Staatsorchester Stuttgart am 6. Dezember 2021 mit Mozart-Sinfonien im Beethoven-Saal der Liederhalle/STUTTGART
Reife und Feuer
Die Reife der drei letzten Sinfonien des Salzburger Meisters leuchtete bei diesem Konzert hell auf. In der „Zauberflöten“-Tonart Es-Dur steht die Sinfonie Nr. 39 Es-Dur KV 543 von Wolfgang Amadeus Mozart, deren feierliches Wesen Cornelius Meister mit dem Staatsorchester Stuttgart unterstrich. Das spürte man sogleich in der Adagio-Einleitung, die weihevoll anhob und dann gleichsam in eine innere Stille hineinhorchte. Zuletzt wurden alle Kräfte gesammelt. Und der Satz verklang am Schluss mit der bekannten Schmerzensgebärde des Quartfalls in einer unheimlichen Atmosphäre. Das schmiegsame Kopfthema des Allegro strahlte dagegen eine freundliche Ruhe aus. Doch dann folgte eine energische Wende voller Tatbereitschaft, die Cornelius Meister mit dem Staatsorchester Stuttgart sehr gut betonte. Über weichen Hornklängen entfaltete sich das zweite Thema. Nach dem innigen Zauber erfolgte die Durchführung – und die Holzbläser eröffneten dezent die Reprise. So konnte sich die Coda schließlich machtvoll behaupten. Auch die marschartige Gesangsmelodie des Andante besaß hier eine ergreifende Intensität. Die Holzbläser hüllten alles in dunkles Licht. Selbstsicher wirkte dann das Menuett mit dem Trio aufgrund eines lieblichen Gesangs. An Haydns Welt gemahnte das Presto-Finale, dessen geistvolle Überraschungen die Zuhörer beglückten. Schmerzliches Ergeben in das traurige Los des Menschen bestimmte die transparente Wiedergabe der Sinfonie Nr. 40 in g-Moll KV 550 von Mozart. Ein pathetisch-heroischer Aufschrei zu Gott behauptete sich hier mit eherner Macht und viel Klangzauber. Es folgte eine leidenschaftliche Klage. Die dunkle Schönheit dieser Klangfarben beeindruckte dabei die Zuhörer. Der chromatische Quartfall wirkte dabei durchaus rebellisch, was Cornelius Meister mit dem Staatsorchester tatkräftig unterstrich. Die Dur-Tonart wollte sich fast verzweifelt durchsetzen, aber dies blieb eine matte Selbsttäuschung. Sehr schön gelang das chromatische Absinken in den Holzbläsern. Und auch die Coda wirkte irgendwie geheimnisvoll. Leidenschaftliche Erregung erfasste das Andante. „Heroisch hoffungslos“ wirkte tatsächlich das Menuett, wie Einstein richtig ausführte. Ein Lichtstrahl schien hier in bewegender Weise in diese Sinfonie zu fallen. Er prägte das Menuett. Ohne Humor kam auch das Finale daher, dessen Haupthema Beethoven beeinflusste. Die dämonische Erregung dieses Satzes leugnete Cornelius Meister als Dirigent nicht. Und auch hier besaß der chromatische Quartfall dämonische Größe. Nach der Reprise wirkte die g-Moll-Coda umso ergreifender.
Höhepunkt dieses beschwingt-mitreissenden Konzerts war jedoch die heroische Wiedergabe der Sinfonie Nr. 41 C-Dur KV 551 „Jupiter“ aus dem Jahre 1788 von Wolfgang Amadeus Mozart. Hier kostete Meister mit dem Staatsorchester auch alle Nebenstimmen und Seitenthemen facettenreich aus. Klarheit und Ausgewogenheit der Form behaupteten sich in imponierender Weise. Das kraftvolle Hauptthema im Kopfsatz setzte sich geradezu schmiegsam fort. Schwärmerisch und innig kam das zweite Thema daher. Es verband sich schnell mit dem empfindsamen Teil des ersten Themas. Von c-Moll nach Dur entwickelten sich die Energien empor. Nach dem Höhepunkt folgte ein zweites Gesangsthema. In schattigem Es-Dur erfolgte die Durchführung. Von lyrischem Ernst bis zu träumerischer Stille war das Andante cantabile geprägt. Und wieder blitzte der chromatische Quartfall auf. Die kontrapunktische Zauberkraft dieses Satzes strahlte bis in die fugierten Teile aus. Dezent wirkte das Menuett. Und im Finale folgte nach einer akribisch herausgearbeiteten Durchführung die majestätische Coda als großartige Krönung des Werkes. Der Fugenbau türmte sich kühn übereinander.
Begeisterter Schlussapplaus.
Alexander Walther