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STUTTGART/ Staatsoper: RIGOLETTO – in schwankender Qualität

07.03.2020 | Oper


Pavel Valuzhin, Beate Ritter. Foto: Martin Sigmund

Stuttgart: „RIGOLETTO“ 6.3.2020 – in schwankender Qualität

In der letzten Saison hatte sich Roland Wood von der English National Opera als Scarpia in Puccinis „Tosca“ vorgestellt, jetzt gastierte er für drei Vorstellungen als Rigoletto in Verdis gleichnamiger Oper und hinterließ aufgrund einer vokal unausgewogenen Verfassung einen zwiespältigen Eindruck. Bewies er anfangs im Verhöhnen des Schmerzes des Grafen Monterone und dann vor allem in der erregenden Erwartung der Rache am Herzog von Mantua das Stamina eines vollwertigen Baritons für Verdis vollmundig strömende Kantilenen und ausdrucksgewaltige Accompagnato-Rezitative, so schien die im Prinzip über stabile Randregister und eine stabile Mittellage verfügende Stimme im verzweifelten Erflehen der Freigabe seiner Tochter und in der drohenden Vergeltungs-Attacke plötzlich eingeschnürt, nur unter Druck und mit daraus resultierenden Linien- Ausuferungen zu gehorchen. Es dürfte wohl als Beispiel einzuordnen sein, wie sehr die vokale Disposition augenblicklichen Schwankungen unterworfen ist. In der Gestaltung wusste Wood dieses zwischenzeitliche Manko mit ausdrucksvoll konzentrierter Gebärde, die hinter dem fiesen Spaßmacher auch falsch verstandene Vaterliebe spürbar werden ließ, wettzumachen.

Unstet fiel diesmal auch der Einsatz von Pavel Valuzhin als Herzog aus. Der an sich wohltimbrierte helle, italienisch geschulte Tenor hatte Mühe seinen wohlmeinend differenzierten Vortrag im steten Fluss zwischen den Lagen zu halten, so manche Phrase erhielt dadurch einen irritierenden Schlenker von der eher schmal ausgeprägten Tiefe und Mittellage in die zuverlässige, aber an diesem Abend auch nicht durchgängig frei strahlende Höhe. Fehlender Schmelz trägt auch dazu bei, dass er als gewissenloser Frauenverführer nicht wirklich überzeugt, auch wenn er um glaubhaftes Spiel bemüht ist.

Ein Gewinn ist Goran Juric als bass-potenter Sparafucile mit einem Auftragsmörder entsprechender bedrohlich dräuender Unterton-Phrasierung. Neben ihm hat Altistin Stine Marie Fischer als Maddalena an vokaler Tragfähigkeit und farblicher Reife gewonnen.

Unter den Nebenrollen tut sich als Borsa jetzt Moritz Kallenberg mit recht durchsetzungsfähigem, charaktervollem Tenor hervor. Dem aus dem Opernstudio entwachsenen, in der Region aufgewachsenen Künstler gelingt es auch die seitens der Inszenierung von Jossi Wieler und Sergio Morabito aufdringlich überzeichnete orgienhafte Ausschweifung der Höflinge recht geschickt umzusetzen, während es beim sonst gerade auch spielerisch so überzeugenden Staatsopernchor immer mehr ins Peinliche abgleitet. Da wäre weniger wirklich mehr, zumal der stimmliche Einsatz der Herren auch diesmal wieder nichts an Fülle und Dringlichkeit zu wünschen übrig ließ.

Über alle schwankenden Parameter der Aufführung hinweg behauptete sich Beate Ritter mit ihrem leicht silbern getönten, Seele und technische Virtuosität berührend wie bewundernd vereinenden Sopran als leuchtende Konstante. Ihre Gilda ist mädchenhaft und doch fraulich, liebebedürftig und doch aufbegehrend und verabschiedet sich von dieser Welt mit ätherisch schwebender Leichtigkeit, während ihr Bühnenvater – überfordert mit dieser Situation? – einige Meter von ihr entfernt mit seinem Schmerz beschäftigt ist und unter erneuter Zitierung des von Monterone verhängten Fluches auf die Knie sinkt. Dies bleibt eine der seltsamen Ausuferungen dieser Inszenierung.

Der Vollständigkeit halber erwähnt: Pawel Konik (Marullo), David Steffens (Monterone), Maria Theresa Ullrich (Giovanna) und Jasper Leever (Graf Ceprano).

Eine zuverlässige Konstante am Pult ist Giuliano Carella, auch wenn es diesmal im Staatsorchester Stuttgart einige Grobheiten in Ensembleszenen zu hören gab, die sich von der sonst sehr auf italienisches Brio und subtile Emotionen ausgerichteten Leitung abhoben.

Alles in allem durchschnittlicher Alltag in einer Repertoire-tauglichen, hinsichtlich der Bühnenausstattung von Bert Neumann dem Stück entsprechenden Inszenierung mit einem vokalen, folgerichtig im Mittelpunkt der Begeisterung stehenden Glanzpunkt.  

Udo Klebes    

 

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