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STUTTGART/Staatsoper: DON CARLOS von G. Verdi

30.03.2024 | Oper international

Stuttgart: Don Carlos von G.Verdi  29.3.2024, 9.Vorstellung

stzu

Diese Wiederaufnahme von 2019 beeindruckt in erster Linie durch ihre Kargheit des Bühnenbildes und die Wucht der angedeutet implizit gewaltsamen szenischen Momente. Regisseurin Lotte de Beer und Premierenserien-Dirigent Cornelius Meister wählten damals die fuenfaktige französische Fassung, die eigentlich viel bilderreicher daherkommt, die im 1.Akt sogar eine Naturszene, den Wald von Fontainebleau, enthält, in dem sich Carlos und Elisabeth,einander versprochen, zum ersten Mal sehen, und in den dann de Beer ein Riesen-Ehebett herunterfahren lässt, in dem die beiden ihre Ehe zu vollziehen im Begriff sind, bis eine Gruppe Von Hoeflingen König Philipps II.auftaucht und die schon fast entblößte französische Prinzessin wieder keusch und züchtig incl.Gesichtsschleier anziehen und abtransportieren. Carlos bleibt allein und verzweifelt zurück,nachdem sich Elisabeth eindeutig zu der ihr neu angetragenen Ehe mit seinem Vater bekannt hat, wozu sie auch die Landsleute innig gebeten hatten,da damit die Beendigung des Krieges Spaniens mit Frankreich verbunden wäre.In diesem Akt zeigte sich gleich die Hand des Ausstatters Christof Hetzers,der alle in verschiedene phantastische standesgemaesse Kostüme steckt, während die Protagonistinnen in weissen Tuniken oder Anzügen eher schemenhaft wirken.

Ein Bühnenbild gibt es dafür keines,nur eine immense graue, teils mittig geknickte Wand, die immer wieder hereinfährt, um eine Szene wie abschneidend zu beenden.

Verdis Komposition klingt dazu von Anfang eher schroff und aufgewühlt und genauso in großer Ueberwaeltigungsmanier aus dem Graben geschleudert mit dem präsenten präzis spielenden Staatsorchester sowie der kundig antizipierenden Leitung des Dirigenten Valerio Galli. Die Zwischenmusik vor dem 4.Akt erklingt unter der Hinzunahme von G.Winklers eher garstig instrumentierten Pussy- (r)- Polka aus Anamorph II (Fake: A Suite) von 2015. Dazu tanzt eine Gruppe Kinder, die sich immer wieder einmischt, und in der Schlussszene dem schon blutueberstroemten Mönch (eigentlich Carlos‘ Großvater,der abgedankte Karl V., der ihn bei Verdi mit sich in die Dunkelheit wegzieht) als letztem Opfer des Grossinquisitors die schwarze Ketzer-Kapuze überzieht, unter der er erstickt. Diese Toetungsart wurde auch bei der Autodafe-Szene gewählt. Danach die plastische Schilderung der Bettszene des Herrscherpaars sowie die jeweiligen Verbannungen des Pagen Thibauts und der Gräfin Eboli, die beide von Hofwachen in schwarzer Rüstung abgeschleppt werden.

Der Chor agiert auch mit großer Wuchtigkeit, in der Waldszene zu Beginn aber auch schlank differenziert,und bei der grossen Volkszene, wenn er hinten horizontal wie aus Käfigen herausgetrieben wird, auch klangschön beim herrschaftlichen Jubelchor (E.:Manuel Pujol).Dieses rhythmisch markierte zackige Thema erscheint immer wieder wie ein Blitzstrahl herausgeworfen. 

Eine Stimme vom Himmel singt ganz süßlich Alma Ruoqi Sun. Natasha Te Rupe Wilson ist als Page Thibaut eine elegante Hosenrolle, die ihre absolute Verzweiflung bei ihrer Verbannung und Trennung von Elisabeth gesanglich ummuenzt. Den Mönch singt Michael Nagl mit abgeklärtem Bassbariton. Der Grossinquisitors ist Gianluca Buratto mit draeuendem in der Tiefe fokussiertem herbem Bass. Den Rodrigo gibt der fast jugendlich heldische Bariton Johannes Kammler,der Carlos immer wieder zu neuem Mut und zur Rettung der spanischen Niederlande anhält, bis er von den schwarzen Haeschern der Inquisition hinterrücks erstochen wird. Prinzessin Eboli wird von KS. Diana Haller als ganz großem Mezzosopran gesungen und gespielt.Ihr markiges Stimmorgan dringt dabei in Mark und Bein. Bei der Verbannung ins Kloster werden ihre langen schwarzen Haare von der Camarilla geschert, es gelingt ihr aber kurzfristig die Aufständischen anzuführen, während Carlos verhaftet wird. 

Dieser wird von David Junghoon Kim einzigartig als Infant wiedergegeben. Eine Stimme, die sich tenoral wundersam nach oben öffnet,die aber am Schluss von der Regie allein gelassen erscheint, nicht ‚erlöst‘ wird. 

Olga Busuiok ist seine phantastische Elisabeth de Valois. Sie wirkt szenisch super aktiv und und auch als agile Königin, während sie ja bis am Ende singt, dass es für ihre Liebe zu Carlo nur den Himmel gibt. Ihr Sopran erscheint in den Registern durchgestylt und einmalig timbriert.

Dabei hat sie auch einen äußerst starken Gegenpart in ihrem aufgezwungenen Gemahl Philipp, dem quasi dämonisch singenden polnischtaemmigen Bass Adam Palka, der schon in einigen Hauptpartien wie Don Giovanni und Boris in Stuttgart geglänzt hat. In seiner Hauptarie „Ella non m‘ amo‘ mai“ kommt seine machtgeschützte innerliche Leere glasklar zum Ausdruck.

Friedeon Rosen

 

 

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