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STUTTGART/ Staatsoper: NEUJAHRSKONZERT 2016 unter Honeck- immer Stress mit dem Plappermäulchen

02.01.2016 | Konzert/Liederabende

Staatsoper Stuttgart am 1.1.2016: NEUJAHRSKONZERT 2016- unter Manfred Honeck – immer Stress mit dem Plappermäulchen
 
2007 bis 2011 war der Österreicher Manfred Honeck Generalmusikdirektor der Oper in Stuttgart. Jetzt kehrte er ans Pult seiner ehemaligen Wirkungsstätte zurück und bot mit dem glänzend disponierten Staatsorchester Stuttgart ein fulminantes Neujahrskonzert mit elektrisierender Wirkungskraft. Schon bei Franz von Suppes Ouvertüre zur Operette „Dichter und Bauer“ geriet der thematische Reichtum aus den Fugen – und es war ein Hörgenuss, wie Honeck die sich ausufernden Themen in souveräner Weise wieder zusammenfügte. Italienische und wienerische Elemente jagten atemlos hintereinander her.

 
„Als flotter Geist…“ begrüßte dann der strahlkräftige Tenor Matthias Klink beim „Zigeunerbaron“ von Johann Strauss die Gäste – und der zündende Funke sprang schnell über. „Ohne Sorgen“ preschte die fetzige Polka op. 271 von Josef Strauss dann vorüber – und trotz der spieltechnischen Eile gingen die Motive nicht unter. Simone Schneider (Sopran) ließ bei „Meine Lippen, sie küssen so heiß“ aus Franz Lehars Operette „Giuditta“ alle „Salome“-Schrecknisse hinter sich – die triolen- und synkopenreiche Melodik grüßte zwischen schillernder Dur- und Moll-Harmonik in glühenden Farben. Carl Michael Ziehrers „Weana Madl’n“ op. 388 gefielen als schwungvoller Walzer mit reizvollen Pfeiftönen, die von den Musikern intoniert wurden. Simone Schneider (Sopran) und Matthias Klink (Tenor) gestalteten anschließend „Lippen schweigen“ aus Franz Lehars berühmter Operette „Die lustige Witwe“ höchst intonationssicher und mit strahlkräftigen Spitzentönen. Bei der „Furioso“-Polka op. 260 von Johann Strauss war das Staatsorchester unter der anfeuernden Leitung von Manfred Honeck einmal mehr in seinem Element. Die Töne lieferten sich hier eine geradezu atemlose Verfolgungsjagd.

Bombastisch meldete sich nach der Pause der Walzer „Herrreinspaziert“ aus Carl Michael Ziehrers „Schatzmeister“ – und Manfred Honeck arbeitete das Wiener Musikantentum mitreissend heraus. Simone Schneider (Sopran) und Matthias Klink (Tenor) interpretierten „Weißt du es noch?“ aus Emmerich Kalmans „Die Csardasfürstin“ mit rhythmischem Elan und leidenschaftlicher Emphase. Köstlich war „Die Plappermäulchen“-Polka von Josef Strauss, wo auch Kinder zum Bedienen der Drehrädchen geschickt eingesetzt wurden. Strauss meinte hier eigentlich seine Tochter Karoline Anna Strauss. Matthias Klink erreichte bei „Freunde, das Leben ist lebenswert“ aus Franz Lehars „Giuditta“ eine erstaunliche Crescendo-Steigerung und überwand so alle angestrengt wirkenden gesangstechnischen Klippen. „Im Krapfenwaldl“ von Johann Strauss wirkte als facettenreiche Polka francaise op. 336 fast schon ironisch-satirisch, wobei Manfred Honeck viel Sinn für ausgefeilte Motivgliederungen und klangliche Zerlegungen bewies. Simone Schneider (Sopran) interpretierte „Heia in den Bergen“ aus Emmerich Kalmans „Csardasfürstin“ mit weichem Timbre und stählernen gesanglichen Höhenflügen und sorgte so für einen großartigen Höhepunkt bei diesem fabelhaften Neujahrskonzert. Natürlich durfte der Walzer aller Walzer „An der schönen blauen Donau“ op. 314 von Johann Strauss am Schluss nicht fehlen. Da spornte Manfred Honeck die Musiker des Staatsorchesters nochmals zu glanzvollen Höchstleistungen an. Als Zugabe begeisterte das Gesangsduo noch bei „Tanzen möcht‘ ich“ aus Emmerich Kalmans „Csardasfürstin“, wo die Melodien wie in einem bunten Blumenstrauß herumwirbelten.

Die Polka „Unter Donner und Blitz“ von Johann Strauss wirkte zuletzt wie eine klangliche Explosion – und die Musiker des Staatsorchesters spannten ihre Schirme auf. Im Hintergrund sah man in Bühnenbildern Postkartenmotive mit Aufnahmen der Staatsoper Stuttgart aus der Johann-Strauss-Zeit. Da fühlte man sich nach Wien versetzt. Für Manfred Honeck, der ja zurzeit auch erfolgreich das Pittsburgh Symphony Orchestra leitet, war diese Rückkehr nach Stuttgart als „Wiener“ jedenfalls ein Triumph. Dramaturg Rafael Rennicke hatte bei seiner Einführung zudem Max Regers grandiose Klavierbearbeitung des Strauss-Walzers „An der schönen blauen Donau“ vorgestellt. Ein gesteigerter Liszt.

 
Alexander Walther

 

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