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STUTTGART/ Staatsoper: TOSCA – Die Sterne blitzten diesmal besonders hell

04.01.2023 | Oper international

Staatsoper Stuttgart

„TOSCA“ 3.1.2023 – Die Sterne blitzten diesmal besonders hell

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Atalla Ayan. Foto: Martin Sigmund

Mario Cavaradossi stand bei dieser Aufführung(s-Serie) im Mittelpunkt des als berechtigt bestätigten Interesses. Atalla Ayan hat sich seit seinen Anfängen im Stuttgarter Ensemble 2011 von einem in den Ausdrucksmitteln zuerst noch etwas monochromen zu einem von Rolle zu Rolle zu mehr Nuancierung findenden Interpreten entwickelt. Sein ausgeprägt wohlklingend sonniges Timbre und die mühelose Ansprache bis ins Spitzenregister zogen schon immer in den Bann. Inzwischen ist die Stimme an einigen wesentlichen Partien des Repertoires gereift und verfügt über klar fließende Übergänge sowie eine weitaus mehr differenzierende Ausdruckskraft. Nach „Werther“ im letzten Jahr war der Brasilianer in dieser Vorstellungsreihe nun erstmals in Puccinis packendem Dauerläufer auf der Bühne zu erleben. Sowohl der flammende Künstler als auch der schmeichelnde Liebhaber Toscas kommt bei ihm in Verbindung mit einer klar strahlenden Phrasierung und organisch durch die Register geführtem Tenor zur spontan begeisternden Wirkung. Vielleicht konnte er durch eine Ansage wegen eines rauen Halses am Morgen von jeglichem Druck befreit, erst so richtig los legen, denn von einem womöglich etwas schonenderen Einsatz war die ganze Aufführung über nichts zu spüren. Nach den beiden Arien prasselte der Beifall so intensiv wie es hier vor Ort bei seinen Rollen-Vorgängern schon lange nicht mehr der Fall war.

Atalla Ayan kann hoffentlich durch weitere Rollenangebote auch künftig ans Haus gebunden werden.

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Atalla Ayan, Olga Busuioc. Foto: Martin Sigmund

Als Antonia, Margerita/Elena und besonders als Elisabeth in „Don Carlo“ ist die Moldawierin Olga Busuioc in überwiegend bester Erinnerung. Ihr feiner, leicht durch die melodischen Linien geführter und sich in den Höhen ohne jeglichen Druck öffnender Sopran beschert als Tosca zahlreiche Wonnen eines poetischen Genusses, so spielerisch empfindungsvoll und ganz ohne Schärfen geht sie zur Sache. Betont sie in einem Moment die eifersüchtige Diva, kommt im nächsten die fast rührend auf Cavaradossis Avancen reagierende liebende Frau zum Vorschein. Eine zarte Frau, hinter der sich doch so viel Kraft bemerkbar macht und aus ihrer verzweifelten Lage zu befreien weiss.

Roland Wood von der English National Opera gastierte schon vor einigen Jahren als Scarpia, jetzt stellte er in dieser Schurken-Rolle wieder seinen Mann mit einer soliden, in den Grundzügen das Wesen des skrupellosen römischen Polizeichefs erfassenden und vokal anständigen, aber keine Glanzpunkte setzenden Leistung. Sein etwas weit hinten sitzender Bariton ist von begrenztem Volumen und durch eine etwas beengte Klangfülle in mancher Hinsicht beeinträchtigt, kann sich aber in entscheidenden Augenblicken ordentlich gegen das Orchester durchsetzen.

Mit Andrew Bogard als jugendlich gewitztem Mesner, Gerard Farreras als bass-strammem Angelotti, Heinz Göhrigs unvermindert faszinierend schleimiger Charakterstudie als Spoletta und Tabea Klaschka aus dem Kinderchor als berechtigt zum Solo-Applaus auf die Bühne geholter Hirten-Stimme wurde in den wesentlichen Comprimari-Rollen ein mehr als durchschnittliches Niveau erzielt. Der Staatsopernchor und Kinderchor Stuttgart (Einstudierung: Manuel Pujol + Bernhard Moncado) erhoben die Kirchen- bzw. Te Deum-Szene zu einem kurzen, aber gewohnt bannend im Raum stehenden Ereignis – leider wie bei vielen voran gegangenen Tosca-Aufführungen durch ein zu gehetzt durchs Nachspiel treibendes Dirigat in seiner Monumentalität beeinträchtigt. Diesmal ging es auf das Konto von Valerio Galli, der ansonsten nicht mit leidenschaftlicher Note sowie dem spannungsvollen Wechsel von feiner Stimmungsmalerei und auftürmender Dramatik sparte und den Bedürfnissen der Akteure entgegen kam. Das Staatsorchester Stuttgart folgte ihm stringent und ohne Irritationen mit zahlreichen aufhorchen lassenden kammermusikalischen Phrasen, zumal zu Beginn des Engelsburg-Aktes.

Nicht zuletzt ist wieder die vorbildhaft zeitlose, wohlgemerkt korrekt der geschichtlichen Zeit folgende Inszenierung von Willy Decker in den schlichten, auf wesentliche Requisiten beschränkten Ausstattung von Wolfgang Gussmann zu rühmen, die sich bald 25 Jahre nach der Premiere in dieser 126. Vorstellung als unvermindert frisch und ideale Basis für eine noch lange Lebensdauer erweist.

 Udo Klebes

 

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