TODESFÄLLE – STAND JUNI 2018
Zusammenstellung der Liste: Walter Nowotny
Wanda WILKOMIRSKA ist am 1.5.2018 in Warschau verstorben
Geboren am 11. Januar 1929 in Warschau; sie erhielt ersten Violinunterricht von ihrem Vater. Später studierte sie bei Irena Dubiska in Lódz, bei Ede Zathureczky in Budapest und bei Henryk Szeryng in Paris und gewann mehrere internationale Preise. In den 1950er und 1960er Jahren gab sie jährlich mehr als einhundert Konzerte und spielte zahlreiche Plattenaufnahmen ein. Sie trat in über fünfzig Ländern weltweit mit den großen Sinfonieorchestern unter Dirigenten wie Leonard Bernstein, Otto Klemperer, Sir John Barbirolli, Kurt Masur, Zubin Mehta, Carlo Maria Giulini, Wolfgang Sawallisch, Witold Rowicki, Erich Leinsdorf, Pierre Boulez, Eugen Jochum und Franz Konwitschny auf. Wiłkomirska spielte Uraufführungen zeitgenössischer Komponisten wie Tadeusz Baird und Krzysztof Penderecki ein und erhielt den Polnischen Staatspreis für die Förderung der zeitgenössischen polnischen Musik. Neben ihrer solistischen Laufbahn widmete sie sich auch der Kammermusik. Mit Maria Wilkomirska und Kazimierz Wilkomirski bildete sie das Wiłkomirski-Trio, ab 1992 mit Werner Genuit und Christoph Richter das Wiłkomirska-Trio. Daneben war sie auch Kammermusik-Partnerin von Musikern wie Martha Argerich, Gidon Kremer, Daniel Barenboim, Radu Lupu und Mischa Maisky. 1983 wurde Wiłkomirska Professorin an der Hochschule für Musik und Darstellende Kunst Mannheim. Ab 1999 unterrichtete sie am Sydney Conservatorium of Music, ab 2001 auch an der Australian National Academy of Music in Melbourne. Wiłkomirska war die erste Ehefrau des Politikers Mieczyslaw Rakowski.
Jonathan STERNBERG ist am 8.5.2018 in Philadelphia verstorben
Geboren am 27. Juli 1919 in New York City; der Sohn österreichisch-russischer Eltern hatte 1929-31 Violinunterricht am Institute of Musical Art (später Juilliard School). Er setzte seine Ausbildung an der Manhattan School of Music, der New York University und der Harvard University (1939–40) fort. Als Dirigent war er Schüler von Leon Barzin und Pierre Monteux. 1941 debütierte er mit dem National Youth Administration Orchestra of New York in einer Aufführung von Aaron Coplands An Outdore Ouverture, danach trat er seinen Militärdienst an. Nach Kriegsende leitete er für eine Saison das Shanghai Symphony Orchestra, danach ging er nach einem kurzen Aufenthalt in den USA nach Wien, wo er 1947 die Wiener Symphoniker dirigierte. Er trat dann als Gastdirigent in Europa, Amerika und Fernost auf. Eine enge Zusammenarbeit verband ihn mit dem Haydn-Forscher H. C. Robbins Landon. Für dessen Haydn Society nahm er neben Werken Jospeh Haydns (Nelsonmesse) auch Kompositionen Mozarts (Posthorn-Serenade), Schuberts 2. Sinfonie, Gioacchino Rossinis Stabat mater, Sergei Prokofjews 5. Klavierkonzert, Darius Milhauds Fantaisie Pastorale und Charles Ives‘ Set of Pieces auf. Daneben widmete er sich in besonderem Maße der Vorstellung von Werken zeitgenössischer amerikanischer Komponisten in Europa. So leitete er als Dirigent des RIAS-Sinfonie-Orchesters die europäischen Erstaufführungen von Leonard Bernsteins Serenade, Gian Carlo Menottis Violinkonzert und Charles Ives‘ 2. Sinfonie und dirigierte mit anderen Orchestern Erstaufführungen von Werken Samuel Barbers, Aaron Coplands, David Diamonds und Benjamin Lees‘ sowie die Welturaufführung von Ned Rorems 1. Sinfonie (1951) und László Lajthas Sixth (1961). 