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STUTTGART/ Stiftskirche: BACHS H-MOLL-MESSE BEI DER INTERNATIONALEN BACH-AKADEMIE

Ebenso katholisch wie protestantisch

22.03.2018 | Konzert/Liederabende

STUTTGART/ Stiftskirche: Bachs h-Moll-Messe bei der Internationalen Bach-Akademie am 21. März 2018 

EBENSO KATHOLISCH WIE PROTESTANTISCH

Die „Hohe Messe in h-Moll“ von Johann Sebastian Bach besitzt sowohl katholische wie protestantische Züge. Die Gewissheit des Glaubens, die sich in ernstem Ringen festigt, arbeitete Hans-Christoph Rademann zusammen mit dem Dresdner Kammerchor, der Gaechinger Cantorey, dem Orchester der Bachakademie und den Gesangssolisten Johanna Winkel (Sopran), Christopher Lowrey (Countertenor), Daniel Johannsen (Tenor) und Arttu Kataja (Bass) hervorragend heraus. Das „Kyrie leison“ setzte hier als beschwörender Anruf ein, dessen Intensität sich immer weiter steigerte. Das Orchester intonierte die aus Qualen sich emporhebende Melodie, der dann die darauf beruhende Chorfuge in majestätischer Größe folgte. Die Strophe „Ich lasse dich nicht, du segnest mich denn“ erreichte ekstatische Glut. Das „Christe eleison“ erklang in froher Innigkeit. Und  wie eine überwältigende Lichtflut brach dann das Gloria herein, wobei die Trompeten das Chorthema des „Gloria in excelsis deo“ vorwegnahmen. Immer neu entzündete sich der überschwängliche Lobgesang. Das Ensemble wuchs ganz zusammen.

Der Countertenor Christopher Lowrey intonierte zusammen mit der Solovioline sensibel das „Laudamus te“. Von innerer Ruhe erfüllt war der Chor „Gratias tibi agimus“. Die Sphäre des Erhabenen wurde so vom Ensemble nicht übertrieben dargestellt. Sopran und Tenor vereinigten sich beglückend beim Anruf „Domine Fili unigenite“, bei dem gedämpfte Streicher das erdentrückte Element betonten. Herbe Trauer beherrschte den Chor bei „Qui tollis peccata mundi“. Und wie eine Vision interpretierte der Countertenor die Arie „Qui sedes ad dextram Patris“, wobei die Oboe d’amore ein jenseitiges Tonbild vermittelte. Imponierend gestaltete Arttu Kataja die Bassarie „Quoniam to solus sanctus“. Und von jubelnder Verkündigungsfreude war der Chor „Cum sancto spiritu“ erfüllt.

Eine grandiose Apotheose schuf Rademann mit dem konzentrierten Ensemble beim Credo. Mit fünf Chor- und zwei Violinstimmen wurde hier eine gewaltige Fuge aufgeschichtet, deren Wucht und mystische Erhabenheit das Publikum ungemein faszinierte. Die Choralweise wurde hier bis in ihre geheimsten Tiefen durchleuchtet. Der Chor „Patrem omnipotentem“ bestach mit opulenter klanglicher Herrlichkeit. Sopran und Countertenor überzeugten beim beschwörenden Duett „Et in unum Dominum“, wobei beide Stimmen in strenger Nachahmung agierten. Sehr bildhaft wirkte die Passage „Et incarnatus est“, denn auf das kaum bewegte Bassfundament senkten sich die Melodielinien der Streicher und des Chores (wie Schweitzer sagte) suchend herab. Zart und erschütternd zugleich wirkte der ergreifende „Crucifixus“-Chor in der Interpretation Hans-Christoph Rademanns. Als chromatischer Quartfall erreichte diese kurze sinkende Halbtonskala die Zuhörer als Tonsymbol des Schmerzes. Feuer und atemloses Temperament beherrschten Rademanns Dirigat, wobei er die dynamischen Steigerungen Bachs geschickt aufeinandertürmte. Schmetternder Jubel beherrschte das „Et resurrexit“. Die Bassarie beschwor bei „Et in spiritum sanctum“ den Heiligen Geist sehr beglückt. Das Mysterium der „Auferstehung der Toten“ gipfelte hier zuletzt in einem grandiosen „Amen“. Jubel-Ekstase beherrschte den „Sanctus“-Chor. Und die Fuge „Pleni sunt coeli“ erreichte einen glutvollen Zwischengrad zwischen Himmel und Erde. Das „Osanna“ mit seinem ungeheuren Doppelchor fesselte die Zuhörer mit Pracht und Kraft. Die Solovioline gefiel im „Benedictus“ mit nie nachlassender Emphase. Und der Countertenor zeigte beim „Agnus dei“ nochmals erheblichen Klangfarbenreichtum. „Dona nobis pacem“ imponierte als Friedensbitte des Chores.

Stürmischer Schlussapplaus. 

Alexander Walther   

 

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