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STUTTGART/ Studiotheater: „MONTE ROSA“ von Teresa Doppler

23.05.2024 | Theater

Monte Rosa“ von Teresa Dopler am 22. Mai 2024 im Studiotheater/STUTTGART

Impressionen aus der Schweiz

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Foto: Stephan Haase

Es ist eine Geschichte aus dem Schweizer Alpenmassiv, ein Stimmungsmoment zwischen Gesteinsschichten und Gletscherspalten: „Das ganze Matterhorn hat sich im See gespiegelt.“ In der Regie von Daniela Urban können sich die drei wandlungsfähigen Darsteller Sven Djurovic, Boris Rosenberger und Joscha Schönhaus überzeugend entfalten. Das absurde Endzeitszenario nimmt in der Ausstattung von Leah Lichtwitz rasch Gestalt an. Das von Dunstwolken umgebene Hochgebirge wird von den drei Bergsteigern sorgfältig erkundet: „Der wichtigste Muskel eines Bergsteigers ist sein Gehirn.“ Die Truppe stellt an sich hohe Anforderungen: „Denkst du, dass ich es nicht schaffe?!“ Und sofort wird vom Gegenüber der Helm zurückgefordert. Das Stück lebt in dieser Inszenierung von präziser Beobachtungsgabe: „Heute hängt der Dunst in den Bergen…“ Die Figuren sind eigenartig und seltsam beschränkt in ihrer Kommunikation. Sie wollen sich gegenseitig sehen, ihren Körper begutachten.  Daraus ergibt sich fast ein kindlichder Umgang. Wie ausgelöscht wandern diese eigenartigen Protagonisten durch die Bergwelt – und die Autorin Teresa Dopler fragt sich, ob das überhaupt noch Menschen sind. Gleichzeitig steigt die Spannung. Autoren wie Thomas Bernhard, Jon Fosse und Werner Schwab haben hier Pate gestanden. In der szenischen Reduktion entsteht Freiraum. „Es ist gefährlich, als Bergsteiger unglücklich zu sein“, lautet die Erkenntnis. „Unglückliche Bergsteiger suchen den Tod.“ Die ständige Angst vor dem Steinschlag ist präsent. Einmal stößt einer der Bergsteiger einen lauten Schrei aus. Man will gemeinsam  aufs Matterhorn: „Staub geht über die Felsen.“ In den Bergen träumen die drei Männer von einem anderen Leben: „Spürst du auch so wenig?“ Die Bergsteiger philosophieren unaufhörlich: „Warst du schon einmal unglücklich?“ Und die Antwort erfolgt prompt: „Ja, aber immer nur für sehr kurze Momente, dann war ich jedes Mal schnell wieder glücklich.“ Sie wollen nicht verwundbar wirken – bis einer der Bergsteiger plötzlich feststellt, dass er nicht mehr kann. Das wird von den anderen nicht akzeptiert. Schnell ist doch klar, dass die Gletscher schmelzen und das Gestein bröckelt. Die Männer müssen das im Griff haben, Schwächen werden nicht gestattet.

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Foto: Stephan Haase

In den Bergen treffen diese drei Personen wie seltsame Versuchstiere aufeinander. Die Absurdität dieser Situation tritt deutlich hervor, so entsteht in den Dialogen eine unheimliche und komische Dynamik. Gleichzeitig beglückt der humorvolle Text aber auch das Bergsteigerherz. Doch die kraftstrotzende Jugend nimmt immer weiter ab: „Etwas an diesem Leben ist eigenartig…“ Dazu hört man immer wieder Musik von einem Chor, der diese Impressionen aus den Schweizer Alpen klanglich würzt. Viel Schlussapplaus, „Bravo“-Rufe. 

 

ALEXANDER WALTHER

 

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