1957–58 leitete Sternberg das Halifax Symphony Orchestra, 1961-66 war er musikalischer Direktor und Chefdirigent der Koninklijke Vlaamse Opera Antwerpen, danach wirkte er bis 1968 in den USA für das Ballettprogramm der Rebekah Harkness Foundation und 1968–69 für das Atlanta Municipal Theatre in gleicher Funktion. Als Gastdirigent tourte er mit dem Mozarteum-Orchester Salzburg durch Europa, führte mit dem London Philharmonic Orchestra Beethoven-Programme in der Royal Albert Hall auf und leitete das Orchestre de la Suisse Romande in Genf sowie Sinfonieorchester in Warschau, Prag, Berlin, München, Stuttgart, Basel, Brüssel und Monte Carlo. 1969-71 unterrichtete Sternberg als Gastprofessor Dirigieren an der Eastman School of Music, danach bis 1989 an der Temple University in Philadelphia. Hier leitete er auch Uraufführungen von David Diamonds Music for Chamber Orchestra (1976), Vincent Persichettis A Lincoln Address and Night Dances (1977) und Stanislaw Skrowaczewskis Ricercari notturni for three saxophones and orchestra (1978). Ab 1989 unterrichtete er am Chestnut Hill College. 2004-08 war er musikalischer und künstlerischer Leiter des Bach Festival of Philadelphia. Zu den zahlreichen Musikern, die unter seiner Leitung in Konzerten und Opernaufführungen auftraten, zählen u. a. Isaac Stern, Yehudi Menuhin, Henryk Szeryng, Paul Badura-Skoda, Alfred Brendel, Annie Fischer, Philippe Entremont, Byron Janis, Teresa Stich-Randall, Lisa Della Casa, Hilde Gueden, George London und Paul Schoeffler. Die Conductors Guild zeichnete ihn 2009 mit dem Award for Lifetime Service aus.
Genia LAS ist am 10.5.2018 in Buffalo verstorben
Geboren am 20. März 1926; Nachruf auf die amerikanische Mezzosopranistin auf Englisch:
http://www.sliwinskifuneralhome.com/obituaries/Genia-Las/#!/Obituary
Barbara BORNEMANN ist am 12.5.2018 verstorben
Als Mary in Bayreuth
Geboren am 8. März 1955 in Dingelstädt (Thüringen); sie spielte bereits als Kind mehrere Instrumente (Blockflöte, Gitarre, Akkordeon, später Klavier) und hatte ihren ersten Musikunterricht durch den Kantor Heinrich Baum in ihrem Heimatort. Sie erhielt ihre Sängerausbildung an der Franz Liszt-Musikhochschule Weimar (1971-74) und an der Hanns Eisler-Musikhochschule Berlin (1974-78), vor allem durch Hanne-Lore Kuhse. 1978 schloss sie ihre Ausbildung mit ihrem Staatsdiplom ab und debütierte im Oktober 1978 am Volkstheater von Halberstadt als Olga im »Eugen Onegin« von Tschaikowsky. Sie blieb an diesem Theater bis 1981 und sang dann 1981-86 am Staatstheater Schwerin. Seit 1984 gastierte sie regelmäßig an der Staatsoper Berlin (u.a. 1984 in der Uraufführung von R. Kunads »Amphitryon«) und wurde 1986 Mitglied dieses Hauses. Durch Gastverträge war sie der Staatsoper Dresden und dem Opernhaus Leipzig verbunden. Weitere Gastspiele und Konzertauftritte in Westdeutschland, in der CSSR, in Polen und in Japan kennzeichneten die Karriere der Künstlerin. In ihrem Bühnenrepertoire standen an erster Stelle Partien wie die Marcellina in »Figaros Hochzeit«, die Ulrica im »Maskenball« von Verdi, die Mrs. Quickly im »Falstaff« vom gleichen Komponisten, die Frau Reich in Nicolais »Die lustigen Weiber von Windsor«, die Gräfin in »Pique Dame« von Tschaikowsky, die Jezibaba in »Rusalka« von Dvorák, die Fricka wie die Erda im Nibelungenring und das Fischweib in »Die Verurteilung des Lukullus« von Dessau. Bei den Festspielen von Bayreuth sang sie 1990 die Mary in »Der fliegende Holländer«. 