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STUTTGART/ Stiftskirche: STUNDE DER KIRCHENMUSIK – der Organist ADRIAAN HOEK

14.08.2021 | Konzert/Liederabende

Organist Adriaan Hoek (Niederlande) spielt in der Stiftskirche am 13.8.2021/STUTTGART. Stunde der Kirchenmusik in der Stiftskirche Stuttgart

Dynamische Extreme

 Der 1990 in den Niederlanden geborene Organist Adriaan Hoek überraschte das Stuttgarter Publikum mit einem höchst anspruchsvollen Programm. Bei Max Regers Fantasie und Fuge d-Moll op. 135b betonte er den expressionistischen Überschwang ebenso wie die dynamischen Extreme. Polyphone Fundamente schienen die Keimzelle für zahlreiche kontrapunktische Finessen und Explosionen zu sein, die das harmonische Gewölbe immer weiter auffächerten. Wie ergreifend schlicht und dennoch harmonisch ungemein reich wirkten demgegenüber Johann Sebastian Bachs Choräle „O Mensch, bewein dein Sünde groß“ BWV 622 und „Kommst du nun, Jesu, vom Himmel herunter“ BWV 650. Hier arbeitete er die thematischen Verwandtschaften und Verschränkungen mustergültig und äusserst präzis heraus, wobei die feingliedrigen Figurationen nicht zu kurz kamen.

Von Franz Liszt erklang dann in monumentaler Form „Saint-Francois de Paule: marchant sur les flots“ (für Orgel bearbeitet von Lionel Rogg).  Die Legende von Franz von Paola erzählt, dass Franz, als ein Fischer für die Überfahrt nach Sizilien Geld von ihm verlangte, seinen Umhang auf die Wogen legte und auf diesen die Wellen bezwungen haben soll. Der Unisono-Beginn wurde von Adriaan Hoek ausdrucksvoll betont, die Wellen schienen sich in gewaltigen chromatischen Flächen immer weiter aufzutürmen. Nach dem Rausch folgte ein überaus bewegend interpretiertes Lento, das die Zuhörer hier ungemein fesselte. Das Thema von Franz besaß heroische Größe. Auch die choralartige Grundthematik wurde vom Organisten in glänzender Weise erfasst.

Zum Abschluss interpretierte Adriaan Hoek dann noch die Suite pour orgue op. 5 von Maurice Durufle, wo der spätromantisch-kühne Zauber hervorblitzte. Ein düsterer Trauermarsch eröffnete dabei dieses Werk, dessen tänzerisch-sensible Sicilienne reizvoll hervorstach. Die Toccata beeindruckte mit überwältigender Klanggewalt, die das Kirchenschiff dann ganz ausfüllte.  Das wirkte wie eine Weiterentwicklung der Werke Charles-Marie Widors – und auch die Assoziationen zu Louis Vierne blieben spürbar, wenngleich man diese Komposition sogar noch klangfarbenreicher und harmonisch kühner interpretieren könnte.

Alexander Walther

 

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