STADTHALLE TERNITZ „LA GIOCONDA“ am 2.4.2016
Elena Zilio, Iano Tamar, Marianne Cornetti. Copyright: Peter Skorepa
Immer wieder schafft Michael Tanzler das Unmögliche. Nicht nur, dass er internationale Sänger, die zum Teil nicht an den Wiener Häusern berücksichtigt werden, bekommt, kann er auch mit raschen Umbesetzungen hervorragend umgehen und nicht nur aus der Not eine Tugend machen, sondern eventuell dem Ganzen eines drauf zu setzen. Damit will ich auf das Engagement von Elena Zilio als La Cieca kommen. Die gebürtige Bozenerin (sie kann auch ein wenig südtirolerisch) studierte primär in ihrer Heimatstadt, erweiterte ihr Studium in Siena und zog zum „Feinschliff“ weiter nach Rom, wo sie bis heute lebt. An der Wiener Staatsoper war sie leider nie zu hören, eigentlich war sie außer in Neunkirchen und natürlich bei den Bregenzer Festspielen nie in Österreich engagiert. Schade, diese Dame hat viel zu anzubieten. Sie ist eine Künstlerin im überaus reifen Alter, aber die Stimme ist makellos intakt, die hervorragende Technik und auch dass sie nie über ihr Fach gesungen hat, macht sich nun mehr als bezahlt. Sie wählt ihre Rollen nun auch nach ihrer Reife aus, und ist nach wie vor eine sehr gefragte internationale Künstlerin. Erst zehn Tage vor ihrer Reise nach Neunkirchen war sie in London in „Il Trittico“. Dort ist sie überhaupt stark gefragt. Wie zum Beispiel in „Andrea Chenier“ und „Cavalleria Rusticana“. In Napoli wird sie für „Suor Angelica“ erwartet. Maestro Pappano holt sie auch immer wieder für große Aufgaben .In Deutschland, in Frankfurt wird sie im Oktober in „Eugen Onegin“, natürlich in russischer Sprache zu erleben sein. Sie ist ein Wunder, weil man nie bei der Darbietung an alte Zeiten erinnern will, sondern es ist das Jetzt, wie großartig sie die Rollen mit intakter Stimme, gesunder Höhe, nie wackelig oder schrill, sowie breiter Tiefe „serviert“. So konnte man eine Gestaltung der Cieca erleben, die einem zu Tränen rührte und das man vor Bewunderung „Gänsehaut“ bekam. Ein sensationelles Erlebnis, das allein schon den Ausflug rechtfertigte.
Iano Tamar war die Straßensängerin Gioconda, auch ihre Stimme tadellos in Schwung, meisterte diese lange schwere Rolle mit viel Ausdruck und großer Phrasierungskunst. Auch sie wird schon längere Zeit an den Wiener Operntheater sehr vermisst. Ihre Gegenspielerin Laura war bei Marianne Cornetti eine sehr robuste Adelige. Die Stimme der Künstlerin wirkte sehr ausgeruht und auch sie ohne zu viel Vibrato. Das Duett der beiden Damen erinnert ja auch musikalisch und nicht nur in der gegebenen Situation sehr an „Aida“. Ihren gestrengen und schwer beleidigten Ehemann Alvise Badoero lieh Duccio dal Monte seinen kraftvollen, sehr schön geführten Bass. Gustavo Porta zeigte als Enzo Grimaldo tenoralen Schmelz, bombensichere Höhen und auch großartige Pianophrasierung. Schade, dass sein Canio an der Staatsoper sein einziges Engagement in Wien blieb. Als Barnaba kam das Österreich Debüt von Sergey Murzaev zustande. An der Wiener Staatsoper musste er ja den Gerard vor einigen Jahren aus gesundheitlichen Gründen absagen. Man lernte eine kräftige, etwas zum Forte neigende Baritonstimme kennen. Ein sehr veristischer Vertreter seines Faches, das sehr gut zum miesen Charakter des Barnaba passt.
Stefan Tanzer, der Mitbegründer der „Amici“, war wieder mit dabei, sehr vielseitig als Zuana, Barnabotto, und 2. Gondoliere, also freundlich und böse unterwegs, ebenso der Tenor Gerhard Motsch als Iseppo, un cantor, Pilota und 1. Gondoliere.
Am Pult des Orchesters der Staatsoper von Banska Bystrica, das sehr schön den „Tanz der Stunden“ als Solo zelebrierte stand wie immer Marian Vach. Sehr gut auch studiert der Chor der Staatsoper Banska Bystrica unter Iveta Popovicova.
Die Reise hat sich wieder ausgezahlt und man ist neugierig was als nächstes, interessantes, selten gespieltes Werk geboten wird.
Elena Habermann