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STUTTGART/ Staatsoper: RUSALKA. Wiederaufnahme – ungebrochener Erfolg

17.02.2025 | Oper international

Staatsoper Stuttgart: „RUSALKA“ 15.2.2025 (Wiederaufnahme)  – ungebrochener Erfolg

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Diana Haller (Fremde Fürstin), Esther Dierkes (Rusalka), Kai Kluge (Prinz) und Staatsopernchor im 2.Akt. Foto: Martin Sigmund

 Das Interesse hält an. Auch die Wiederaufnahme von Bastian Krafts Inszenierung von Antonin Dvoraks Hauptbühnenwerk nach zwei Jahren fand vor ausverkauftem Auditorium statt. In der als Lyrisches Märchen bezeichneten Oper mit einem Libretto von Jaroslav Kvapil steckt per se schon viel Menschlichkeit. Dies in szenischer Form so zu vermitteln, dass es sich nicht in einer bloßen Vergegenwärtigung  erschöpft, sondern in poetische Bilder übersetzt wird, ist hier geschickt und unmittelbar ansprechend gelungen. Die Verkörperung der Wasserwesen durch sehr bewegliche Dragqueens in phantasievoll ästhetischen Kostümen von Jelena Miletic im Kontrast zu schlichter Schwarz/Rot-Symbolik bei den Menschen sowie ihre die Vokalsolisten verdoppelnde (in der Theaterpraxis inzwischen überstrapazierte) Funktion ist hier – im Gegensatz zu vielen ablenkenden Beispielen – durch eine musikalisch einfühlsame Bewegungsregie und Choreographie (Judy LaDivina)  außerordentlich geschickt gelungen. Die Bühnenkonstruktion von Peter Baur mit einer nach oben geklappten Spiegelwand, über der sich die Sängerdarsteller auf einer Galerie bewegen,  ermöglicht eine Verdoppelung der Wassergeister, die Lichtkonzeption von Gerrit Jurda mit sich immer wieder verändernden Wasserblasen die faszinierende Illusion eines Sees. Wie kalt und hohl wirkt dagegen der zweite Akt in der Garderobe des Prinzen mit einer bis auf zwei Schminktische leeren, nun etwas erhöhten Bühne.

 Wie schon bei der Premiere im Juni 2022 lag die musikalische Leitung in den Händen einer der inzwischen renommiertesten Dirigentinnen: Oksana Lyniv.  Mit dem durchweg gut präparierten und inspiriert wirkenden Staatsorchester Stuttgart ließ sie Dvoraks zwischen blühend warmer romantischer Emphase und bereits moderne Elemente vorweg nehmender schroffer Dramatik wechselnde Spannungen ermöglichende Partitur in aller Klarheit der Motive, in einer guten Kombination von Analyse und Emotionalität erstehen. Dabei arbeitete sie den Bedürfnissen der Sänger genauso zu wie den koloristischen Details der Instrumentalisten.

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Esther Dierkes (Rusalka) und Kai Kluge (Prinz) in der Todesszene 3.Akt. Foto: Martin Sigmund

Die Titelpartie hat Esther Dierkes mittlerweile noch deutlich verinnerlicht und klanglich verfeinert.Empfindsame Phasen haben an Leuchtkraft gewonnen, die kraftvolleren Ausbrüche nun einen zentrierteren, nur manchmal noch etwas hart ausufernden Kern bekommen. Ihr lockerer Körpereinsatz korrespondiert sehr harmonisch mit ihrem Double, den wieder Reflektra mit ballettreifer Beweglichkeit wie zu einer fließenden Verlängerung ihres Seelenlebens werden lässt – und das sei hier wieder erwähnt – sich nach der Verdammnis Rusalkas zu ewiger Irrlichterei zwischen zwei Welten abschminkt, entkleidet und dadurch seine bis dahin ungeahnte  männliche Eigenschaft sichtbar macht.

 Zwei Rollendebuts galt besondere Aufmerksamkeit. Kai Kluge erweiterte sein bislang auf deutsches und italienisches Fach konzentriertes Repertoire nun um eine attraktive slawische Partie. Die meist von eingängiger Melodik geprägte Rolle des Prinzen gestaltet er in guter Balance zwischen träumerischer und direkter Haltung. Musikalisch erfüllt er sie mit klangreichem, bis in die z.T.unangenehm hoch liegenden Momente gut gestütztem Tenor, der Larmoyanz ebenso vermeidet wie die Zuflucht zu unnötiger Kraftmeierei.

Diana Haller ist egal welche Rolle sie anpackt, eine sichere Bank. Im Fall der undankbaren, weil eher klein dimensioniert, aber teils sehr ausgesetzt notierten Rolle der Fremden Fürstin erhebt sie diese mit ihrer stets impulsives Engagement spüren lassenden Präsenz sowie einem alle heiklen Klippen mühelos ohne Schärfen und schwankende Tonqualität durchschiffenden Vokal-Einsatz zu einer starken Kontrahentin Rusalkas.

Genauso wie deren Interpretin hat auch Katia Ledoux den dramatisch unterfütterten und funkelnden Part der Hexe Jezibaba, hier eine in glänzendem Lila schillernde vollbusige Frau, ausgebaut und in der Führung ihres satten Mezzosoprans dynamisch bereichert. (Double: Judy LaDivina).

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Adam Palka (Wassermann) und Esther Dierkes (Rusalka) mit ihren Doubles Reflektra und Alexander Cameltoe im 3.Akt. Foto: Martin Sigmund

Überragt wurde die Bühne wie es der Funktion des mächtigen Wassermanns gebührt von Adam Palka. Sein voller Bass beherrscht alle Nuancen von bedrohlichem Grollen bis zum weich strömenden Melos seiner Szene im zweiten Akt bei gleichbleibender Tragfähigkeit und tonlicher Rundung. Im langen grünen Mantel und unterstützt durch das Zepter seines Doubles (Alexander Cameltoe) beherrscht er die Szene mit Autorität, aber auch väterlicher Würde gegenüber Rusalka.

Die drei Elfen Natasha Te Rupe Wilson mit silbern glänzendem Sopran, Catriona Smith mit fraulich üppigerem Sopran und Leia Lensing mit dunkel getönterem Mezzosopran bildeten ein übereinstimmendes Team, ergänzt von ihren Doubles Vava Vilde, Lola Rose und Emily Island.

Auf Menschenseite bleiben noch Torsten Hofmann als idealer charaktertenoraler Heger und Itzeli Jauregui aus dem Opernstudio als Küchenjunge mit klangreich dunklem Mezzosopran. Warum sie als Bedienstete in Müllmänner-Montur auftreten, bleibt ein Rätsel in dieser ansonsten so stimmigen Inszenierung. In Alberto Roberts Tenor macht sich bereits ein künftiger Prinz bemerkbar, weshalb er für den Kurzauftritt des begleitenden Jägers eine Luxus-Besetzung bedeutet.

Auch in seinem einzigen Auftritt rund um die geplante Hochzeit beweist der Staatsopernchor Stuttgart (Einstudierung: Manuel Pujol) seine Klasse im Zusammenklang und wie hier eher sparsamer mimisch-gestischer Unterstützung.

Überdurchschnittlich viele Vorhänge und Ovationen standen am Ende einer Aufführung, die das Werk in solcher musikalischen und szenischen Qualität als eine der großen Kostbarkeiten der Operngeschichte bewusst werden lässt.

  Udo Klebes

 

 

 

 

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