Premiere „Robin Hood“ am 28.11.2021 im Schauspielhaus/STUTTGART
Ein Kämpfer für die Unterdrückten
Der Wald spielt auch in der eher rustikalen Inszenierung von Corinna von Rad eine große Rolle. Hier spielt Robin Hood die Hauptrolle, der berühmte Held aus dem Sherwood Forest. Er ist zwar ein geliebter und gejagter Bandit, aber er gilt auch als der beste Bogenschütze der Welt. Insbesondere ist er ein Kämpfer für die Unterdrückten, was Robert Rozic in der Rolle Robin Hoods facettenreich verdeutlicht. Er wird rasch zum Gesetzlosen, zum „Outlaw“, und mit seinen Freunden Little John (wandlungsfähig: David Müller) und Mary (ausdrucksstark: Paula Skorupa) kämpft er gegen die Herrschenden und ihre zynischen Repräsentanten. Diese Ungerechtigkeit lehnt er ab. Er ist flüchtig, schlau und hinterlässt viele Geschichten und Spuren. Mit Lüge und List zwingt er seinen größten Feind, den verschlagenen Sheriff (Martin Bruchmann), in die Knie. Zuflucht und Schutz sucht er immer wieder im Wald, wobei die Regisseurin Corinna von Rad mit dem Bühnenbild von Ralf Käselau (Mitarbeit: Wiebke Bachmann) und den Kostümen von Sabine Blickenstorfer dafür wirklich originelle Bilder findet.
Als Robin Hood dem ebenfalls von David Müller gemimten grausamen Guy von Gisbourne begegnet, befindet er sich wirklich in Lebensgefahr. Zudem zittern alle vor dem bösen König Heinrich, der dem bedrängten Sheriff in einem wütenden Telefonat mit ernsten Konsequenzen droht, falls dieser Robin Hood nicht fasst: „Ich hasse das!“ Corinna von Rad würzt ihre hintersinnige Inszenierung immer wieder mit viel Esprit und Ironie, was vor allem bei den Kindern gut ankommt. Denn die Aufführung ist eindeutig als Familienstück konzipiert, das mit viel Temperament und Feuer auf die Bühne gebracht wird. Jürg Kienberger als Erzähler (Eule) und Musiker, Matthias Loibner als Schiedsrichter, Räuber und Musiker sowie abwechselnd Ruben Dietze und John Vincent Ragner als merkwürdiger Geselle sorgen zusätzlich für Lebendigkeit. Der balladenhafte Charakter dieses aufregenden Lebens kommt auch wiederholt in passenden musikalischen Einlagen zum Vorschein, die von Jürg Kienberger und Matthias Loibner stammen. Im Baumhaus spielt der Erzähler sogar sehr geschickt und einfühlsam auf dem Klavier. So wird immer wieder eine Brücke zur modernen Welt geschlagen. Es gibt in diesem Wald nicht nur warme Sommernächte, sondern es weht auch ein heftger Wind und es fällt Schnee. Vom Banditen über den schlauen Betrüger bis hin zum gerechten Adligen reicht hier die Palette. Boris Burgstaller spielt schließlich den berühmten König Richard Löwenherz, der als gütiger Nachfolger des grausamen Heinrich Robin Hood und den Seinen endlich die Freiheit bringt, womit der berühmte Mythos aus dem 13. Jahrhundert ein positives Ende findet. Mit Robin Hood veranstaltet Richard Löwenherz sogar ein Wettschießen auf den Mond, das der König schließlich gewinnt. Das Märchenhafte und Phantastische triumphiert bei dieser Inszenierung eindeutig. So ist die Aufführung vor allem optisch ein Vergnügen.
Viele „Bravo“-Rufe und tosender Applaus. Als Assistent des Sheriffs und Koch brilliert ferner noch Martin Bruchmann, der sich mit Robin Hood ein skurriles Wettessen liefert. Diese Bühnenfassung von Gwendolyne Melchinger und Corinna von Rad überzeugt vor allem aufgrund ihrer witzigen Dialoge. Und Paula Skorupa fesselt noch als Aufschneider und Waldwesen.
Alexander Walther