Premiere: Harald Schmidt am 22. Oktober 2025 im Schauspielhaus/STUTTGART. Spielplananalyse mit Harald Schmidt im Schauspielhaus Stuttgart
Frontalunterricht vor den Landtagswahlen

Harald Schmidt: Foto: Björn Klein
Mit viel schwarzem Humor agierte Harald Schmidt wieder mit seiner traditionellen „Spielplananalyse“ im Schauspielhaus. Der Witz mit der Cordhose ließ nicht lange auf sich warten. In Zeiten von Disruption und KI folgte auch die klassische Conferencier-Begrüßung. Schmidt ging auf den Einbruch im Pariser Louvre ein: „Wurde Ihnen schon Schmuck angeboten?“ Mit genüsslichem Sarkasmus bemerkte er zudem, dass die Einbrecher sehr gut vorbereitet gewesen seien: „Von der Regierung kann es keiner sein!“ Wertgegenstände von Napoleon III. seien gestohlen worden, das sei eigentlich „unser Mann“ und von deutschem Interesse. Auch Marie Antoinette war vom Raub betroffen. Schmidt erteilte dem amüsierten Publikum eine Geschichts-Lektion über deren Mutter Kaiserin Maria Theresia, die drei Spione für Marie Antoinette aufgrund ihrer erhofften Schwangerschaft einsetzte. Der Ex-Präsident Nicolas Sarkozy kam aufgrund seines erzwungenen Gefängnisaufenthalts bei diesem hintersinnigen Programm ebenfalls zu Ehren – ein Mann mit Manschetten und Knöpfen: „Ich drücke den beiden die Daumen!“ Gemeint war hier seine Gattin Carla Bruni. Vielleicht bekomme Sarkozy beim Hofgang im Gefängnis etwas über die verschwundenen Louvre-Millionen heraus. Überhaupt seien immer wieder die Männer das Problem, betonte Harald Schmidt. Selbst für Prinz Andrew gelte doch die Unschuldsvermutung! Familienoberhäupter würden oft polygam leben – auch deutsche Chefredakteure. Bundeskanzler Merz sei jedoch nicht hart genug! Er habe aber betont, dass er der erste Bundeskanzler seit 1998 sei, der eigene Kinder habe.
An dem selbsternannten „Medienstar“ Norbert Röttgen arbeitete sich der gewiefte Schmidt dann besonders ab. Er attackierte die „digitalen Looser“ in der Bahn, wobei die schlimmsten Zusteiger in Mannheim präsent seien. Der Spielplan des Hauses nahm natürlich auch breiten Raum ein. Er erinnerte an den „Prinz von Dänemark“, der vor einigen Jahren als Musicalversion im Schauspielhaus zu sehen war. Jetzt würde er in der Originalversion auf dem Programm stehen. Ebenfalls auf dem Spielplan erscheine „Wer hat Angst vor Virginia Woolf?“ Schmidt erinnerte an die großartigen Schauspieler Elizabeth Taylor und Richard Burton. Und auch Sir Laurence Olivier kam zur Sprache sowie die Figur des unheimlichen Königs Richard III. „Das Stück lebt ganz von den Schauspielern“, so Harald Schmidt. Er lästerte über Spiegel-Online-Beiträge mit „Orgasmusschwierigkeiten und Elternzeit“. Katharina Barley habe als Politikerin „Wutausbrüche vom Blatt“ abgelesen. Und Boris Pistorius hätte sich die Unterlippe aufspritzen lassen! Und auch der Junge-Union-Politiker Tilman Kuban bekam aufgrund eines Ermittlungsverfahrens sein Fett weg. Es sei eben immer schlecht, wenn die Ex-Frau Rechtsanwältin wäre: Strafanzeige nach Ehe-Aus! Weiter ging es dann im Spielplan: Nach der „Unendlichen Geschichte“ von Michael Ende folge „Vor dem Ruhestand“ von Thomas Bernhard – eine kompromisslose Abrechnung mit Alt-Nazis und dem Reichsführer der SS Heinrich Himmler. Neben Brechts „Heiliger Johanna der Schlachthöfe“ erwähnte Schmidt zudem noch die kommende Premiere von Friedrich Schillers „Räuber“ und erinnerte gleichzeitig an den RAF-Kontext in Claus Peymanns früherer Inszenierung.
Lesefehler sorgten an diesem Abend ebenfalls für Lacher: „Gottschalk zerfleischt 80 Schafe auf Sylt!“ Diese „Bild“-Schlagzeile lautete aber in Wahrheit „Goldschakal zerfleischt…“ So spielte der unverwüstliche Entertainer Harald Schmidt immer wieder virtuos und gewitzt mit der Sprache und sang sogar das „Lied der Raucherbeine“ nach Peter Maffay: „Wenn du gehst, dann geht nur ein Teil von dir…“ Zudem imitierte er als therapiertes Kind die gequälten Grimassen des Pianisten Alfred Brendel bei Schuberts letzten Klaviersonaten. Und Bundestagspräsidentin Julia Klöckner sei ja die „Ex“ von Pilawa!
Jubel und großer Schlussapplaus. Schmidt erinnerte zudem an die „Gedächtnisanzüge“ von Ex-Minister Heiko Maas und karikierte den ständig schwitzenden Bundesfinanzminister Lars Klingbeil. Außerdem stellte er sich als Pianist einer katholischen Gemeindeveranstaltung vor.
Alexander Walther