1991 gastierte sie an der Oper von Rom als Gaea in »Daphne« von R. Strauss, an der Berliner Staatsoper als Geneviève in »Pelléas et Mélisande«, 1992 an der Staatsoper von Hamburg als Erda im »Rheingold«. 1994 sang sie in Berlin die Fidalma in »Il matrimonio segreto« von Cimarosa, 1995 und 1999 bei den Festspielen von Salzburg die Mutter in »Lulu« von A. Berg. 1998 sang sie an der Berliner Staatsoper die Geneviève, die 3. Dame in der »Zauberflöte«, die alte Buryja in Janáceks »Jenufa« und die Mamma Lucia in »Cavalleria rusticana«, in Dresden die Haushälterin in »Die schweigsame Frau« von R. Strauss, an der Deutschen Oper Berlin 1998 die Mary in »Der fliegende Holländer«. 2000 trat sie an der Berliner Staatsoper als alte Buryja auf, am Opernhaus von Frankfurt als Nutrice in Monteverdis »L’Incoronazione di Poppea«. Aus ihrem Konzertrepertoire seien Soli in der Matthäus- wie der Johannespassion von J.S. Bach, in dessen Weihnachtsoratorium und in seinen Kantaten, im Mozart- wie im Verdi-Requiem, im »Elias« und im »Paulus« von Mendelssohn, die Kindertotenlieder und Solopartien in Sinfonien von Gustav Mahler und die Wesendonck-Lieder von Wagner genannt. Auch als Liedersängerin brachte sie ein weit gespanntes Repertoire zum Vortrag.
Schallplatten: Berlin Classics (Magnificat von C. Ph. E. Bach).
Karl-Ernst HERRMANN ist am 13.5.2018 in Berlin verstorben
Geboren am 12. August 1936 in Neukirch/Lausitz; er studierte in den 1950er Jahren Bühnenbild an der Akademie für bildende Künste in Berlin bei Professor Willi Schmidt. Sein erstes Engagement erhielt er 1961 am Theater Ulm und wurde unter Intendant Kurt Hübner Bühnenbildassistent von Wilfried Minks. Mit Hübner ging er auch wenige Jahre später an die Städtischen Bühnen nach Bremen, wo junge Regisseure wie Peter Stein und Peter Zadek aufregende Neuinterpretationen der deutschen Klassiker schufen. Die Bildsprache von Bühnenbildnern wie Herrmann und Minks unterstützten das neue revolutionäre Regietheater und hatten maßgeblichen Anteil am Erfolg der jungen Regisseure. 1971 holte ihn Peter Stein an die Berliner Schaubühne am Halleschen Ufer, wo er bis nach dem Umzug an den Lehniner Platz als Bühnenbildner fest engagiert war. Neben Peter Stein war Claus Peymann der häufigste Partner von Karl-Ernst Herrmann, für den er vor allem die Bühnenbilder für dessen Thomas-Bernhard-Inszenierungen entwickelte. Der dritte ständige Regisseur war Luc Bondy, mit dem er bereits in den 1970er Jahren an der Schaubühne arbeitete. 1982 debütierte Herrmann als Opernregisseur. Gemeinsam mit seiner Frau Ursel Herrmann inszenierte und bebilderte er La clemenza di Tito von Wolfgang Amadeus Mozart in der Brüsseler Oper. Neben der Arbeit als Bühnenbildner wurde die Opernregie zu seiner Hauptbeschäftigung, jeweils im Regieteam mit seiner Ehefrau. Gemeinsame Inszenierungen entstanden für die Salzburger Festspiele, Oster- und Pfingstfestspiele, die Pfingstfestspiele Baden-Baden, die Wiener Festwochen, die Mozartwoche Salzburg, die Berliner und Wiener Staatsoper, die Grand Opéra Paris, die Nederlandse Opera Amsterdam, die Deutsche Oper Berlin, das Grand Théatre de Genève, das Théatre de la Monnaie in Brüssel, das Ständetheater in Prag, das Burgtheater Wien u.v.m. 1994-2002 hatten beide die Professur für Bühnenbild und Kostüm an der Akademie der Bildenden Künste München inne. Ihre Inszenierungen von Mozarts La finta giardiniera, Idomeneo, Die Entführung aus dem Serail, Così fan tutte, La clemenza di Tito und dem Pasticcio Ombra felice wurden verfilmt. Ihr gemeinsamer Sohn Oliver Herrmann (1963–2003) war Fotograf und Regisseur.
