The Ludwig Chamber Players. Foto: Gottfried Stoppel & Heinz Heiss
STUTTGART: Die Ludwig Chamber Players mit dem Tenor Ilker Arcayürek am 31.1.2020 bei der Hugo-Wolf-Akademie im Weißen Saal des Neuen Schlosses
Schwärmerisch und in sich gekehrt
Ich gehöre zu Österreich wie die Melange“, bekennt der Tenor Ilker Arcayürek, der 2016 den ersten Preis des Internationalen Wettbewerbs für Liedkunst der Hugo-Wolf-Akademie erhielt. Die Ludwig Chamber Players mit Dirk Altmann (Klarinette), Hanno Dönneweg (Fagott), Wolfgang Wipfler (Horn), Kei Shirai, Emily Körner (Violine), Janis Lielbardis (Viola), Tristan Cornut (Violoncello) und Ryutaro Hei (Kontrabass) präsentierten zusammen mit dem wahrhaft begnadeten Tenor Ilker Arcayürek ein Programm mit ausgefallenen und wenig bekannten Werken des „anderen Beethoven“. Eine interessante Entdeckung. Bearbeitet von Andreas N. Tarkmann erklangen zunächst sehr präzise und klanglich ausbalanciert die 12 Variationen über ein Thema aus Händels Oratorium „Judas Maccabäus“ G-Dur WOO 45. Hier trat der Cellist in eindrucksvoller Weise immer mehr ins Rampenlicht. Hierbei kam es zu eindringlichen dynamischen Kontrasten und bewegenden Klangeffekten. Bei Tarkmanns Bearbeitung kommt es zu einer weiteren Verfeinerung der klangfarblichen Möglichkeiten, was die Ludwig Chamber Players facettenreich betonten: Die Gegenüberstellung von Bläser- und Streicher-„Chor“ besaß elektrisierende Wirkungskraft. Anspruchsvolle Triolen beherrschten das Cellospiel, während die Klarinette fast den Klavierpart übernahm.
Ilker Arcayürek. Foto: privat
Der Tenor Ilker Arcayürek präsentierte dann mit wunderbar weichem Timbre „Adelaide“ op. 46 von Beethoven in der Bearbeitung für Tenor und Septett von M. Ucki. Hier konnte man in bemerkenswerter Weise nachvollziehen, wie jede Strophe den Klangraum immer mehr erweiterte. Das Gesangsvolumen von Ilker Arcayürek steigerte sich dabei beachtlich. Und das belebte Tempo wurde von den einfühlsam begleitenden Ludwig Chamber Players unterstrichen. Die Harmonik durchwanderte hier verschiedene Tonarten, um zuletzt wieder zum B-Dur zurückzukehren. Die Themen und Motive wurden von Ilker Arcayürek und den Ludwig Chamber Players in erfrischender Weise beschworen. Bearbeitet für Tenor und Oktett von Andreas N. Tarkmann erklang zusammen mit dem Tenor Ilker Arcayürek auch „An die ferne Geliebte“ op. 98 von Ludwig van Beethoven, wo der leidenschaftliche Charakter der Komposition herausgestellt wurde. Die Empfindungen des lyrischen Ich mit ständigem Tempo- und Rhythmuswechsel verdeutlichten dabei das drängende Verlangen, die quälende Distanz zur Geliebten überwinden zu können. Als Zugabe sang Ilker Arcayürek noch Beethovens Lied „Der Kuss“ mit markanter gesanglicher Linienführung. Die Ludwig Chamber Players interpretierten auch die zwölf Contretänze von Beethoven mit nie nachlassender spieltechnischer Energie. Synkopen und Chromatik wurden hier in sehr lebendiger Weise betont. Der Tanz Nr. 7 gilt gar als Keimzelle der „Eroica“.
Ein Glanzstück und akustisches Juwel war zuletzt das Septett in Es-Dur op. 20 von Beethoven, das dieser Kaiserin Maria Theresia widmete. Der galante und gelehrte Charakter des Werkes erinnerte auch bei dieser Wiedergabe an das Oktett von Schubert. Der Charakter der unterhaltenden Serenade stach facettenreich hervor. Die Formmodelle der Wiener Klassik werden hier gestreift: Einem machtvollen Sonatenhauptsatz mit sinfonischen Strukturen folgte ein tiefsinniger langsamer Satz sowie eine fantasievolle Variationenkette. Auch die beiden Tanzsatztypen im Menuett interpretierten die Ludwig Chamber Players mit elektrisierender Wirkungskraft. Die kontrastierenden Trios beim Scherzo leiteten dann zum kontrapunktisch aufwühlenden Finale über, dessen harmonisch vielschichtiger Charakter vom Ensemble ausgezeichnet erfasst wurde. Gerade im Adagio bestachen die berückenden Farbschattierungen in besonderer Weise. Fagott und Horn wurden hierbei in ein akustisch weiträumiges harmonisches Fundament eingebettet. Und die Coda im Andante besaß geradezu machtvolles Pathos. Als Zugabe musizierten die Ludwig Chamber Players noch mit zündenden Rhythmen die Polka francaise „Wildfeuer“ op. 313 von Johann Strauß.
Herzlicher und begeisterter Schlussapplaus.
Alexander Walther