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STUTTGART/ Liederhalle: Tschaikowskys Streichsextett op. 70 „Souvenir de Florence“ mit Musikern des Staatsorchesters Stuttgart

01.06.2020 | Konzert/Liederabende

Musiker des Staatsorchesters Stuttgart musizieren Tschaikowskys Streichsextett op. 70 „Souvenir de Florence“ am 10. Juni im Mozartsaal der Liederhalle/STUTTGART

Mit eingängiger Melodik

Die hohe Ausdrucksintensität des Streichsextetts op. 70 von Peter Tschaikowsky wurde von den Musikern Gustavo Surgik, Alexander Jussow (Violine), Alexander Akimov (Viola), Jan Melichar (Viola), Laurens Groll (Violoncello) und Lars Jakob (Kontrabass) einfühlsam herausgearbeitet. Eingängige Melodik und kunstvolle Durcharbeitung gingen dabei Hand in Hand. Tschaikowsky arbeitete 1889/90 in einem Florentiner Hotel an seiner Oper „Pique Dame“ – und nach seiner Rückkehr verarbeitete er die Erinnerungen an diese Stadt in diesem besonderen Werk. Die weiträumige Wirkung des Kopfsatzes ging bei dieser nuancenreichen Interpretation unter die Haut.

Das tänzerische und melancholische Hauptthema und der sehnsüchtige Seitensatz gerieten den gut aufeinander abgestimmten Musikern ansprechend. Das rhythmisch und motivisch geprägte Bewegungsmotiv zeigte viel Klangfarbenreichtum. Ein Höhepunkt war der poetische Zauber des langsamen Satzes, dessen melancholischen Gesang Pizzicato-Passagen sensibel begleiteten. Das war ein akustischer Hochgenuss. In der Geige und im Duett mit der Bratsche zeigte sich ein erstaunlicher Charakterisierungsreichtum. Und der nächtlich reizvolle Serenadencharakter überzeugte mit seinen Tremolo-Passagen. Im dritten Satz machte sich dann in erfrischender Weise Scherzo-Charakter breit, und im triolenartigen Mittelteil beschleunigte sich die harmonische Bewegung zu unruhiger Vehemenz. Russische Folklore triumphierte dann im schwungvoll musizierten Finale, dessen rasante Lebendigkeit in einen atemlosen Stretta-Schluss mündete. Dabei beeindruckte der präzise Musizierstil mit atemloser Rasanz. Ein vitaler und sinnlicher Ausdruck korrespondierte dabei mit geradezu ausuferndem Temperament. Hier geriet das Ensemble nie in die Gefahr, die salonhafte Konversation zu übertreiben. Grelle und dynamisch ausgesprochen farbige Kontraste bewiesen ferner den großen Gestaltungsreichtum Tschaikowskys, der ja auch als ausgewiesener Lyriker gilt.

Die harmonische Balance blieb so stets gewahrt, es kam nie zu eigenartigen Schwankungen. Man spürte den Einfluss von Mendelssohn und Schumann. Herzlicher Schlussapplaus bei diesem weiteren Konzert der Staatsoper Stuttgart unter dem Motto „Oper trotz Corona“. Und berührend war natürlich auch die Zugabe: Nämlich Edward Elgars „Salut d’amour“ op. 12.  

Alexander Walther

 

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