Himmelsbaum“ im Mai 2012 eröffnet.
634 Meter ragt der schlanke Riese empor, ist Japans höchstes Bauwerk und gleichzeitig der höchste freistehende Fernseh- und Rundfunkturm weltweit. Übertroffen wird er nur vom 828m hohen Burj Khalifa in Dubai.


TOKYO SKYTREE, 634 m, ©TOKYO-SKYTREE

Seine filigran wirkende Stahlkonstruktion besteht aus zwei unabhängigen Teilen, einem Kernturm und einer Ummantelung. Diese Bauweise fange Schwankungen auf und mache den Turm erdbebensicher, wird betont.
Wie auf einer Tokio-Präsentation in Berlin zu erfahren war, erfolgt die „Himmelfahrt“ in Windeseile. In nur 50 Sekunden erreicht ein 40 Personen fassender Superlift – Japans schnellster Aufzug – das 350 Meter hoch gelegene Tembo Deck mit seinen Cafés, Restaurants und einem Shop.
Seit der Eröffnung strömen die Besucher in Scharen zu dieser neuen Attraktion. Nervenkitzel ist auch inkludiert. Schon der Aufzug hat eine gläserne Decke zum Himmelbegucken, das Tembo Deck teilweise gläserne Böden.  Noch sensationeller ist die Sicht über ganz Tokio und seine Meeresbucht (Tokyo Bay). Bei klarem Wetter geht der Blick bis zum Fuji.


TOKYO SKYTREE, Tembo Galleria, ©TOKYO-SKYTREE

Doch damit nicht genug. Ein Shuttle-Aufzug fährt weiter hinauf zum 450 m hoch gelegnen Sorokara Point mit der Tembo Galleria, einem 110 m langen Rundgang. Diese höchste Stelle, die Besucher erreichen können, dürfte das Nonplusultra sein.
Der TOKYO SKYTREE ist für mich eine Neuheit, aber ich hoffe sehr, ihn bald mit eigenen Augen zu sehen und zu erklimmen. Abgesehen davon kenne ich mich ein bisschen in Tokio aus, jedenfalls im Zentrum.
Dort konzentrieren sich ohnehin die Gäste und erhalten sofort die unterschiedlichsten Eindrücke. Hier enge Gassen, dort Hochhäuser. Da mystische Shinto-Schreine und stille, kunstvoll angelegte Gärten, wenig weiter aber das wirbelnde Leben.


Meiji-Schrein, Hochzeitspaar. Foto: Ursula Wiegand

Auf alle Fälle ist Tokio eine Stadt voller Farben und Formen, eher harmonisch als schrill. Bei einer Hochzeit am Meiji-Schrein konkurrieren Weiß und Schwarz von Braut und Bräutigam mit roten Schirmen und edelfarbigen Kimonos.


Meiji-Schrein, Hochzeitszug. Foto: Ursula Wiegand

Farbenfroher zeigen sich die traditionellen Sake-Behälter an einem zum Schrein führenden Weg. Nicht ohne Grund. An dieser Stelle gelten sie als Getränk für die Gottheiten. Die sollen sich auch am Reisschnaps laben.


Meiji-Schrein, Sake für die Gottheiten. Foto: Ursula Wiegand

Geschmackvoll zeigen sich die typischen Souvenirs, beispielsweise bedruckte Tücher oder fein gearbeitete Fächer. Schönes zu moderaten Preisen. Hübsche Kleinigkeiten gibt’s aber auch in den 100-Yen-Läden (1-Euro-Shops).


