Galeriekonzert der Internationalen Hugo-Wolf-Akademie am 18.7. 2024 in der Staatsgalerie/STUTTGART
Wanderer zwischen den Welten
Unter dem Motto „Wanderer“ fand diesmal das Galeriekonzert mit dem begnadeten Bass-Bariton Jochen Kupfer statt, der einfühlsam von Marcelo Amaral am Flügel begleitet wurde. Die Lieder von Franz Schubert gelangen diesem Duo besonders eindrucksvoll und bewegend. Dies galt nicht nur für den „Wanderer“ D 493, sondern auch für weitere Nummern wie „Liebesbotschaft“ D 957, „Im Walde“ D 708, „Am Meer“ D 957, „Der Wanderer an den Mond“ D 870, „Nacht und Träume“ D 827 sowie „Letzte Hoffnung“ D 911 aus der „Winterreise“. Energiegeladene Steigerungen und Dur-Aufhellungen kamen dabei nicht zu kurz. Und auch die gleichmäßige Linie des Themas gewann bei dieser konzentrierten Wiedergabe des Themas immer mehr an Bedeutung. Insbesondere die romantische Unendlichkeit der Klangwelt strahlte wiederholt leuchtkräftig hervor, weil Jochen Kupfer seinen Kantilenen eine voluminöse Präsenz verlieh. „Wehmut“ op. 8/2 von Wilhelm Kienzl zeigte in der subtilen Wiedergabe dieses Duos eine erfrischende Strahlkraft. Stark im Gedächtnis blieben bei dieser beglückenden Interpretation aber auch die beiden Lieder „Verborgenheit“ und „In der Frühe“ von Hugo Wolf, wo die intimen Seelenschilderungen mit elektrisierender Chromatik vorgetragen wurden. Die Ekstasen dieser Kompositionen ergeben sich aus eher intimen Klangbildungen, die der Pianist Marcelo Amaral einfühlsam formte. Auch „Über den Bergen“ von Alban Berg und „Tot“ von Arnold Schönberg beeindruckten das Publikum. Die Ekstase des Ausdrucks und Ekstase der Strukturen fesselte bei Berg neben den filigranen chromatischen Schritten, die schon auf serielle Phasen hindeuteten. Bei Schönberg ergriff den Hörer bei Jochen Kupfers Wiedergabe die intensive Schlichtheit und gleichzeitige Größe der vokalen Ausdruckskraft, die den Passagen „Der fand sein Glück / Und ich fand keins“ enorme Intensität verlieh. Das Thema unterlag hier trotz der Kürze unaufhörlichen Verwandlungen, die faszinierten. Klangfarblicher Zauber öffnete sich auch bei den mit hervorragender Emphase vorgetragenen Liedern „“Wanderung“ op. 35/7 und „Stille Tränen“ op. 35/10 von Robert Schumann. Die geheimnisvolle Verwandtschaft zwischen den Seelen und Dingen brachte Jochen Kupfer zusammen mit Marcelo Amaral mit leidenschaftlichem Gesangsmelos zum Leuchten. Die Verflechtungen der Stimmen entfaltete sich im Wesen des Kontrapunkts. Auch das „Frühlingslied“ op. 47/3 von Felix Mendelssohn Bartholdy spielte mit gefühlvollen Motiven, die Seelenintimität und Abgeklärtheit beschworen. „Traum durch die Dämmerung“ op. 29/1 und „Morgen!“ op. 27/4 von Richard Strauss überzeugten bei dieser suggestiven Wiedergabe mit romantisch-schwärmerischem Gefühl, das von Schumann und Mendelssohn Bartholdy beeinflusst wurde. Von Hans Sommer waren ferner die spätromantisch beeinflussten Lieder „Lass deine Lippen röter blüh’n“ op. 30/3, „Ich habe die ferne Geliebte“ op. 30/5 sowie „Wanderers Nachtlied“ zu hören, wo Jochen Kupfer mit sensibler Diktion agierte. Der romantische Überschwang dieser Lieder steht stilistisch zwischen Richard Wagner und Richard Strauss, was Jochen Kupfer mit dem Pianisten Marcelo Amaral durchaus verdeutlichte. Ein weiterer Höhepunkt dieses bemerkenswerten Liederabends waren die Lieder „Geheimnis“ op. 71/3, „Die Mainacht“ op. 43/2, „Verzagen“ op. 72/4 sowie „Verzweiflung“ op. 33/10 von Johannes Brahms, weil sich der Ausdrucksreichtum von Jochen Kupfers Bass-Bariton hier erheblich steigerte. Neben den dynamischen Anschlagsqualitäten des Klavierparts konnte sich Jochen Kupfers Gesang immer wieder mit feiner klanglicher Differenzierung in ausgezeichneter Weise behaupten. Nach den „Bravo“-Rufen folgte noch „Wanderers Nachtlied“ von Franz Schubert als bewegende Zugabe dieses sehr poetischen Liederabends. Das Konzert war dem verstorbenen Mäzen Dr. Rainer Wilhelm gewidmet. . Dazu passte das mit hellem Timbre vorgetragene Lied „Ich bin der Welt abhanden gekommen“ von Gustav Mahler.
Alexander Walther