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STUTTGART/Staatsoper: „AUFSTIEG UND FALL DER STADT MAHAGONNY“ – in teilweise neuen Händen

30.04.2025 | Oper international

Staatsoper Stuttgart: „AUFSTIEG UND FALL DER STADT MAHAGONNY“ 29.4.2025  – in teilweise neuen Händen

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Matthias Klink, Alisa Kolosova. Foto: Martin Sigmund

Vor einem knappen Jahr hatte das Hauptwerk des Gespanns Kurt Weill / Bertolt Brecht in der Inszenierung von Ulrike Schwab Premiere und wurde nun in einer weiteren Serie in teils neuer Besetzung präsentiert.

Das der geforderten Einfachheit weitgehend entsprechende Konzept in einem offenen Bühnenraum (Pia Dederichs, Lena Schmid) über dem zugedeckten Orchestergraben mit Motiven aus Michelangelos monumentalem Jüngstem Gericht bebildertem Boden, verlängert bis auf den zunächst durch (im herannahenden Sturm wehende) Gardinen abgeschirmten vorderen Bühnenbereich vor dem auf einem Stufenpodium platzierten Orchester, rückt das Geschehen dicht ans Publikum heran. Zumal auch noch die beiden Proszeniums-Logen und ein in der Mitte des Parketts verlaufender schmaler Steg als Aktionsflächen integriert sind. Wenige Requisiten wie ein Szenario paradiesischen Lebens mit Goldenen Kälbern und im Adamskostüm dem Fressen hingegebenen Menschen, das als nachgebildetes Sturmrelikt dienende Knäuel des 2021 im Unwetter herab gestürzten Opernhaus-Daches, aber auch die abenteuerlich phantasievollen, teils freizügigen Kostümkreationen von Rebekka Dornhege Reyes verorten das heute mehr denn je anspielungsreiche aktuelle Stück in einem zeitlosen Stückcken Erde. Es wird abwechselnd viel interagiert und dann wieder moritatenhaft frontal in den Zuschauerraum verlautbart. Michele Gamba hatte die musikalische Leitung von GMD Cornelius Meister übernommen und mit dem recht geforderten Staatsorchester Stuttgart den vielseitigen Sound aus einfachen Unterhaltungs-Rhythmen und teils diatonal ineinander geschichteten Zitaten aus der Musikgeschichte gut im Griff, wobei die streng verdichteten Abschnitte stärker hervortraten als das moussierend leichte Gewebe der liedhaften Songs. Da fehlte stellenweise die Lockerheit, evtl.ist dies auch der Auffassung und dem Verständnis des Dirigenten geschuldet.

Der Staatsopernchor (Einstudierung: Manuel Pujol), vor allem die stärker geforderten Herren, sorgten für den teils opernhaft raumgreifend satten Klang sowie die von ihm gewohnte spielerische Identifikation.

An der Spitze der Solisten stand jetzt Matthias Klink, der den zuletzt an einem selbst verhängten Gesetz scheiternden, zum Tode verurteilten und von allen fallen gelassenen Holzfäller Jim Mahoney hinsichtlich seines Stimmcharakters ganz anders anlegt als sein Premieren-Kollege. Anstatt eines üppig schmelzvollen Tons ist sein Vortrag, darin dem Stil Weills sogar näherstehend, schlanker im Ansatz, rauher in der Akzentuierung und dennoch von einer kraftvollen lyrischen Saite beseelt. Insgesamt ist das eine faszinierend spannende vokale Bandbreite, die im Verein mit der von ihm schon erwarteten interpretatorischen Intensität abermals eine Glanzleistung des vielseitigen Tenors ergibt.

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Josefin Feiler, Alisa Kolosova. Foto:Martin Sigmund

Josefin Feiler übernahm die Jenny von Ida Ränzlöv und präsentierte die mit Jim anbandelnde Prostituierte rollengerecht gemischt aus Laszivität, Frechheit, aber auch ausreichend Gefühl und Gespür für musikalische Zwischentöne. Ihr heller, kräftiger, in der Höhe leicht vibrato-behafteter Sopran lieferte dafür das richtige Fundament. Zwischen ihr und der als Vollweib mit Haaren auf den Zähnen und mit füllig rustikal eingesetztem Mezzosopran wieder sehr präsenten Alisa Kolosova als Witwe Begbick entstand eine sehenswerte Symbiose aus Feind- und Freundschaft.

Neu im Ensemble der Holzfäller sind Laureano Quant als schillernd, auch eine Spur Eleganz einbringender Sparbüchsen-Bill mit locker eingesetztem Bariton und Florian Panzieri als etwas streng distanzierter Jakob Schmidt mit feinem tenoralem Charakterton. Jasper Leever als gemütlich ruppiger Alaskawolf-Joe mit profund sitzendem Baß komplettierte das in Mahagonny sein Glück suchende Quartett. Unverändert starke Positionen sind Joshua Bloom als süffig autoritärer Dreieinigkeits-Moses mit wohltönend gesättigtem Bass und Elmar Gilbertsson als herrlich exaltierter Fatty mit teils strahlend explosiv eingesetztem Zwischenfach-Tenor.

Im mit vielen Schülern gefüllten Haus herrschte gelöste Stimmung, was sich zuletzt in lebhaftem Jubel niederschlug.

Udo Klebes

 

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