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STUTTGART: MADAMA BUTTERFLY

Japanisches Drama in koreanischer Frauenhand

15.02.2019 | Oper

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Von wirkungsvollen Spiegeleffekten geprägte Inszenierung. Foto: Martin Sigmund

Stuttgart

„MADAMA BUTTERFLY“ 15.2.2019. WA 4.2.) –  Japanisches Drama in koreanischer Frauenhand

Zufall oder bewusste Planung? Wie auch immer: es dürfte selten vorkommen, dass die maßgeblichen Positionen einer Aufführung von zwei Koreanerinnen besetzt sind. Die auch insofern gut zusammen passen, weil sie mit ihrer Stimme bzw. ihrem Instrumentalkörper ähnlich umgehen und so eine Wiedergabe prägen, der es bisweilen an den Zwischenstufen mangelt, die aber als Ganzes doch einen großen Spannungsbogen zu halten vermögen.

Die eine ist Eun Sun Kim, aus der Stuttgarter Musikhochschule hervorgegangene und inzwischen international tätige Dirigentin. Das Staatsorchester Stuttgart hat sie jederzeit gut im Griff, Puccinis gewaltiges Gefühlskino kommt an entscheidenden Stellen, an orchestralen wie vokalen Höhepunkten direkt, aber ohne Neigung zum Sentimentalen zum Tragen. Intensität wird nicht mit Lautstärke verwechselt, die Sänger können sich ohne zusätzlichen Kraftaufwand behaupten. Besonderen Momenten fehlt es indes am großbogigen Aufbau.

Karah Son, ebenfalls auf weltweitem Parkett unterwegs, hat aber auch keine Schonung notwendig. Ihr klarer, kräftiger und in der Höhe strahlender Sopran bleibt stabil und unermüdlich bis zum Selbstmord-Finale. Die Gestaltung der Cho-Cho-San findet indes mehr durch ihr Spiel als mittels ihrer Stimme statt, was so viel heißt, dass es ihr an Zwischentönen, an den vielen kleinen Nuancen, mit der Butterfly zwischen Selbstbewusstsein und Unsicherheit pendelt, mangelt, und die Register eher nebeneinander stehen als organisch miteinander verschmelzen. So werden vor allem die Höhen oft isoliert hinauf gezogen oder heraus gestoßen anstatt aus der Gesangslinie hervor zu gehen. Das Gesamtergebnis überzeugt dennoch in der glanzvollen Direktheit ihres Einsatzes.

Ivan Magri steuert als Pinkerton mit gut sitzendem Zwischenfach-Tenor  klassischen italienischen Schmelz und kultiviertes Phrasieren bei, vereint Innigkeit und Überschwang ohne Manierismen und setzt auf eine vokale Differenzierung, die ihm als etwas eindimensionalem, mehr routiniert als spontan wirkendem Darsteller leider etwas abgeht. Der reuevolle Abschied vom Blumenreich kommt ohne übertriebenes Pathos aus.

Bei Michael Ebbecke steht dagegen der Schauspieler an erster Stelle. Sein Konsul Sharpless hat das von ihm gewohnte Persönlichkeits-Profil im Auftreten und Handeln, der im Klang etwas härter und unflexibler gewordene Bariton erfüllt die Partie substanziell mit einem Defizit an geschmeidigerer Ausformung. Diesbezüglich steht Maria Theresa Ullrich  als Suzuki an der Spitze, mit ihrem Mezzosopran helleren Klangcharakters bringt sie Ausdruck und melodisches Gespür auf einen Punkt und berührt in ihrer Zerrissenheit zwischen böser Vorahnung und optimistischer Haltung gegenüber der Herrin.

Heinz Göhrig setzt als windiger Goro unvermindert präzise charaktertenorale Akzente, David Steffens imponiert wie schon als Monterone in „Rigoletto“ mit der Intensität und immer mehr an Fülle zunehmendem Bass-Fundament, das auch den drohenden Auftritt des Onkel Bonze zu einem aufwühlenden macht.  Padraic Rowan hat als abgewiesener Fürst Yamadori mit ordentlichem Bariton keine Chancen, Simone Jackel ist die eher vorsichtig, gar angstvoll Butterflys Welt betretende Kate Pinkerton. Eine kleine Formation des Staatsopernchors Stuttgart belebte die Hochzeits-Zeremonie spielerisch und gesanglich wie immer voller Engagement.

Eine sichere Repertoire-Bank für wechselnde Besetzungen bildet nach wie vor die Inszenierung von Monique Wagemakers in ihrem schlichten, von einem aufs Wesentliche beschränkten Bühnenraum (Karl Kneidl)  bestimmten Konzept, das der Phantasie und den Emotionen viel Raum lässt und die Geschichte in rundum passenden Kostümen von Silke Willrett ohne Verfremdung erzählt. Solcherlei ist heute leider nicht mehr selbstverständlich, umso mehr ist zu hoffen, dass diese 80.Vorstellung noch lange nicht die letzte war.

Lebhafte Begeisterung für die Hauptakteure!                                            
Udo Klebes

 

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