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STUTTGART/ Liederhalle: 7. SINFONIEKONZERT DES STAATSORCHESTERS: Rubikis; Huangci (Prokofieff, Rachmaninow)

17.07.2022 | Konzert/Liederabende
  1. Sinfoniekonzert des Staatsorchesters Stuttgart im Beethovensaal der Liederhalle am 17.7.2022

Pralle rhythmische Energien

 Die 1990 in New York geborene Pianistin Claire Huangci interpretierte zunächst hinreissend das dritte Klavierkonzert in C-Dur op. 26 von Sergej Prokofieff. Sie wurde dabei einfühlsam vom Staatsorchester Stuttgart unter der Leitung des lettischen Dirigenten Ainars Rubikis begleitet. Dieses Werk ist zwischen 1917 und 1921 entstanden. Liedhafte Lyrik und stählerne Episoden arbeitete die Pianistin ausgezeichnet heraus. Rhythmik und Harmonik agieren hier teilweise maschinenartig-robust, was Claire Huangci mit sphärenhafter anschlagstechnischer Leichtigkeit abfederte. Sehr zurückhaltend war der Andante-Beginn mit einem singenden Klarinettenthema. Das Allegro stürmte mit dem Hauptgedanken dann energisch los. Aus der kurzen Überleitung des Klaviers löste sich in den Oboen das zweite Thema ohne gläserne  Kühle. Die effektvolle Entwicklung mündete in eine motorische Episode, die nach erstaunlicher Steigerung poetisch und ausschwingend wirkte. Mit dem Hauptthema setzte dann die virtuose Reprise ein, der die Coda noch eine letzte atemberaubende Steigerung hinzufügte. Auch die fünf kontrastreichen Variationen des zweiten Satzes kamen in der präzisen Wiedergabe von Claire Huangci und dem Staatsorchester Stuttgart unter Ainars Rubikis in glanzvoller Weise zum Ausdruck. Das Andantino war dabei ein reizvoll gestaltetes Marschthema, das den Anfang bildete und am Schluss wiederkehrte. Die langsame vierte Variation überzeugte bei dieser subtilen Wiedergabe am meisten. Gelegentlich meinte man eine versteckte Huldigung an Chopin herauszuhören. Der dritte Satz Allegro ma non troppo war ein bewegend interpretiertes Rondo mit einer langsameren, trio-artigen Episode. Um das kuriose Fagott-Thema entfesselte die Solistin viel Kraft und Glanz. Und das Rondothema wuchs zu unerwarterer Größe heran. Als Zugabe spielte Claire Huangci noch einen reizvollen Ausschnitt aus Prokofieffs berühmter Ballett-Suite „Romeo und Julia“.

Ainars Rubikis musizierte dann die Sinfonie Nr. 2 in e-Moll op. 27 aus den Jahren 1906/07 von Sergej Rachmaninow mit feinem rhapsodischen Grundzug und melancholischer Lyrik. Auch den breit angelegten Balladenton arbeitete der umsichtige Dirigent Ainars Rubikis sehr überzeugend heraus. Grimme Heiterkeit und melancholische Resignation wechselten sich dabei immer wieder in reizvoller Weise ab. Es kam zu überwältigenden klanglichen Steigerungen. Und im Finale imponierten enthusiastische Ausbrüche,  die sich wie ein Feuerwerk zu steigern schienen. Die oft kritisierte Weitschweifigkeit der Gedanken hielt der Dirigent mit dem Staatsorchester Stuttgart im Zaum. Weltläufige äussere Eleganz verleugnete hier spätromantischen Tiefsinn nicht. Die Temperamentsausbrüche wurden deutlich hörbar von russischen Themen entfacht. Slawisch wirkten die weichen Melodien, die oftmals zu pathetischer Wucht führten. Staccato-Attacken mit schwerem Blech, Pauken- und Beckenschlägen führten diese ausdrucksstarke Sinfonie zu einem furiosen Abschluss. „Bravo“-Rufe. 

Alexander Walther

 

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