Preisträgerkonzert des Internationalen Hugo-Wolf-Wettbewerbs für Liedkunst am 29.9.2024 im Konzertsaal der Musikhochschule/STUTTGART
Wieder beglückende Klangfülle
Copyright: Rainer Pfisterer
Großartige Gesangstalente stellten sich wieder beim Preisträgerkonzert des 14. Internationalen Wettewerbs für Liedkunst in der Stuttgarter Musikhochschule vor. Zunächst interpretierten die mit dem 3. Preis ausgezeichneten Corinna Scheurle (Mezzosopran) und Hanna Bachmann (Klavier) von Rebecca Clarke „The Seal Man“ mit voluminösem Ausdruck und feinen thematischen Zusammenhängen. Von Hugo Wolf erklangen in dieser Wiedergabe „Im Frühling“, „Verborgenheit“ und „Der Tambour“, wobei der ekstatische Ausdruck bei den subtil vertonten Mörike-Texten in geheimnisvoller Weise hervorragte. Auch der chromatische Feinschliff kam bei diesen Texten nicht zu kurz. Die Staccato-Attacken gingen dann bei Franz Schuberts „Erlkönig“ wirklich unter die Haut. Die melodische Eingebungskraft wurde von Corinna Scheurle hier ganz hervorragend betont. So ergab sich ein faszinierendes Erscheinungsbild, dessen überraschende harmonische Wendungen die Zuhörer faszinierten. Jonas Müller (Bariton) und Anna Gebhardt (Klavier), die ebenfalls mit dem 3. Preis ausgezeichnet wurden, präsentierten auch ein herausragendes Programm mit den beiden Hugo-Wolf-Liedern „Fußreise“ und „Wo find‘ ich Trost“ nach Mörike-Texten. Ausdruckssteigerungen traten markant hervor. „Letter to Mrs Bixby“ von Michael Daugherty überraschte mit dezenten dynamischen Kontrasten. Und auch die beiden Schubert-Lieder „Frühlingsglaube“ und „Der Musensohn“ zeigten in der Interpretation von Jonas Müller und Anna Gebhardt ungewöhnlichen Klangfarbenreichtum, dessen Intensität nicht nachließ. Der lyrisch-introvertierte Charakter dieser Musik hellte sich immer wieder spürbar auf, blühende melodische Schönheit gewann hier eine immer größere Bedeutung. Clara Barbier Serrano (Sopran) und Joanna Kacperek (Klavier), die den 2. Preis gewannen, zeigten sogleich bei „L’inconstante“ von Isabelle Aboulker einen starken Sinn für filigrane Girlanden und chromatische Arabesken, die sich zu einem faszinierenden harmonischen Gebilde formten. Da zeigten einzelne Details eine ungeahnte Schärfe und innere Bewegung, die unter die Haut ging. Von Hugo Wolf erklangen dann die beiden Lieder „Die Bekehrte“ und „Die Spröde“ nach Goethe, wobei ein geheimnisvoller spärenhafter Zauber über dieser ausgefeilten Interpretation lag. Eher rauschhaftes Pathos zeigte sich bei „Rauha“ von Kaija Saariaho, wo Clara Barbier Serrano die Verbindungslinien dieser Musik fein differenzierend betonte. Reizvoll und melodisch ergiebig war zuletzt „There are Fairies at the Bottom of Our Garden“ von Liza Lehmann. Hier erwiesen sich die beiden Künstlerinnen als ein ideal aufeinander abgestimmtes Team. Man spürte, dass die Engländerin Liza Lehmann selbst Sängern war, denn Clara Barbier Serrano unterstrich den harmonisch und melodisch leidenschaftlichen Stil ganz ausgezeichnet. Giacomo Schmidt (Bariton) und Jong Sun Woo (Klavier), die den 1. Preis erhielten, begeisterten das Publikum zuletzt sogleich bei den bewegend gesungenen und gespielten Hugo-Wolf-Liedern „Unfall“, „Wer sein holdes Lieb verloren“, „Lass sie nur geh’n“, „Der Feuerreiter“ und „Gebet“. Wie stark Hugo Wolf den Deklamationsstil Richard Wagners auf das Lied übertrug, wurde bei dieser exzellenten Wiedergabe einmal mehr deutlich. „So we’ll go no more a-roving“ von Maude Valerie White überzeugte mit innerer Klarheit. Man spürte den Zauber improvisatorischer Motive. Und „Der Priem“ von Hanns Eisler bestach in der Interpretation von Giacomo Schmidt und Jong Sun Woo mit zuweilen mozartscher Leichtigkeit und einer ganz entfernt zu spürenden Nähe zu Schönberg.
Kammersängerin Brigitte Fassbaender zeichnete als Vorsitzende der Jury die jungen Künstler mit den Urkunden aus. Prof. Dr. Hansjörg Bäzner sprach als Vorsitzender des Vorstands der Internationalen Hugo-Wolf-Akademie ein Grußwort. Er blickte auf eine „begeisternde Woche“ zurück, bei der es für die Duos eine große Resonanz gegeben habe. Auch Axel Köhler betonte als Rektor der Staatlichen Hochschule für Musik und Darstellende Kunst Stuttgart, dass bei dieser „Bestenauslese“ alle Generationen angesprochen werden würden. Weil Köhler selbst Sänger ist, berichtete er aus eigener Erfahrung. „Nischen“ seien in diesem Zusammenhang wichtig. Dass kein Tenor beim Preisträgerkonzert dabei sei, müsse für die jungen Sänger ein Ansporn sein, sich zu bewerben. Ein besonderer Dank ging auch wieder an die Intendantin Dr. Cornelia Weidner.
Alexander Walther