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STUTTGART/ Staatsoper: FALSTAFF – mit Verdi/Shakespeare vergnüglich in die neue Saison

23.09.2023 | Oper international

Staatsoper Stuttgart

„FALSTAFF“ 22.9.2023 – mit Verdi/Shakespeare vergnüglich in die neue Saison

galo
Lucio Gallo als gehörnter Sir John Falstaff. Foto: Martin Sigmund

Wie schon seit vielen Jahren beobachtet, dauert es bis das breitere Publikum nach der Sommerpause registriert, dass es auf den Bühnen wieder los geht. Und so fand dieser vergnügliche Start vor noch etlichen gelichteten Reihen statt. Der Stimmung tat es keinen Abbruch. Im Schlussapplaus schwang viel Begeisterung für das ganze Ensemble mit. Nach der Wiederaufnahme im Frühjahr übernahm die musikalischen Geschicke nun der Chef selbst. GMD Cornelius Meister steuerte das sogleich recht gut aufgelegte Staatsorchester Stuttgart flink, agil in der Übereinstimmung mit den vokalen Bedürfnissen, aber auch pointiert im Hinblick auf die unendlich vielen kleinen Instrumentierungs-Akzente durch die jedes Mal wieder als genialer Altersstreich Verdis verblüffende Partitur. Diese sich durch das ganze Werk ziehenden kichernden, teils ironisch unterfütterten Kommentare, nur kurz unterbrochen durch einige innig romantische Entfaltungen, sorgen auch dann für Kurzweil, wenn es wie an diesem Abend an einigen wenigen Stellen im komplexen Gefüge noch etwas klappert. Im Übrigen lässt Meister ganz besonders aufhorchen, wenn er die Monologe Falstaffs und Fords von Seiten des Orchesters zu spannenden Höhepunkten aufbaut, sie aber nicht aus dem Fluss der durchkomponierten Struktur heraus reisst.

Im Zentrum stand rollengemäß erneut Lucio Gallo, der als jovialer, noch attraktiver Mann über die notwendige Ausstrahlung verfügt. Allerdings hätte es zur vollkommenen Überzeugung doch noch des Bauches bedurft, von dem im Text ja mehrmals die Rede ist und der einigen Anmerkungen auch erst einen Sinn gibt. Doch darauf hat Regisseurin Andrea Moses in ihrer etwas knallig auf heute getrimmten und an Einfällen fast überbordenden (Kostüme: Anna Eiermann), im variablen Schiebewand-Bühnenbild von Jan Pappelbaum letztlich doch mehrheitlich am Stoff bleibenden Inszenierung leider verzichtet. Gallo wiederum entspricht mit seinem besonders in der Höhe sehr expansiven, rundum beweglich geführten und auf die Nuancen der Rolle setzenden Bariton vollumfänglich den Anforderungen, kombiniert mit einer nicht in Slapstick abrutschenden Spielfreude.

Neu im Ensemble ist die von der Wiener Staatsoper gekommene Slávka Zámecniková, als Nanetta eine überaus große hübsche Erscheinung mit sauber geführtem, bis in die Höhen des „la luna“ leicht und klar fließendem Sopran. Zusammen mit dem wieder betörend kultiviert phrasierenden und zwischen Scheu und Offensive pendelnden Fenton des Mingjie Lei hatte sie die Herzen des Publikums auf ihrer Seite.

Das Rollendebut von Stine Marie Fischer als Mrs Quickly darf durchaus als gelungen bezeichnet werden. Der zwischen freien Spitzentönen und natürlich strömenden dunklen Tiefen flexibel beherrschte Alt entwickelt in seiner perfekten Führung fast ein Übermaß an Genauigkeit, die dann so manchen, für diese Partie erforderlichen Ausdrucks-Witz nicht mehr zulässt, den die Künstlerin jedoch im Spiel erzielt.

Erstmals am Haus zu erleben war Francesco Pittari als ausgewiesener, versierter Charakter-Tenor, für den lamentierenden Dr. Cajus mit bisweilen grellem, durchweg süffisantem Tonfall ideal besetzt. Als charakterfestes Dienerpaar sorgten auch Torsten Hofmann (Bardolpho) und Jasper Leever (Pistola) wieder für vokal-interpretatorische Würze.

Die Damen wurden erneut angeführt von Selene Zanettis gestandener Alice Ford mit tragendem, in den Spitzen rund und strahlendem entfaltetem Sopran, sekundiert von ihrer „Leidensgenossin“, der als Meg Page mit Charme und sämigem Mezzosopran blendend besetzten Ida Ränzlöv.

Bleibt noch Pawel Konik als gehörnter Mr Ford, der seinen strammen, in den Ausbrüchen seines Zorn-Monologs etwas raue Züge annehmenden Bariton ansonsten ideal mit seiner kernigen Bühnenpräsenz in Übereinstimmung bringt.

Maarten Güppertz reichert als enorm aufgewerteter Wirt mit Alt-Junkie Einschlag und Dauer-Glimmstengel das Geschehen an. Den Staatsopernchor hat Bernhard Moncado für die turbulenten Finalszenen 2 und 3 in gewohnter gesamtkünstlerischer Übereinstimmung präpariert.

Als Ganzes betrachtet darf es in der vor uns liegenden Spielzeit so weiter gehen……

  Udo Klebes

 

 

 

 

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