SWR Symphonieorchester unter Teodor Currentzis am 28. Juni 2019 mit Schostakowitschs siebter Sinfonie „Leningrader“ im Beethovensaal der Liederhalle/STUTTGART
Aufgewühlt und leidenschaftlich
1941 in Leningrad geschrieben, gilt die siebte Sinfonie von Dimitri Schostakowitsch als Symbol des Widerstandes. Beethoven, Tschaikowsky, Mahler und Strauss bleiben hier immer wieder spürbar. Selbstbewusste Kraft strahlte sogleich der erste Satz in der aufwühlenden Wiedergabe mit dem SWR Symphonieorchester unter Teodor Currentzis aus. Der Zug ins Heroische verstummte hier auch nicht, als das zweite lyrische Thema sich meldete. Ähnlich wie in Ravels „Bolero“ schwoll dieses Thema immer mehr an und wurde dabei stets drohender und unerbittlicher. Die monumentalen Steigerungen dieser Sinfonie musizierte das Orchester im Stehen. Auf dem Höhepunkt dieser Vernichtungsvision riefen die Hörner zur Sammlung und zum Widerstand – und die Durchführung setzte das erste Thema in imposanter Weise wieder ein. Currentzis leitete das Orchester hier sehr eindrucksvoll. Ein patriotisches Lied stärkte die Siegeszuversicht. In der Reprise löste sich aus dem zweiten Thema ein Trauermarsch. Und die gewaltige Coda erinnerte noch einmal mächtig an die Weisen der Exposition. Dann folgte das atemlose Scherzo, dessen hintergründigen Charakter Currentzis mit dem SWR Symphonieorchester voll auslotete. Es war eine schöne und ergreifende Huldigung an die Heimat, ein Landschaftszauber in volksliedhaften Weisen und graziös stilisierten Tonbildern. Den Rausch des Lebens wollte Schostakowitsch in dem ausdrucksvollen Adagio schildern, das Teodor Currentzis als umsichtiger Dirigent auch pathetisch musizieren ließ. In breiter und leuchtender Schönheit erstrahlten die Melodien bei dieser konzentrierten Wiedergabe, deren Intensität immer mehr zunahm. Mit einem Choral begann alles, dann entwickelte sich der Trommelrhythmus in elektrisierender Art.
Im Finale waren Bilder in verschiedenen dynamischen Kontrasten aneinandergestellt, deren melodische Schönheit die Zuhörer sofort gefangen nahm. Nicht nur der Moderato-Abschnitt war hier ungemein fesselnd. Das „Requiem“ und die Kriegsmusik des ersten Satzes hallten eindringlich nach. Das Hauptthema des Finales schien sich immer mehr durchzusetzen. Zuletzt triumphierte geradezu eine gewaltige Apotheose vaterländischen Stolzes, dessen fast zerberstende dynamische Spannung voll unter die Haut ging. Der klare und gradlinige Aufbau blieb überall sichtbar.
Großer Jubel.
Alexander Walther