Dieter SCHNEBEL ist am 20.5.2018 in Berlin verstorben
Geboren am 14. März 1930 in Lahr/Schwarzwald; er verfolgte nach dem Studium an der Hochschule für Musik Freiburg (1949–52) und dem engen Kontakt zu den Darmstädter Ferienkursen Studien der evangelischen Theologie, der Philosophie und der Musikwissenschaft an der Universität Tübingen. Daran schloss sich ab 1956 eine Pfarr- und Lehrertätigkeit in Kaiserslautern, 1963-70 an der Wöhlerschule in Frankfurt am Main und 1970-76 am Oskar-von-Miller-Gymnasium München an. Nach dem Tod seiner ersten Frau Camilla heiratete Schnebel 1970 Iris von Kaschnitz (Übersetzerin, Tochter der Dichterin Marie Luise Kaschnitz). Nach Angabe von Achim Freyer heiratete Schnebel 2017 ein drittes Mal. Schnebel war 1976-95 Professor für Experimentelle Musik an der Hochschule der Künste Berlin. Zu seinen Schülern zählten unter anderem Chaya Czernowin, Silke Egeler-Wittmann, Chico Mello und Michael Wertmüller. Seit 1991 war er Mitglied der Berliner Akademie der Künste und erhielt im selben Jahr den Kunstpreis von Lahr. Seit 1996 war Schnebel Mitglied der Bayerischen Akademie der Schönen Künste. Auf Einladung von Walter Fink war er 1996 der sechste Komponist im jährlichen Komponistenporträt des Rheingau Musik Festivals. 1999 wurde er mit dem Preis der Europäischen Kirchenmusik ausgezeichnet. Seine Tätigkeit als Theologe setzte Schnebel durch Predigen an der Johann-Sebastian-Bach-Kirche in Berlin-Lichterfelde fort. Schnebel experimentierte in den 1950er Jahren in seinen ersten Kompositionen zunächst mit seriellen Techniken und entdeckte dann, nicht zuletzt unter dem Einfluss von John Cage (seit dessen Auftritten bei den Darmstädter Ferienkursen 1958), experimentelle Möglichkeiten für das Komponieren mit Stimme, Text und Szene. Es entstanden, in höchst eigene und unkonventionelle Werk-Gruppen geordnet, Stücke mit verschiedensten Besetzungen und für verschiedenste Kontexte. Schlüsselpositionen haben hier u. a. folgende Kompositionen: Glossolalie (1959/60), Maulwerke (1970) und Sinfonie X (1987–92). An der Opera Stabile, der experimentellen Bühne der Hamburger Staatsoper, wurden seine Werke Laut-Gesten-Laute, Körper-Klänge und Die Maulwerker im Jahr 1985 uraufgeführt. In einem Teil seiner Kompositionen bezieht Schnebel sich bearbeitungsartig (so auch der Titel dieser Werk-Gruppe) auf Musik älterer Komponisten. Außerdem verfasste er zahlreiche musikwissenschaftliche Publikationen u. a. zu Werken von Franz Schubert, Giuseppe Verdi, Richard Wagner und Anton Webern. Einen weiteren wichtigen, immer wieder aufgenommenen thematischen Schwerpunkt in Schnebels Werk bildet die kompositorische Auseinandersetzung mit geistlichen Themen – angefangen von der experimentellen missa der späten 1950er Jahre bis zu seinen jüngeren Beiträgen für den Kirchenpavillon der EXPO 2000 und die documenta 8. Seine entsprechenden Werke wollte Schnebel aber ausdrücklich nicht als Kirchenmusik im liturgischen Sinn verstanden wissen, sondern als autonome Werke der Neuen Musik mit einem explizit „avantgardistischen“ Anspruch. Als einer der ersten Vertreter der sogenannten Avantgarde der 1960er und 1970er Jahre schrieb Schnebel Stücke, die ausdrücklich für eine Aufführung durch musikalische Laien und insbesondere durch Schüler konzipiert waren. Darüber hinaus präsentierte er auch seine anderen Werke regelmäßig in diversen Schulen, um den Musikunterricht zu ergänzen und interessierten Schülern einen Einblick in die Kunstmusik der Gegenwart zu ermöglichen.
