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STUTTGART/ Studiotheater: DIE WELT MIT UNS von Christoph Küster. Stresstest für Öko-Pessimisten

12.06.2022 | Theater

„Die Welt mit uns“ am 11. 6. 2022 im Studiotheater/STUTTGART

Stresstest für Öko-Pessimisten

welt
Copyright: Studiotheater

Das Buch „Countdown“ von Alan Weisman widmet sich der schwierigen Frage, wo die Grenzen unseres Bevölkerungswachstums liegen. In der subtilen Regie und Theaterfassung von Christof Küster können sich die drei Darstellerinnen Schirin Brendel, Mariam Jincharadze und Caroline Sessler gut entfalten. Dabei werden die Einwohner verschiedener Länder befragt, wie sie mit Verhütung und Einwohnerzahlen umgehen. Weismans Bericht ist auch eine eindrucksvolle Reise um die Welt, die der Regisseur Christof Küster abwechslungsreich für die Bühne bearbeitet hat.

Es geht hier ebenso um den Segen und Fluch der „grünen Revolution“ in der Agrarwirtschaft. Außerdem wird das Artensterben angesprochen und auch die Geschlechtergerechtigkeit diskutiert.  Bei Weisman werden konkrete Maßnahmen geschildert, wie diese Probleme in den Griff zu bekommen sind. Im Hintergrund des Bühnenbildes von Maria Martinez Pena sieht man eine Leinwand, auf der die Ereignisse in den Ländern der Erde abgebildet werden. Da werden dann ganz bewusst Alternativen zum bestehenden Wirtschaftssystem vom Iran über China bis Indien und Niger gesucht. Wachstum und ständiger Konsum sind fragwürdig geworden. Auf der Bühne liegen unter einer Decke Kochtöpfe, womit der Reichtum dieser Erde symbolisiert wird, mit dem die Menschen nicht richtig umgehen können. So werden die Töpfe von den Schauspielerinnen wiederholt in explosiver Weise gegeneinander geschlagen. Denn auf der Erde herrschen zu viele Hungersnöte. Es kann hier passieren, dass man auch in Thailand die Essensrechnung mit Kondom serviert bekommt, um der Bevölkerungsexplosion  Herr zu werden. Es ist ein Stresstest für die Ökopessimisten – und dann werden die Kondome sogar aufgeblasen. Der Satz „Für alle ist mehr als genug da“ erweist sich immer wieder als doppelbödig. In China ist die Abholzung der Bergwälder das größte Problem. Chinas Lernprozess habe 1997 mit Dürreperioden begonnen, heißt es. Selbst die Kirche behauptet, nie gegen Geburtenkontrolle gewesen zu sein. Und in Pakistan hat man das Bevölkerungsproblem oft mit Bombengewalt gelöst. Der Iran wird vor allem aus der Perspektive Ajatollah Khomeinis betrachtet, der nach der islamischen Revolution im Jahre 1979 viele Reformen des Schah-Regimes wieder rückgängig machte. Nach dem Einmarsch Saddam Husseins in den Iran sei es dort auch zu einem Countdown für die Umwelt gekommen. Und man postulierte, dass es kein Kondom für den Konsum gegeben habe: „Man sollte Frauen retten, damit sie die Welt retten!“

So spielen die Menschen in unverantwortlicher Weise Roulette mit der globalen Atmosphäre: „Milliarden Vögel fliegen durch Israels Luftraum…“ In seiner Inszenierung gelingt es dem Regisseur Christof Küster, das Diktat des „Immer höher, immer schneller, immer mehr“ anzuprangern. Damit haben die Theaterwochen „KlimACT! Zwischen Ohnmacht und Aufbruch“ als ungewöhnliches Klima-Festival ihren Abschluss gefunden. Vom Publikum wurde das Team auch an diesem Abend gefeiert.

Alexander Walther

 

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