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STUTTGART/Staatsoper: KATJA KABANOVA. Wiederaufnahme mit prominenter Titelrollen-Einspringerin

04.03.2023 | Oper international

Staatsoper Stuttgart: „KATJA KABANOVA“ 2.3. 2023(WA 18.2.) – mit prominenter Titelrollen-Einspringerin

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Glänzende Einspringerin: Annette Dasch  –  copyright: Klaus Weddig

Als vor Beginn der Vorstellung das kurzfristige Einspringen von Annette Dasch in der Titelrolle bekannt gegeben wurde, gingen Jubelrufe durchs Haus. Diese Vorschuss-Lorbeeren ermutigten die international auch mit einer Fernseh-Reihe bekannte Berlinerin bei ihrem Stuttgarter Opern-Debut vielleicht auch zu einem so gelungenen Einstand. Sie ersetzte die erkrankte Corinne Winters, deren Debut vor Ort aufgrund ihres großen Erfolges bei den letztjährigen Salzburger Festspielen mit Spannung erwartet worden war.

Nach einer kurzen Aufwärmphase und verständlicherweise noch etwas verhalten vorwärts tastendem Einsatz entfaltete sich Annette Daschs Sopran in einer für die Partie idealen Kombination aus lyrischer Verinnerlichung und vehement ausbrechender Emphase. Dabei konnte sie die Herbheit der Sprache zur Geltung bringen und durchaus legitime Schärfen weitestgehend vermeiden. Mit ihrer schlanken Erscheinung und ihrem noch Jugendlichkeit ausstrahlenden Gesicht beglaubigt sie auch die junge, unter dem Regiment ihrer Schwiegermutter und den teils heuchlerischen Traditionen der Gesellschaft stehende Frau und findet sich trotz der nur kurzen Einweisungszeit am Aufführungstag so gut zurecht, dass die gesamtheitliche Darstellung überzeugt. Dies resultiert auch aus der wohltuend geradlinig, konsequent auf die Vorlage und die Charaktere konzentriert eingehenden Inszenierung von Jossi Wieler und Sergio Morabito und den die Zeit des 19. Jahrhunderts einfangenden Kostümen von Nina von Mechow. Das Bühnenbild von Bert Neumann unterstützt mit sparsamer, dem Werk dienlicher Ausstattung die Geschlossenheit des Gesamtkonzepts. Es war jedenfalls eine sehr gute Idee, diese insgesamt schlüssigste Inszenierung des Regie-Duos seit der Premiere 2010 erneut wieder aufzunehmen.

Die hier so präzise angelegten Personen der Handlung spielen ihren Interpreten hilfreich in die Hände, so dass kein Widerspruch zwischen musikalischer und gestalterischer Präsentation entsteht. Maria Riccarda Wesseling ist keine abgetakelte ältliche Frau mit bereits von Verschleiß gezeichneter Charakterstimme, sondern als Kabanicha eine Frau im durchaus noch repräsentativen Alter und einem voll im Saft stehenden Mezzosopran mit bisweilen dunkel tiefer Einfärbung. Ihr männliches Gegenüber als strenger Kaufmann Dikoj ist mit dem füllig klaren Bass nebst darstellerischer Autorität von Patrick Zielke gleichwertig besetzt.

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 Kai Kluge (Kudrjasch) und Ida Ränzlöv (Warwara)   –  copyright: Martin Sigmund

Überhaupt ist hier eine Solisten-Garde aufgeboten mit auffallend wohlklingenden und gleichzeitig zu differenziertem Ausdruck fähigen vokalen Anlagen. Das gilt sowohl für den tragfähig schlanken und fein geschliffenen Mezzo von Ida Ränzlöv als schließlich in die Freiheit entfliehende Pflegetochter Warwara als auch für den klangattraktiven und spielerisch lockeren Kai Kluge als ihr Geliebter Kudrjasch. Und nicht weniger für Elmar Gilbertsson, der dem befangen bleibenden, sich aus dem Druck seiner Lage nicht befreien könnenden (heimlichen Geliebten Katjas) Boris viel musikalische Poesie und tenoralen Schmelz verleiht. Selbst der ungeliebte, als Katjas Mann ebenfalls in Zwängen behaftete Tichon erhält durch Rainer Trosts drahtig phrasierenden Tenor auffallend erfreuliche Kontur. Auch Torsten Hofmanns vielseitig einsetzbarer und flexibler (Charakter)-Tenor braucht sich als Lehrer und Umwelt-Aktivist Kuligin nicht hinter den vorgenannten Stimmfach-Kollegen zu verstecken. In kleinen Episoden-Rollen ergänzen Shannon Keagan als Glascha, Kyriaki Sirlantzi als Fekluscha und Andrew Bogard als Passant.

Bernhard Moncado hat den Staatsopernchor für die verdichteten Auftritte in den letzten beiden Szenen geschlossen vorbereitet. Am Pult sorgte Tito Ceccherini für eine überaus durchhörbare, speziell auch für die Einspringerin klar fassbare Umsetzung der unter einer schroffen Oberfläche mit sehr viel Melos ausgestatteten Partitur. Das Staatsorchester Stuttgart machte en gros hörbar, was instrumentale Qualität bei einem so theater-starken Komponisten wie Leos Janacek bedeutet.

Der Applaus zeugte von überaus hoher und fairer Anerkennung einer rundum glücklich stimmenden Werk-Wiedergabe.

 Udo Klebes

 

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