Piet KEE ist am 25.5.2018 verstorben
Geboren am 30. August 1927 in Zaandam; er war der Sohn von Cor Kee und studierte Klavier, Orgel und Komposition am Amsterdamer Konservatorium. Er gewann dreimal hintereinander den Preis des internationalen Improvisationswettbewerbs in Haarlem (1953, 1954, 1955). Er lehrte 1954-88 am Sweelinck-Konservatorium in Amsterdam. 1952-87 war er Organist der Laurenskirche in Alkmaar und 1956-89 Stadtorganist der Müller-Orgel der St. Bavo-Kirche in Haarlem. Kee komponierte insbesondere Orgel-, Chor- und Carillon-Musik.
Herman BEKAERT ist am 26.5.2018 in Wiekevorst (Heist-op-den-Berg) verstorben
Geboren am 9. Februar 1937 in Izegem; Nachruf auf den flämischen Bass: https://www.nieuwsblad.be/cnt/dmf20180530_03536508
Mati PALM ist am 28.5.2018 in Tallinn (Estland) verstorben
Geboren am 13. Januar 1942 in Tallinn; er wurde am Konservatorium von Tallinn (Reval) u.a. durch V. Gurjew ausgebildet. Er setzte sein Gesangstudium dann in Moskau und in der Gesangschule der Mailänder Scala fort. 1968 wurde er an das Estnische Staatstheater (Estonia-Theater) in Tallinn engagiert, wo er ein umfangreiches Repertoire vortrug. Dazu gehörten Opernpartien wie der Osmin in der »Entführung aus dem Serail«, der Kaspar im »Freischütz«, der Basilio im »Barbier von Sevilla«, der Graf Walter in Verdis »Luisa Miller«, der König Philipp im »Don Carlos«, der Titelheld in »Der fliegende Holländer« und der Iwan Chowanski in Mussorgskys »Chowanschtschina«. Daneben trat er oft als Konzert- und Liedersänger in Erscheinung, wobei er auch auf diesen Gebieten ein großes Repertoire beherrschte. 1969 wirkte er am Estonia Theater in der Uraufführung der Oper »Barbara von Tisenhusen« des estnischen Komponisten Eduard Tubin mit. Er sang seit 1979 dann auch im Ausland. 1980 gastierte er mit dem Estnischen Staatstheater (Estonia-Theater) an der Oper von Helsinki in der Titelrolle von Verdis »Attila«. Bei den Festspielen von Savonlinna hatte er 1983 und 1985 als Fliegender Holländer große Erfolge. 1988 trat er an der Grand Opéra Paris als Pimen wie auch als Titelheld im »Boris Godunow« von Mussorgsky auf, am Staatstheater Karlsruhe 1992 in »Chowanschtschina«, ebenfalls bei einem weiteren Gastspiel seines Hauses in Helsinki. 1991 sang er am Teatro Colón Buenes Aires als Antrittsrolle den König René in »Jolanthe« von Tschaikowsky, dann auch den König Heinrich im »Lohengrin«. 2000 sang er am Opernhaus (Estonia-Theater) Tallinn den König Philipp. Weitere Gastspiele an den Opernhäusern von St. Petersburg, Moskau, Eriwan, Vilnius (Wilna), Prag und an der Staatsoper Berlin (zum Teil mit dem Ensemble des Estonia-Theaters). Auch als Konzert- und Oratorienbassist bekannt geworden.
Schallplattenaufnahmen auf Melodiya und Eres (»Hiob« von Artur Kapp).
Weitere Informationen auf seiner Homepage: http://matipalm.blogspot.com/
Hanns-Martin SCHNEIDT ist am 28.5.2018 in der Nähe von München verstorben
Geboren am 6. Dezember 1930 in Kitzingen; seine Kindheit verlebte er in Leipzig. 1940 wurde er Mitglied des Thomanerchores der Thomasschule und Schüler von Thomaskantor Günther Ramin. Sein weiteres Musikstudium absolvierte er 1949-52 an der Münchner Musikhochschule. Noch während seines Studiums begann er als Chorleiter und Organist an der Münchner Erlöserkirche zu arbeiten. 1954 gewann er den Richard-Strauss-Preis der Stadt München. Im Jahre 1955 berief man den gerade erst 25 Jahre alten Schneidt zum Direktor der Kirchenmusikschule in Berlin. 1961–63 leitete er das von ihm gegründete Bach-Collegium und den Bach-Chor an der Kaiser-Wilhelm-Gedächtniskirche. Danach wechselte er nach Hamburg und lehrte 1971-78 als Professor an der dortigen Musikhochschule. 1963–85 war Schneidt GMD des Sinfonieorchesters Wuppertal. 1984-2001 war er als Nachfolger des 1981 verstorbenen Karl Richter Künstlerischer Leiter des Münchner Bach-Chores, ab 1985 zugleich auch Professor für Orchesterleitung und Kirchenmusik an der Hochschule für Musik und Theater München. 2001 erhielt er den Bayerischen Verdienstorden. Hanns-Martin Schneidt arbeitete immer wieder mit vielen deutschen Sinfonieorchestern als Gastdirigent, unter anderem mit den Berliner Philharmonikern, den Münchner Philharmonikern oder dem Rundfunk-Sinfonieorchester Berlin (RSB). Eine umfangreiche Diskografie zeugt von seinem langjährigen künstlerischen Schaffen.
