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STUTTGART/ Staatsoper: „HÄNSEL UND GRETEL“ – hoffentlich lange haltbar

05.01.2023 | Oper international

Staatsoper Stuttgart: „HÄNSEL UND GRETEL“ 4.1.2023 – hoffentlich lange haltbar

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Ida Ränzlow (Hänsel), Catriona Smith (Mutter). Foto: Matthias Baus

Die lange Lebensdauer der am Vorabend gespielten „Tosca“-Inszenierung darf auch der im Februar letzten Jahres zur Premiere gekommenen Produktion der allseits beliebten Märchenoper von Engelbert Humperdinck voraus gesagt werden, verortet sie doch die allzeit lehrreiche Handlung rund um die beiden Besenbinders-Kinder in einem auch künftig aktuell bleibenden, von industriellen Gefahren und der Ausbeutung der Natur bedrohten Ambiente, das aber dennoch seinen auch kindgerechten Anstrich bewahrt. Axel Ranisch ist mit Saskia Wunsch (Bühne), Alfred Mayerhofer (Kostüme) und Philipp Contag-Lada (Video) eine Entführung in die Magie der Bühnenwelt gelungen, die von Anfang bis Ende gefangen hält.

Allein schon die live erfolgende Kamerafahrt durch eine mehr und mehr ein Raub der Flammen werdende Waldlandschaft während des Vorspiels greift dessen romantisches Gewand so stimmungsvoll auf und nimmt das Publikum mit auf eine ebenso aufschlussreich wie teils köstlich unterhaltende Reise.

Am Pult stand jetzt Cornelius Meisters Assistent Killian Farrell, der sich bereits mehrfach als versierter Nachwuchs-Dirigent bewiesen hat. Hielt er im Herbst Dvoraks ebenso dicht instrumentierte „Rusalka“ in einem den Sängern angemessenen Lautstärke-Grad, so drückte er hier beim an Wagner angenäherten Klanggewand hin und wieder etwas zu wenig auf die Bremse einer zu rauschhaften Entfaltung, ließ aber das im Übrigen sehr klangfreudig spielende Staatsorchester Stuttgart mit klarem Überblick zu seinem Recht kommen. Nicht allen Beteiligten gelang es sich da immer richtig durch zu setzen. Vor allem Natalie Karl ist mit ihrem lyrischen Koloratursopran mehrfach auf verlorenem Posten, weil sich ihre Mittellage und Tiefe als zu schmalbrüstig und damit auch zu akzentarm für die teils deftigen Verlautbarungen der Hexe erweisen. Punkten kann sie dagegen mit einem stabilen und nie schrillen, sondern klar triumphierenden Spitzenregister sowie ihrer verführerisch lockenden Darstellung einer Fabrikanten-Frau, die die Kinder für ihre im Hintergrund sichtbare maschinelle Verarbeitung zu Süßigkeiten einfängt.

Alle Kraft aufbieten muss auch Christian Miedl als rollengerecht gut gelaunter Vater mit seinem fast liedhaft nuancierenden, schlanken und deutlich artikulierenden Bariton, lässt sich aber dennoch nicht zum Forcieren verleiten. Präsent in ihrer aus Verzweiflung geborenen Strenge und einem tragfähigen Sopran mit passend herbem Zugriff für gewisse Momente bleibt Catriona Smith als Mutter.

In den Titelrollen bewährte sich die Premieren-Besetzung: Josefin Feiler ist eine schon recht erwachsen wirkende und trotzdem kindliche Freude ausstrahlende Gretel, die in ihrem über dieses Fach hinausweisenden Sopran Leuchtkraft und jugendliche Innigkeit vereint. Ida Ränzlöv gewinnt ihrem sämig warmen Mezzosopran für den Hänsel glaubhaft burschikosen Tonfall ab und findet in den Zwiegesängen mit Gretel zu geschwisterlicher Harmonie.

In der letzten Saison noch in der Hand einer Sängerin, teilten sich nun Shannon Keagan das Sandmännchen mit dunkler Tongebung und Laia Vallés das Taumännchen mit strahlend schönem Sopran, die beide in einer Person hier als eine Art von Glücksfee die Befreiung der Kinder mit herbeiführt. Der Kinderchor der Staatsoper gab den zunächst noch unter Bann stehenden Opfern der Hexe berührend träumerischen Ausdruck, ehe er erlöst in hellen Jubel ausbrach. Zurück blieb das Publikum in Jubelstimmung!

  Udo Klebes

 

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