Online Merker Logo

Die internationale Kulturplattform

STUTTGART/ Neues Schloss: Internationale Hugo-Wolf-Akademie: „Nachtträume“ mit Christina Landshamer und Gerold  Huber

29.01.2023 | Konzert/Liederabende

Internationale Hugo-Wolf-Akademie: NACHTTRÄUME  mit Christina Landshamer und Gerold  Huber am 28.1.2023 im Neuen Schloss/STUTTGART

Lyrische Weite und Tiefe

cht
Christina Landshamer. Foto: Marco Borggreve

Die Sopranistin Christina Landshamer, die auf das Lied spezialisiert ist, interpretierte zusammen mit dem versierten Pianisten Gerold Huber Lieder von Franz Schubert und dem 1944 im Konzentrationslager Auschwitz-Birkenau umgekommenen jüdischen Komponisten Viktor Ullmann. Bei den Liedern „Heimliches Lieben“, „Du bist die Ruh'“, „Lachen und Weinen“ sowie „Die Liebe hat gelogen“ von Franz Schubert erfasste Christina Landshamer die Schönheit der Melodie und das Geheimnis der Harmonie in vollkommener Weise. Der thematische Reichtum blühte auch bei Franz Schuberts Lied „Du liebst mich nicht“ in überwältigender Weise auf. Eine wahre Entdeckung waren dann die Lieder von Viktor Ullmann, dessen drei Sonette aus dem Portugiesischen op. 29 mit weiten Intervallspannungen und zahlreichen kontrapunktischen Finessen  aufwarteten. Die Sonette „Briefe, nun mein!…“, „Sag immer wieder…“ und „Sein erster Kuss“ fesselten auch aufgrund ihres großen klangfarblichen Reichtums. „Six Sonnets de Louise Labe“ op. 34 aus dem Jahre 1941 beweisen ebenfalls, dass Viktor Ullmann einen besonderen Sinn für die Singstimme und ihre vielfältigen Ausdrucksmöglichkeiten besaß. Die hier verwendeten Texte von Louise Labe sind Mitte des 16. Jahrhunderts entstanden. Es ist dabei erstaunlich, wie stark sich Louise Labe in der damaligen Zeit über ihre Gefühle äussert, was Viktor Ullmann kongenial in Klänge umsetzte. Bei den einzelnen Nummern „Claire Venus“, „On voit mourir“, „Je vis, je meurs“, „Luth, Compagnon“,  „Baise, m’encor“ und Oh si j’etais“ spürte man in der Interpretation von Christina Landshamer und Gerold Huber sehr deutlich den an Arnold Schönberg orientierten, teils tonalen und atonalen Stil, der sich immer wieder als Polytonalität offenbarte. Vor allem arbeiteten beide Interpreten die bewegende lyrische Weite und Tiefe dieser  Lieder heraus. Dabei wurde Viktor Ullmanns Verwandtschaft mit Franz Schubert einmal mehr deutlich. Diese Musik besaß hier etwas Schwebendes und Schweifendes. Manchmal folgten auch heftige klangliche Ausbrüche – unterbrochen von introvertiertem Innehalten. Neben den frei-tonalen Einflüssen orientierte sich Viktor Ullmann ebenfalls an der Vierteltontechnik von Alois Haba. Bei Franz Schubert und Viktor Ullmann offenbarten sich bei diesen Liedern immer wieder die Geheimnisse der Musik und des weitein Klangraums, der etwas Unendliches besaß. Formale Klarheit sowie Fülle und Kraft fehlten ebenfalls nicht. Als Zugabe war unter anderem noch Schuberts Lied „An den Mond“ zu hören.

Begeisterter Schlussapplaus.

Alexander Walther

 

Diese Seite drucken