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STUTTGART/ Staatsoper: MEFISTOFELE

30.06.2019 | Oper

Stuttgart: Mefistofele/Arrigo Boito   29.6.2019

Die Staatsoper Stuttgart bringt als letzte Saison-Premiere Mefistofele als Coproduktion mit der Opera de Lyon. Inszeniert hat Alex Ollé von der spanischen Gruppe La Fura dels Baus. Die z.T sehr aufrauschende spätromantische Musik des späten Verdi-Librettisten wird von Daniele Callegari mit Nachdruck dirigiert, wobei er sich von der ‚Überwältigungsstrategie‘ seines berühmten Landmannes aber nicht sehr beeindrucken ließ. Das vocal dominierte Orchester spielte unter ihm einen  ansehnlichen Part, und Callegari läßt z.B die große Chorfuge ‚Saboè‘ in der 1.Walpurgisnacht nie verhuschen, sondern dirigiert sie moderat und akkurat, wobei ihm auch die Sänger folgen. Andere Stellen wie etwa der Ostersonntag wirken etwas verloren hingepinselt. Margheritas dramatischer Tod wird eher rasant wiedergegeben, und die Besingung der entlegenen Insel, wohin Faust und Gretchen fliehen wollen, erscheint in der Tat als weltverlorene utopisch schön gespielte Interpolation wie aus einer anderen Welt. In der klassischen Walpurgisnacht gelingt es, einen wunderbar ätherisch komplexen Sound zu kreiren. 

Die Inszenierung gewinnt hauptsächlich durch die wie ein Eifelturm nach oben strebende Eisenkonstruktion von Alfons Flores. Unter der leicht schrägen Grundfläche der Bühne mit Schreibtischen für die ‚Engelsbürokraten‘ richtet sich Mefistofele in der Unterbühne mit Straßenpollern und Höllenkreis aus Sand ein und setzt vorbeikommenden Engelskindern schon mal das Messer an die Kehle. Die Schreibtische werden aber Ostersonntag von den Menschen für eine ausgelassene Party genutzt. Für den ‚Garten‘ und die 1.Walpurgisnacht werden den Schreibtischen die Treppen -Eisenkonstruktion übergestülpt, die oben in Mefistofeles Thron mündet. Hier werfen sich auf dem Boxberg alle in Felle für diesen nicht enden wollenden Satanstanz. Am Ende der Gefängnisszene schreitet Gretchen ganz nach oben und wird von einer beleuchteten von oben kommenden Apparatur quasi verschlungen. In der klassischen Walpurgisnacht treten Helena und Pantalis gleichgekleidet mit Federboa und langem geschlitztem Goldglitzerkleid (Kost.: Lluc Castells) auf. Faust und Mefisto beobachten sie von unten aus Sesseln. Die Troerinnen geben sich danach scheint’s ohne Reue den Männern Faust und Nereo hin. Aber abgerechnet wird im Epilog. Die himmlichen Heerscharen brechen in Fausts Studierstube in der Unterbühne ein. Mefisto hat aus Fausts Tötung keinen Nutzen für sich gezogen, Faust konnte seine Vision vorher „im Augenblick“ festhalten.

Die Chöre und Kinderchöre wurden von Manuel Pujol und Bernhard Moncado gut einstudiert.   

Den Wagner und den Nereo singt Christopher Sokolowski mit feinem Tenor. Als Marta und Pantalis reussiert der junge Mezzosopran Fiorella Hincapié mit schon dezidierter Gesangslinie. Der Faust wird von dem Tenor Antonello Palombi gegeben, der etwas an Luciano Pavarotti erinnert (auch figürlich), dabei mit glasklarem Klang aufwartet und die Aufschwünge seiner Gesangslinien ganz trefflich moderiert. Der Baß des finnischen Sängers Mika Kares ist äußerst wohllautend und er kann die Regieintention eines psychisch deformierten quasi Patienten sehr adäquat wiedergeben. Dabei bleibt seine manchmal zum Ausdruck kommenden Witzigkeit schon in Ansätzen stecken, wenn er sich manchmal als schnaubendes Tier geriert. Ein wirkliches Highlight ist die Margherita/Elena der Olga Busuioc, die mit ihrem warmem voluminös timbrierten Sopran alle Gefühlssituationen des Gretchen und später der klassischen Helena mit aufblühender Stimme ‚liebreich‘ bewältigen kann.                               

 Frieden Rosén

 

 

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