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60. TODESTAG:
Dresden /Cottaer Friedhof: ERINNERUNG AN ELFRIDE TRÖTSCHEL ZUM 60. TODESTAG– 20.6.2018
„Wen die Götter lieben, der stirbt jung“, äußerte der griechische Dichter Menander, aber das ist keine befriedigende Erklärung, für das künstlerisch so intensive, kurze Leben der unvergessenen Dresdner Kammersängerin Elfride Trötschel (* 22. Dezember1913 in Dresden – † 20. Juni1958 in Berlin), die bis heute von den Dresdnern geliebt und verehrt wird und die durch einen frühen Tod abrupt am Beginn ihrer Weltkarriere, die ihren Höhepunkt noch nicht erreicht hatte, aus dem Leben gerissen wurde. Was hätte sie mit ihrer beseelten Stimme, großen Innigkeit und Vielseitigkeit noch alles gestalten können? Es hat nicht sollen sein.
Trotz drückender Hitze hatten sich zahlreiche Opernfreunde und Musikliebhaber, darunter ihr Sohn, Dr. Andreas Trötschel mit Gattin, enge Freunde der Familie und (ehemalige) Mitglieder der Sächsischen Staatskapelle in der Feierhalle des Friedhofes im Stadtteil Dresden-Cotta, wo sie ihre Kindheit und Jugend verbrachte und seit 1952, jung gestorben, neben ihrer Mutter in einem, mit Anteilnahme gepflegten, Grab ruht, eingefunden, um einer der ganz Großen der Opernbühne an ihrem 60. Todestag zu gedenken. Mit sachlichen Worten würdigte Prof. Matthias Herrmann, Musikwissenschaftler an der Hochschule für Musik Dresden, Leben und Wirken der unvergessenen Künstlerin, in deren Stimme ein Zauber lag, dem man immer wieder ganz erlegen ist, sobald man Aufnahmen mit ihr hört, dieauch bei dieser kleinen Feier abgespielt wurden und immer wieder berühren, gleich wo, wann und wie oft man ihnen begegnet.
Mit dieser „Träne in der Puccini-Stimme“, wie sie Joseph Keilberth seinerzeit treffend charakterisierte, einer Stimme, diespontan anspricht,hat sie ganze Generationen von Musikliebhabern geprägt, sei es durch persönliches Erleben bei ihren legendären Auftritten oder auch nur durch Schallplatten- und CD-Einspielungen. Es gibt erstaunlicherweise auch in unserer hektischen Zeit mit Überangeboten an Musik immer wieder Nachgeborene, die durch Tonaufnahmen ihrer Stimme, speziell ihr „Lied an den Mond“, berührt und gefangen genommen werden und plötzlich ihr Interesse an der „klassischen“ Musik entdecken, was erfreulicherweise immer noch und immer wieder geschieht. In ihrer geschmeidigen Stimme, die man nicht mehr vergisst, schwingtso viel Seele mit, wahrscheinlich auch geprägt durch ihren persönlichen Lebens- und Leidensweg.
Sie war eine „Legende des lyrischen Gesanges“, aber obwohl sie so viel Schönes und Gutes in ihrem relativ kurzen Leben auf der Opernbühne und im Konzertsaal geleistet und den Menschen nahe gebracht hat, blieb ihr Leben unvollendet. Es fiel in eine politisch und gesellschaftlich schwierige Zeit – vor, während und nach dem 2. Weltkrieg. Trotzdem hat sie Großartiges bewirkt und vielen Menschen in so schwieriger Zeit nicht nur im zerstörten Dresden ein tiefes Erleben, Zuversicht, Trost und Linderung geschenkt, was bis heute nachwirkt.
