„Pünktchen und Anton“ von Erich Kästner am 9. 12. 2024 im Schauspielhaus/STUTTGART
Ein Herr als Kindermädchen
Mina Pecik; Felix Jordan. Foto: Björn Klein
In einer witzigen, mit Rap-Musik unterlegten Inszenierung von Karsten Dahlem (Bühne: Claudia Kalinski; Kostüme: Silvie Naunheim) ist jetzt eine neue Version von Erich Kästners „Pünktchen und Anton“ zu sehen. Mina Pecik mimt hier facettenreich das Mädchen Luise Pogge, die „Pünktchen“ genannt wird und mit ihren Eltern in einer Wohnung mit zehn Zimmern lebt. Da faltet sich das Bühnenbild in vergnüglicher Weise auf. Eine Haushälterin kocht für sie, ihr Kindermädchen passt rührend auf sie auf. Doch Vater und Mutter Pogge sind fast nie zu Hause. Der einmal sogar als Diva verkleidete Vater, den Klaus Rodewald darstellerisch abwechslungsreich spielt, verbringt seine Tage nur in Boutiquen und auf Modeschauen. Die Mutter ist die wohlhabende Chefärztin Dr. Pogge, die rund um die Uhr arbeitet und von Christiane Roßbach mit viel spitzbübischem Humor verkörpert wird. Der Vater fragt sie und fordert: „Warum sind wir als Familie noch alleine? Dann arbeite weniger!“ Den Kontrast zu ihrem Freund Anton Gast (erfrischend gespielt von Felix Jordan) arbeitet die Inszenierung flott und temporeich heraus. Herr Andacht (voller Ironie: Peer Oscar Musinowski) wird von seinem zwielichtigen Verlobten Robert der Teufel (wandlungsfähig: Gabriele Hintermaier) bedrängt, bei dessen Auftreten es sogar zur Explosion kommt. So führt er Pünktchen Nacht für Nacht auf die Straße, um mit ihr zu betteln und sein Gehalt aufzubessern. Dort teffen sie dann auf Anton, der tatsächlich auf das Betteln angewiesen ist, um seinen kranken Vater durchzubringen.
Pünktchen und Anton schließen eine enge Freundschaft und gehen durch dick und dünn. Anton droht sogar eifersüchtig dem von Klaus Rodewald ebenfalls markant gespielten Gottfried Klepperbein, seiner Freundin Pünktchen ja nicht zu nahe zu treten. Mit einem heftigen Hypnose-Blick machen Pünktchen und Anton Klepperbein schließlich unschädlich. Gemeinsam treten sie hier den Herausforderungen des Lebens entgegen. Und als Robert der Teufel schließlich sogar in die Villa der Pogges einbricht, kann die ausgezeichnete Gabriele Hintermaier dann in einer atemlosen Doppelrolle als Köchin Berta und Robert der Teufel brillieren. Im Kartonschrank besiegt Berta souverän den teuflischen Robert! Zwischendurch fällt immer wieder Schnee herab, was für eine weihnachtliche Stimmung sorgt.
Die unterschiedlichen Welten zweier Familien lösen sich letztendlich in erlösender Weise auf, weil Anton von Pünktchens Eltern ganz offiziell eingeladen wird. Themen der sozialen Ungleichheit und der Grenzen zwischen Arm und Reich werden offen angesprochen. So steht einem Happy End nichts im Wege.
Gabriele Hintermaier, Peer Oscar Musinowski,, Felix Jordan, Mina Pecik, Christiane Roßbach, Klaus Rodewald. Foto: Björn Klein
In weiteren Rollen gefallen noch Christiane Roßbach als Antons Lehrer Bremser (der es bereut, dem Jungen einen barschen Brief geschrieben zu haben) sowie Peer Oscar Musinowski als Herr Gast und Antons Vater, der schließlich sogar wieder ganz gesund wird. Und auch das Ehepaar Pogge findet wieder ganz zueinander: „Papa ist mein Lieblingsessen…“ Die Musik von Hajo Wiesemann lockert das turbulente Geschehen weiter auf: „So rot wie eine Tomate…“
So gab es zuletzt bei den Kindern großen Jubel für diese rasante Vorstellung, die die Welten zweier unterschiedlicher Familien zusammenbringt.
Alexander Walther