Fächersortiment. Foto: Ursula Wiegand

Damit sind wir gleich beim Geld, gilt doch Tokio als eine teure Stadt. Das ist jedoch abhängig vom Reisestil. Wer Luxus liebt, muss – wie überall – tiefer in die Tasche greifen. Dennoch sind Tokios Nobelhotels eher günstiger als vergleichbare Häuser in London oder New York. Andererseits kann man in praktisch eingerichteten Business Hotels ab 50 Euro/Person übernachten.
Trinkgelder sind nirgendwo üblich, auch nicht bei Taxifahrten. Ohnehin ist der preiswerte und zuverlässige öffentliche Verkehr oft die bessere Wahl. Neuerdings werden sogar Radtouren durch Tokio und Umgebung angeboten.
Neben dem starken Yen (der sich gerade etwas abschwächt) hat insbesondere die Reaktorkatastrophe in Fukushima im März 2011 die ausländischen Besucher verunsichert. Nach einem Rückgang um 31 % (2011) sind jedoch die Gästezahlen in 2012 wieder deutlich gestiegen und nähern sich dem Stand von 2010.
Können die Besucher wieder ohne Besorgnis schlafen, herumspazieren und essen? Rolf Michel (Institut für Radioökologie und Strahlenschutz an der Leibniz Universität Hannover) bejaht das. Er gehörte nach dem Atomunfall zum internationalen Krisenstab, hat seitdem alle Daten gesammelt und kommt zu folgendem Schluss: „Außerhalb der Präfektur Fukushima liegen die Werte der natürlichen plus der unfallbedingten Strahlung im Schwankungsbereich der natürlichen Strahlenexposition in Deutschland.“ Auch in Tokio. sei hinzugefügt.
Außerdem wurden, um das Vertrauen der Verbraucher zu stärken, am 1.4.2012 die Grenzwerte für Lebensmittel nochmals gesenkt, „obwohl es radiologisch nicht erforderlich ist.“ Sie liegen damit niedriger als in Deutschland.
So gesehen gibt es grünes Licht sowohl für Feinschmecker, die gerne die 242 Sterne-Restaurants aufsuchen, als auch für Reisende, die rechnen müssen. Die können in kleinen Lokalen für 5-10 Euro essen. Die Speisekarte ist auf Japanisch, doch was es gibt, steht als Plastikversion im Schaufenster. Ein Fingerzeig und der Kellner weiß Bescheid.


Gerichte zur Auswahl. Foto: Ursula Wiegand

Der Hit heißt jedoch „Ramen“. Dass sind die berühmten japanischen Nudelsuppen, die selbst Gourmets schätzen. Die besten gibt es im Hauptbahnhof (Tokyo Station) für 750 – 1000 Yen (rd. 8 – 11 Euro). Und wie machen es viele Büroleute? Die können in kleinen Lokalen ein Take-away-Lunch kaufen und sich in der Mittagspause mit der Box in den Park setzen.


Tokio, junge Frauen beim Lunch. Foto: Ursula Wiegand

Was aber zeichnet Tokio generell gegenüber anderen Großstädten aus? habe ich Herrn Shinichi Sogou (Leitender Direktor, Touristikabteilung der Stadtverwaltung Tokyo) gefragt. „Sicherheit, Sauberkeit und Pünktlichkeit,“ sagt er und unterstreicht ebenso die Freundlichkeit und Hilfsbereitschaft der Menschen. Das sind traditionelle Werte, die den Japanern von kleinauf vermittelt werden.


Tokio, Hauptbahnhofsviertel am Tag. Foto: Ursula Wiegand

Dass diese Werte nach wie vor gelten, habe ich bei meinen Aufenthalten und Reisen in Japan immer wieder erlebt, auch in der Megastadt Tokio. Die möchte diese Attribute gerne aller Welt beweisen und hofft auf den Zuschlag für die Olympischen Spiele 2020.

Infos unter www.gotokyo.org, offizielle Führungen der Stadt Tokyo Montag – Freitag um 13 Uhr. Start am Hauptbüro vom Tokyo Touristinformation-Center, zu finden im Stadtverwaltungsgebäude 1 (Erdgeschoss) in 2-8-1 Nishi-Shinjuku. Weiteres unter <http://www.gotokyo.org/de/tourists/guideservice/guideservice/index.htmlHYPERLINK „http://www.tourism.metro.tokyo.jp“ .> –
Darüber hinaus stellen sich Studenten und Rentner als „Volunteer Guides“ für Gratis-Führungen zu Verfügung: Siehe unter http://www.jnto.go.jp/eng/arrange/travel/guide/list_volunteerGuides_a-n.html.
Nach dem Anklicken von Tokyo finden sich einzelne Adressen. Den Guide sollte man/frau netterweise nach dem Rundgang zum Kaffee oder einem kl. Imbiss einladen.

(Ursula Wiegand)

 

 

 

Diese Seite drucken