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STUTTGART/ Staatsoper: „LA CENERENTOLA“ – ein fast komplettes Opernglück

05.01.2020 | Oper

Stuttgart

„LA CENERENTOLA“ 4.1. 2020– ein fast komplettes Opernglück

Bildergebnis für stuttgart la cenerentola
Maria Theresa Ullrich, Enzo Capuano, Catriona Smith und Diana Haller.Foto: Martin Sigmund

Wenn Angelina in ihrem finalen Glück das schon bereit gehaltene Brautkleid abweist und mit ihrem sich seiner Krawatte entledigt habenden Prinzen den Schauplatz verlässt, erhöht dieser bescheidene Zug noch die Sympathie für das seinem Dienstboten-Schicksal entkommene Aschenputtel. Eine der positiven Ideen in Andrea Moses Inszenierung, die zusammen mit vielen anderen Details für einige übertrieben klamaukvolle und von den Solisten zu sehr ablenkenden Aktivitäten der individuell gezeichneten und vokal bestens aufgelegten Herren des Staatsopernchores ( Einstudierung: Bernhard Moncado) versöhnt. Die 2013 entstandene Produktion erwies sich auch bei dieser 47.Vorstellung als zumeist köstliche Unterhaltung in Stück bezogenem gegenwärtigen Gewande (Bühne: Susanne Gschwender, Kostüme: Werner Pick).

Viel Spontaneität der überwiegend von mehreren Serien bestens eingespielten SängerInnen trug auch diesmal zum vergnüglichen Ablauf bei. Im Zentrum steht nach wie vor Diana Hallers Angelina, die mit ihrem beweglichen, in allen Registern gleichermaßen profunden und sicheren Mezzosopran der Partie jedes Mal wieder neue Farben in der Phrasierung und im Gestalten von Kadenzen hören und darin eine kluge Künstlerin erkennen lässt, die ihre Rollen einer beständigen Entwicklung unterwirft anstatt auf einmal Erreichtem stehen zu bleiben. Und solange die Koloraturen so sauber und flüssig perlen, lyrische Intimität und leidenschaftliche Bravour gepaart zu einer unaffektierten Interpretation beitragen, wird diese liebenswerte, von ihrem Stiefvater verleugnete arme Seele ihre Glanzrolle bleiben.

Diesen hartherzigen Don Magnifico zeichnete erneut Enzo Capuano als durchaus auch charmant kauzige Züge aufweisenden verarmten Baron von Montefiascone mit seinem noch weitgehend intakten, zwischen seriöser Grundierung und buffonesker Akzentuierung flexibel schaltenden Bass. Seine beiden Töchter Clorinda und Tisbe sind in Gestalt und Stimme von Catriona Smith und Maria Theresa Ullrich die zwei wahrhaft aufgetakelten, sich gegenseitig übertrumpfen wollenden Stiefschwestern Angelinas, die nach der Pause wieder Kuchen an vorne sitzende Zuschauer verteilten, sogar ein „Happy Birthday“ mit Orchesterbegleitung anstimmten und das Publikum zum Mitsingen aufforderten.

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Petr Nekoranec, Diana Haller. Foto: Martin Sigmund

Der erst 27jährige, aus dem Münchner Opernstudio hervor gegangene Tscheche Petr Nekoranec wagte sich als schlichter und zunächst etwas zurückhaltender Prinz nach und nach aus der Reserve und führte seinen hellen, kultiviert und schlank geführten Tenor in seiner von Siegesgewissheit getragenen Arie im zweiten Akt weitgehend mühelos und mit nur ganz geringer Verengung ins Spitzenregister. Ein Nachwuchskünstler, dessen Potential ein großes Versprechen für die Zukunft ist.

Jarrett Ott ließ sich mit Halsschmerzen ansagen, aber lediglich in einigen vorsichtiger angegangenen und nicht ganz so großzügig wie sonst ausgeschöpften Stellen der virtuos angelegten Partie des auf Brautschau ausgesendeten Kammerdieners Dandini eine minimale Einschränkung hören. Im Verein mit seinem lustvoll ausgekosteten, mimisch süffisanten Spiel darf der amerikanische Bariton als Ideal-Besetzung bezeichnet werden.

Pawel Konik hat in die ebenso anspruchsvolle Rolle des prinzlichen Erziehers Alidoro inzwischen mehr hinein gefunden und füllt sie mit seinem etwas trockenen und nicht immer ganz flüssig ansprechenden Bassbariton weitgehend vollmundig aus.

Am Pult stand erneut Vlad Iftinca, der sich nach der noch etwas ungelenk und stramm angegangenen Ouvertüre immer mehr von Rossinis spritzigem Idiom verführen ließ und mit dem Staatsorchester Stuttgart für eine reibungslose und rücksichtsvoll auf vokale Bedürfnisse eingehende Wiedergabe dieser besonders juwelenreichen Partitur sorgte.

Im mal wieder erfreulich gut gefüllten Haus steigerte sich die Stimmung bis zum Schluss zu von Trampeln begleiteten Begeisterungsstürmen für die Titelheldin.

Udo Klebes

 

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