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STUTTGART/Staatsoper: „EVVIVA!“ – Neujahrskonzert

02.01.2023 | Konzert/Liederabende

Neujahrskonzert „Evviva!“ am 1.1.2023 in der Staatsoper/STUTTGART

Macht der Steigerung

Es ist erstaunlich, wie stark die Chorpräsenz in vielen Opern ist. Das begriff man bei diesem Neujahrskonzert in ganz besonderem Maße. Unter der fulminanten Leitung von Manuel Pujol kamen die besonderen Qualitäten des Staatsopernchors Stuttgart voll zum Vorschein. Dies zeigte sich sogleich bei „Einzug der Gäste“ aus Richard Wagners Oper „Tannhäuser“, wo die Macht der dynamischen Steigerung und der gelungene dramatische Aufbau hervorragend ins Gewicht fielen. Die feine Chromatik blitzte durch die Dreiklänge hindurch.  Nicht weniger ergreifend war dann der Chor der Priester aus Wolfgang Amadeus Mozarts „Zauberflöte“, wo der Dirigent Manuel Pujol mit dem Staatsopernchor und dem Staatsorchester die mystischen Verbindungslinien und geheimnisvollen thematischen Zusammenhänge ausgezeichnet erfasste. Der Chor der Landfrauen und der Schnitter aus Peter Tschaikowskys Oper „Eugen Onegin“ gelang dem Staatsopernchor ebenfalls sehr eindringlich und plastisch. Das Schwelgen in seelischen und landschaftlichen Stimmungen wurde einmal mehr deutlich. Großbogige Kantilenen konnten sich in leidenschaftlicher Weise entfalten.

Der höhensichere mexikanische Tenor Angel Macias überzeugte bei der mit bewegender Emphase interpretierten Arie des Dubrovsky aus der Oper „Dubrovsky“ von Eduard Napravnik, der einst am Mariinski-Theater als Dirigent wirkte. Der Titelheld Dubrovsky ist hier ein zweiter Robin Hood. Bei Napravnik schwingt der Einfluss von Nikolai Rimskij-Korssakow bei sphärischen Klängen mit. Pilgerchor und Finale aus Richard Wagners „Tannhäuser“ führten in der Wiedergabe durch Staatsopernchor und Staatsorchester unter Manuel Pujol nochmals zu einem gewaltigen harmonischen Höhepunkt. Glut und Feuer beherrschten das Vorspiel sowie „La Cloche a sonne“ und die berühmte „Habanera“ aus der Oper „Carmen“ von Georges Bizet. Orchester und Chor leuchteten hier in glühendsten und zartesten Farben, deren Intensität sich ständig verstärkte. Die hervorragende amerikanische Mezzosopranistin Shannon Keegan gestaltete dann die „Habanera“ mit schillernden Klangfarben und großem gesanglichen Ausdrucksvermögen. Aus Charles Gounods Oper „Faust“ erklang anschließend der „Soldatenchor“. Das feine Gespür für die französische Sprachmelodie war hier deutlich herauszuhören. „Va, pensiero“ aus Giuseppe Verdis „Nabucco“ war hier wirklich ein ergreifender Gefangenenchor, wobei die Glut der Tonsprache immer wieder hervorblitzte. Exzellent sang der Staatsopernchor auch den Chor der Dienerschaft aus Gaetano Donizettis „Don Pasquale“, wobei die Verbindung von italienischem Melos und den rhythmischen Finessen der französischen Opera comique nicht zu überhören war. Grandios wirkte zuletzt der Osterchor aus Pietro Mascagnis „Cavalleria rusticana“, wo Shannon Keegan als Santuzza nochmals eine imponierende gesangliche Leistung bot. Die naturalistischen Momente des Verismo zeigten sich hier in passender Weise, nichts wirkte aufgesetzt oder übertrieben. Als Zugabe gab es noch Ausschnitte aus der „Fledermaus“ von Johann Strauss mit Angel Macias und Shannon Keegan, wo verführerische Stimmungskraft triumphierte. „Im Feuerstrom der Reben“ wurde die Majestät anerkannt. Riesenjubel und lang anhaltender Schlussapplaus.

Alexander Walther

 

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