Stuttgart: „Nixon in China“ von John Adams, 3.2.2024
Diese Oper „Nixon in China“, UA 22.10.1987 in Houston, ist eine Wiederaufnahme der Premiere der Staatsoper von April 2019. US-Präsident Nixons Besuch in der VR China wurde damals als Beginn einer Ping-pong-Diplomatie genannt, mit der die Supermacht,die damals den Vietnamkrieg führte, mit der nach der Kulturrevolution und dem Grossen Sprung nach vorn unter Mao Tsetung gefestigten ‚Volksrepublik‘ eine Ära der friedlichen Zusammenarbeit beginnen wollte. Der zweitägige Staatsbesuch wurde im Libretto von Alice Goodman abgehandelt,nachdem er schon zum 1.mal live in die USA übertragen wurde,womit Nixon seine Wahlchancen verbessern wollte. So konnte eine Art Große Oper entstehen, die in der expliziten Herausstellung der Ehefrauen und ihrer schlechten Politiker besonders heute eher ratlos hinterlässt.
Damit soll aber gar nicht der kompositorische Anspruch von John Adams heruntergespielt werden. Denn es zeigt sich, dass er nicht nur Minimal Music kann. Allerdings spielt er auf dieser sehr tonalen Masche den ganzen 1.Akt über, wenn auch gekonnt, auch wenn man öfter denkt, in einer Philip Glass- Oper zu sitzen. Adams zählte zuerst zu den US- Minimalisten, wandte sich später aber von ihnen ab. Im 2.Akt, Besuchsprogramm für Pat Nixon, später Auftritt des revolutionären Bataillons, Ballett von Chiang Ching, der Frau Maos, wechselt Adams in den Stil einer großen Choroper und zeigt auch darin sein Können. Hier wird es auch harmonisch interessanter, da der Komponist nun eher auf Bi-Tonalitaet setzt. In beiden Genres fühlt sich das Staatsorchester im Graben zuhause, und unter Dirigent André de Ridder werden rhythmische Prägnanz, Taktwechsel und minimale melodische Veränderungen herausgearbeitet und in den Stimmgruppen besonders der hohen Blechbläserinnen und der Percussivspieler zur Evidenz gebracht.Beim Einsatz des Chores auf der Bühne entstehen und kommunizieren groessere Klangflächen, die im Hörerlebnis an Opernkönner wie Richard Strauss oder in der Symphonik an G.Mahler.erinnern.
Im 3.Akt ist das Orchester aber verschwunden und der Orchestergraben hochgefahren, man befindet sich sozusagen in einer Hauptprobe ohne Live- Orchester auf der grossen Bühne mit dem Dirigenten, neben ihm die Souffleuse, die sehr vernehmbar mit den Sängerinnen interagiert. Das Programmheft schreibt hier von einer somnambulen Stimmung der Staatsgäste, Maos und seiner Frau. Somit löst sich hier die Tonalität langsam auf, und vage harmonische Gestalten gewinnen die Oberhand. Ein Ende, das in der Tat aufhorchen lässt und sogar die Im 1.Akt konventionelle Inszenierung Marco Stormans rechtfertigt.
Foto: Martin Sigmund
Chou En-lai wird von Louis Calvet i Pey wie ein Zeremonienmeister gesungen. Michael Mayes ist Richard Nixon in schwarzem Anzug und singt einen wohlgefälligen Bariton teils mit Appomb,aber auch ‚kunstsinnig‘. Im 2.Akt vertreibt er einmal fast gewaltsam seine Frau Pat von der Bühne, da sie sich zu sehr in das Treiben von ‚Frau Mao‘ eingemischt hat. Henry Kissinger ist mit der typisch dicken schwarzen Brille Shigeo Ishino baritonal.Die 3 Sekretärinnen Maos geben mit roten kubistischen Hütchen und ausgestellten Faltenröcken Ida Raenzloev, Deborah Saffery und Leia Lensing gesanglich gut zueinander abgestimmt.Der Mao ist tenoral Matthias Klink und wirkt hier eher schmächtig auch gewandet wie ein Mahatma Gandy und sehr diskret,tanzt aber immerhin mit seiner Frau. Pat Nixon gibt Eliza Bloom, in einem goldenen Rock und blonden Locken auch eine Tanzschönheit, dabei mit einnehmendem Sopran begabt. Last, not least ihr chinesisches Pendant mit Alina Adamski ,die im 3.Akt nochmal tänzerisch stark aufdreht, stimmlich manchmal etwas scharf wird, und mit Mao und Pat auf der leeren Bühne (Bb.: Frauke Löffel) verbleibt,während Nixon vorne von ihr abgeht und sich im Zuschauerraum verliert!
Friedeon Rosen