Sie hat den Ruf der Dresdner Oper maßgeblich mitgeprägt. 21jährig wurde sie von Karl Böhm aus dem Opernchor ins Ensemble der Dresdner Oper geholt und sehr schnell mit großen Rollen betraut, die sie mit großem Enthusiasmus ausfüllte. Es ist ihrer Verkörperung der Rusalka zu verdanken, dass Dvoráks Oper, die außerhalb Tschechiens kaum Beachtung fand, jetzt weltweit zu den beliebtesten romantischen Opern zählt. Mit ihrer beseelten, unnachahmlichen Stimme und ihrer intensiven, fast zwingenden künstlerischen Gestaltungskraft wurde sie schnell nicht nur zum Liebling des Dresdner Publikums, sondern europaweit, in Edinburgh, beim Glyndebourne-Festival, in Hamburg, München, Bordeaux, Wien, Rom und Salzburg gefeiert. Nichts scheint ihr zu viel geworden zu sein. An der Wiener Staatsoper sang sie drei große Partien in nur vier Tagen: die Michaela in Bizets „Carmen“, die Pamina in der „Zauberflöte“ und das Evchen in Wagners „Meistersingern“.
Sie lebte in ihren Rollen nahm jede Frauengestalt sehr ernst, vom Ännchen im „Freischütz“, dem Evchen in den „Meistersingern“ über die bewegenden, zerbrechlichen Frauengestalten der„Rusalka“, „Katja Kabanowa“, „Tatjana“, „Mimí“ oder „Butterfly“, mit denen sie litt und „zugrunde ging“, bis hin zu Jacques Offenbachs Operette „Orpheus in der Unterwelt“, zu der sie Walter Felsenstein an die Komische Oper nach Berlin gelockt hatte. Sie hat immer das gesungen, was sie empfunden hat.
Ihr stilles, zurückhaltendes Wesen machte sie trotz großer internationaler Erfolge auf den Opernbühnen ganz Europas, gefeiert und bewundert von der Fachpresse, ihren Sänger-Kollegen, Dirigenten und Orchestermitgliedern, nicht zum lauten, glamourösen Star. „Die kleine große Trötschel“, wie sie von den Dresdnern liebevoll genannt wurde,blieb die warmherzige und liebenswerte Künstlerin, die noch immer in den Herzen sehr vieler Menschen lebt. Noch immer bekommen die Opernbesucher von damals, die das Glück hatten, sie live zu erleben,leuchtende Augen und Kapellmusiker geraten, wenn der Name Elfride Trötschel fällt, ins Schwärmen über ihre großen Frauenrollen auf der Opernbühne und ihre innige Gestaltung von Liedern im Konzertsaal, der Sopranarie im „Deutschen Requiem“ von J. Brahmsund„Des Knaben Wunderhorn“ von G. Mahler, von denen Otto Klemperer sagte: „Keine Sopranistin gestaltet den Wunderhorn-Text so innig, schlicht und mädchenhaft wie die Trötschel“.
Walter Felsenstein schrieb in seinem Nachruf: „Die von Elfride Trötschel gesungenen Partien ergeben den besten Beweis für die ganz ungewöhnliche Vielfalt dieser großen Begabung, die über ihren Fleiß, über ihr großes technisches Können hinaus Beziehungen zu Bezirken hatte, die nur ganz großen Künstlern zugänglich sind“. Lisa Otto, ihre langjährige Dresdner Ensemble-Kollegin und „Konkurrentin“ in Besetzungsangelegenheiten verehrte sie noch im hohen Alter: „Sie hatte eine Art, ins Überirdische zu gehen“, und der langjährige Konzertmeister der Staatskapelle Dresden,Reinhard Ulbricht, hatte immer vor Augen, „wie die Trötschel reihenweise die Menschen beim Tod der Butterfly zum Weinen gebracht hat“ und dabei nicht nur er sich im Orchestergraben zusammenreißen musste, „um das Instrument nicht abzusetzen und ihr zuzuhören“.
Was ist geblieben von dieser großartigen, überaus beliebten Sängerin? Nicht nur die Erinnerung, sondern dank der Erfindung der Tontechnik ein reiches Erbe an bewegenden Aufnahmen auf Schallplatten und CDs, die man, inspiriert von der berührenden, ja eindringlichen Stimme, nicht müde wird, immer wieder aufzulegen.
Ingrid Gerk