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STUTTGART/ Staatsoper: JUDITHA TRIUMPHANS von Antonio Vivaldi

23.01.2022 | Oper international

Stuttgart: Juditha triumphans  von A.Vivaldi   22.1.2022

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Foto: Martin Sigmund

Nicht nur der Pandemie geschuldet: Die Stuttgarter Staatsoper zeigt Juditha Triumphans, Oratorio spirituale e militare, von Antonio Vivaldi, der es mit seinen Opern nach wie vor schwer hat, die Bühnen (zurück) zu erobern, auch wenn sich eine so großartige Sängerin wie Cecilia Bartoli für ihn einsetzt. Also soll es ein Oratorium sein, das szenisch gegeben wird und es in sich hat. Die Regisseurin Silvia Costa (auch Bühne) nimmt die Tatsache, daß im Libretto von Jacopo Cassetti nach dem biblischen Buch Judit nur Frauenchöre als Gefolge der Judith vorkommen,die sie ins Lager  des assyrischen Feldherrn Holofernes begleiten, zum Anlaß, im 1.Teil ein feministisches Heer zu zeigen, das von den Bühnenseiten aufmarschiert und paradiert. Alle Soldatinnen sind in weiße Uniformen und Barette gekleidet (Kost.: Laura Dondoli). Danach werden verschiedene kollektive Handlungen vorgenommen, Fahnenaufzug (aber nicht die israelische Flagge, aber der jüdische Stern in verschiedenen Beleuchtungen ist allpräsentes Symbol), Hereintragen von zuerst schwarzen, dann weißen Maschinenpistolen, Umlegen des Lagers mit Stacheldraht (Natodraht). In einem großen Zelt mit Wappen werden Verwundete hereingeführt und versorgt. Dann werden auch mysteriöse Handlungen zelebriert, wie die Blutentnahme aus Körper-Torsi. Das alles zu der schön beschwingten harmonischen Musik Vivaldis, die eigentlich Texte von Liebe, anmutiger Natur und von der Schönheit der Judith besingt. 

Diese wird von einer relativ kleinen Gruppe des Staatsorchesters mit Mandoline lebhaft und emphatisch gespielt; ein Continuo mit Theorben und  Baßviolone, Cembalo und Orgelpositiv ergänzt. Die Leitung hat Benjamin Bayl inne, der es versteht einen elastischen Musikfluß zu kreieren, der tatsächlich in Kontrast zum Bühnengeschen geraten kann.

Im 2. Teil stellt sich die Wende ein. Die Enthauptung Holofernes‘ ist schon geschehen, und wir sehen eine kopflose Statue langsam vornüber fallen. Die Protagonistinnen und das Kollektiv sind nun in Weißrot (Röcke und Hosen) gewandet, und letzteres agiert auf einem Stufenpodest. Juditha trägt an einer Hand einen roten Fingerhandschuh, und Holofernes wird mit einer Puppe gedoppelt, der die Maske des abgeschlagenen Kopfes aufgesetzt wird, nachdem es Juditha im Untergewand präsentiert hatte. (Dazu nun Jubelgesänge mit Pauken und Trompeten.) 

Der Damenchor (E.: Bernhard Moncado) singt durchsichtig und ausgewogen. Zwei Chorsoli gehören Laura Corrales und Anna Matyushenko. Diese 3.Aufführung ist zugleich nur ein Fest der schönen Frauenstimmen, (wenn so vielleicht auch nicht von Vivaldi vorgesehen). Dafür hat wohl Giacomo Puccini mit seiner ‚Suor Angelica‘ das Erstlingsrecht. Vier klangkräfige Mezzosoprane stehen als Vagaus/Diener des Holofernes, Abra/Vertraute Judithas und Ozias/Hohepriester der Juden zu Verfügung. Der vierte ist die Titelfigur, Juditha selbst, herausragend in der kleinen Gestalt von Rachael Wilson, mit aufblühender Stimme und glitzerndem Timbre, die zu Recht 1919 von der Stuttgarter Oper engagiert wurde. Die anderen sind Diana Haller, in Stuttgart seit Jahren führend im Mezzo-Fach, Gaia Petrone, eine junge Italienerin als Abra, die ihre Herrin liebt, und  Lindsey Coppens als Mitglied des Intern.Opernstudios. Juditha/Rachaels Gegenspieler Holofernes wird von der hochgewachsenen Altistin Stine Marie Fischer majestätisch gegeben, die erst neulich als Erda im Rheingold auf sich aufmerksam gemacht hat.                                             
Friedeon Rosén

 

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