Diana Haller. Foto: Matthias Baus
Erstes Liedkonzert mit Diana Haller und Johannes Kammler im Foyer der Staatsoper/STUTTGART (10.10.2019)
Traum und Realität
Einfühlsam begleitet von Rita Kaufmann (Klavier) konnte sich Diana Haller (Mezzosopran) gleich zu Beginn bei Gustav Mahlers „Liedern aus des Knaben Wunderhorn“ in besonderer Weise profilieren. So spannte sich ein großer dynamischer Spannungsbogen von „Das irdische Leben“ über „Das himmlische Leben“ bis hin zu „Lob des hohen Verstandes“. Insbesondere die traumhaft gleitenden Melodien wurden hier sehr schön betont und ausdrucksvoll gesungen. Zuweilen setzte sich auch eine magische Klangmischung durch.
Johannes Kammler. Foto: Matthias Baus
Bei den Fünf Liedern op. 15 von Richard Strauss überzeugte der Bariton Johannes Kammler mit voluminöser Ausdruckskraft, die sich immer mehr durchsetzte. Berührende Kantilenen ließen den sphärenhaften Übergang vom Traum zur Realität erkennen, wobei Rita Kaufmann als Pianistin dem Sänger immer wieder eine wichtige Stütze war. Das Romantische und Leidenschaftliche dieser Musik wurde minuziös ausgekostet. Lyrische Motive breiteten sich wiederholt in geheimnivoller Weise aus, was vor allem bei Liedern wie „Madrigal“, „Winternacht“ oder „Lob des Leidens“ überzeugend zu Gehör kam. Da traten Girlanden, Kaskaden und Arabesken wie Aphorismen hervor, belebten das harmonische Gerüst, vermochten auch der Singstimme eine ungeahnte Lebendigkeit und formale Kraft und Klarheit zu verleihen. Diana Haller konnte sich bei den weiteren Richard-Strauss-Liedern „Cäcilie“, „Allerseelen“, Die Nacht“, „Ich liebe dich“ und vor allem „Zueignung“ in hervorragender Weise steigern. Die große melodische Geste und reizvoll kontrastierende thematische Charaktere wurden hier stilvoll betont. Als wahres Kleinod entpuppten sich zuletzt die „Songs of Travel“ des oft unterschätzten Engländers Ralph Vaughan Williams, wo Johannes Kammler wiederum sein großes gesangliches Können präsentieren konnte. Beeinflusst von Maurice Ravel versuchte Vaughan Williams, durch Rückgriffe auf englische Folk-Songs eine eigene Tonsprache zu finden. Dies ist ihm in imponierender Weise gelungen, obwohl die Einflüsse von Franz Schubert und Gustav Mahler durchaus hindurchschimmern. Wie genial sich die Melodie bei Vaughan Williams auf dem Volkslied aufbaut, machte Johannes Kammler mit kernigem Timbre und Inspirationskraft deutlich. Insbesondere die Einflüsse durch den Impressionismus traten dabei deutlich hervor. Johannes Kammler akzentuierte vor allem die melodische und harmonische Schönheit einzelner Nummern wie „In Dreams“ oder „Bright is the Ring of Words“. Thematische Verbindungen erreichten so immer wieder eine große klangliche Konzentration und Dichte. Ralph Vaughan Williams schrieb übrigens ein Arrangement zur Krönung von Königin Elisabeth II. Als Zugabe war noch mit Diana Haller und Johannes Kammler „Licht und Liebe“ von Franz Schubert zu hören. Auch hier erwies sich Rita Kaufmann als sensible Begleiterin.
Alexander Walther