Staatsoper Stuttgart: „DIE ZAUBERFLÖTE“ 12.1.2025 nachmittags – mit starken Antipoden
Björn Bürger (Papageno) und Mitglieder das Tölzer Knabenchores. Foto: Martin Sigmund
Barrie Kosky und Susanne Andrades als Co-Produktion inzwischen weit herum gekommene Inszenierung von Mozarts Universalwerk ist auch deshalb so repertoire-tauglich, weil sie aufgrund des Verzichts auf die in jeder Version wieder neu bearbeiteten gesprochenen Dialoge (diese werden in knappster Form in Stummfilm-Manier groß eingeblendet) problemlos kurzfristig wechselnde Besetzungen ermöglicht und speziell den Nicht-Deutsch-Muttersprachlern entgegen kommt.
Bei dieser als Familienvorstellung mit deutlich reduzierten Eintrittspreisen deklarierten Nachmittags-Aufführung bereitete die Illustrierung der Vorgänge mit vielen Tieren, Requisiten und Symbolen in Form einer Comic-Animation (Paul Barritt), in die die Beteiligten in Kostümen der 1920er Jahre (Esther Bialas) für ihre Auftritte auf schmalen Podesten aus der nach vorne gerückten (Lein-)Wand herein und wieder hinaus gefahren werden, also in ihren Positionen und knappen Bewegungen sekundengenau integriert sind, bei Erwachsenen und Kindern ein phasenweise fast zu weit ausartendes Schau-Vergnügen. Für die Jüngsten bleibt indes hauptsächlich Papagenos einfaches volksnahes Naturell verständlich. Doch gerade der Vogelfänger muß hier die meisten Federn lassen, ist er doch seiner wesentlichen mündlichen Kommunikation beraubt und im Bewegungs-Spielraum deutlich eingeschränkt. Dennoch kann ein so das Publikum animierender, präsenter Bariton wie Björn Bürger mit profund klarem und tonschönem Vortrag die Wirksamkeit der Rolle vokal voll einfangen.
Neben ihm lagen die Stärken der Aufführung vor allem bei den beiden verschiedene Welt-Ansichten vertretenden Kontrahenten. Zum einen die hier als Spinne portraitierte Königin der Nacht, von Regina Koncz aus dem Opernstudio der Staatsoper Berlin mit glanzreichem, lyrisch durchschlagskräftigem Sopran und blitzsauber sitzenden Koloraturen und Spitzentönen präsentiert, zum anderen von Sarastro, den mit dieser Serie erstmals Adam Palka als schwarz gewandeten Freimaurer im Zylinder verkörpert und mit seinem üppigen und in allen Lagen klar geführten, dunklen, zwischen Wohlwollen und Autorität differenzierte Akzente setzenden Bass rundum ausfüllt.
Natasha Te Rupe Wilson wird der Rolle der Königstochter Pamina durch einen kräftigen lyrischen Sopran, der in der Trauer-Arie mit dynamischen Nuancen die entsprechende Todes-Stimmung einfängt, vollauf gerecht. Nicht ganz so gut bestellt war es um den Tamino von Joseph Tancredi aus dem hiesigen Opernstudio. Eine eingeschränkte Tagesform dürfte zu einer unsteten Leistung mit einigen Ton-Trübungen und eng geführten Stellen geführt haben. Auch scheint das Timbre des Tenors für das Mozart-Fach zu wenig klar, dennoch punktete er auch in einigen gut sitzenden Passagen und durch gefühlvollen Ausdruck.
Sehr gut harmonierten die drei Damen (Josefin Feiler, Maria-Theresa Ullrich, Stine Marie Fischer) durch ihre sich deutlich voneinander unterscheidenden Stimmfarben, ebenso die beiden Geharnischten Sam Harris und Aleksander Myrling in männlicher Kombination und die drei leider nicht namentlich genannten Tölzer Knaben. Elmar Gilbertsson ist ein Monostatos, der seine Doppelzüngigkeit mit charaktervoll eingesetztem Tenor deutlich profiliert ausspielt. Ines Lopez Fernandez bleibt als Papagena mit erfrischendem Sopran hier leider ganz auf das Duett beschränkt.
Der Staatsopernchor (Einstudierung: Bernhard Moncado) verlautbarte seine Einsätze zuerst aus den seitlichen Proszeniumslogen mit der gewohnten stimmlichen Geschlossenheit, nur die Herren dominierten phasenweise etwas. Aufhorchen ließ der Mann am Pult: Der noch sehr junge José Luis Gutierrez realisierte mit dem wach und locker agierenden Staatsorchester Stuttgart ein herzbaft belebtes, mit einfühlsamen Tempi für Ausgewogenheit und steten, aber nie starren Zusammenhalt sorgendes Mozart-Klangbild, das auch zur Kurzweiligkeit dieses Nachmittags beitrug.
Die Begeisterung des vielfach jungen Publikums wurde gerecht auf die einzelnen Mitwirkenden verteilt.
Udo Klebes