Stuttgart: IDOMENEO Re di Creta,24.11.2024 Premiere
Lavinia Bini (Ilia), Jeremy Ovenden (Idomeneo), Diana Haller (Elettra), Staatsopernchor 2.Akt. Foto: Matthias Baus
Anstelle eines Bühnenbildes (Peter Baur) wird in dieser Neuinszenierung von Bastian Kraft über weite Strecken auf bühnenbeherrschende Schattenbilder gesetzt, wobei die Schatten oft agierende Personen vergrößern, aber auch in andere Konstellationen bringen, indem etwa die eine oder andere Person weggelassen wird oder Requisiten wie Schwerter noch hinzukommen, so dass manchmal die Schattenbilder eine neuartige Dimension ergeben. In den Massenszenen werden die Schattenverdopplungen oft noch viel bewegter als die Darsteller-innen auf der Bühne gezeigt. Ein durchgehendes Prinzip ist darin aber nicht zu erkennen, im 2.Akt hört die Bebilderung mit Schatten plötzlich auf zugunsten einer bewegten Spiegelung des Orchestergrabens und des Zuschauerraums, was sicher auch auf eine zusätzliche Dimension des bewegten Meeres, das auch auf der Bühne gezeigt wird, erscheint. Im letzten Akt treten dann Schatten nur noch vereinzelt auf. Wenn diese Schatten solcherlei Eigenleben generieren, kann das sehr wohl als eine neue Dimension und als Ausdruck des Seelenzustands der Protagonist-innen begriffen werden. Das soll aber nicht heißen, dass die Personen auf der Bühne weniger agieren. Im Gegenteil, sie werden von B.Kraft jederzeit in eine sinnreiche Personenregie eingebunden. Und in den Kostümen von Jelena Miletic, die am Altertum inspiriert dezent aber nie uninteressant wirken, kommen sie dabei noch besser zur Geltung. Der Clou am Ende ist, dass Neptuns einzige Bassstimme nicht aus dem Off ertönt, sondern dass er in Gestalt von Alexander Myrling aus der seit dem 2.Akt gefluteten Bühne als Wassermann erscheint, vollbedeckt mit grünblauem Seetang.
Leider geht es mit den Schattenbildern schon während der Ouvertüre los, so dass dieses das Beziehungsgeflecht ausbreitende Juwel unter der Stabführung von Cornelius Meister gar nicht so ganz zur Geltung kommen kann. Denn auch dem Maestro mit dem Staatsorchester gelingt es wunderbar, die Seelenregungen und den Vater-Sohn-Konflikt, die aufkeimende Liebe Ilia-Idamante klangsinnlich aufzubereiten. Im weiteren Verlauf kommt bei hochgefahrenem Graben weitere Schönheiten der Partitur zum Ausdruck. Das Continuo mit Hammerklavier in den Recitativen ergibt einen fast trocken und stumpf wirkenden Kontrapunkt zu den oft hochgetürmten Orchesterfluten.
Der Staatsopernchor in Mozarts einziger repertoirefähiger Choroper kommt in der Einstudierung Manuel Pujols als Klangträger mit 4 Chorsoli neben dem Orchester zu brillanter Geltung. Eleazar Rodriguez ist als Oberpriester ein Tenor erster Güte, der sich in einer Koloraturarie auszeichnen kann. Arbace ist als Vertrauter Idomeneos Charles Sy, und macht seine Sache tenoral und als Stichwortgeber bestens. Der aus Troja zurückkehrende König ist mit Jeremy Ovenden ,einem eher leicht timbriertem und dabei koloraturfähigem Tenor besetzt. Seine Arien reifen von mal zu Mal besser.
Auch auf der Damenseite dominieren die hohen Stimmen. Diana Haller singt die Elettra, die besonders in ihrer Schluss- Rachearie mit attackierendem Sopran voll überzeugt in roter Robe und mit großem Kopfputz.
Die Ilia ist Lavinia Bini mit angenehm ausdrucksvollem Sopran, zu Beginn an langen Leinen an den Händen gekettet und mit blonder nackenfrei-Frisur. Ihren Idamante gibt Anett Fritsch, wie D. Haller im Rollendebut und mit feinperlendem ergiebigem Sopran.
Friedhelm Rosen