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STUTTGART/ Liederhalle: Anton BRUCKNERS FÜNFTE SYMPHONIE mit dem Staatsorchester Stuttgart unter Marek Janowski

09.10.2016 | Konzert/Liederabende

Anton Bruckners fünfte Sinfonie mit dem Staatsorchester Stuttgart unter Marek Janowski

WIE IM KIRCHENRAUM

Staatsorchester Stuttgart unter Marek Janowski mit Bruckners fünfter Sinfonie im Beethovensaal der Liederhalle am 9. Oktober 2016/STUTTGART

Anton Bruckners 1875 entstandene fünfte Sinfonie in B-Dur gilt gemeinhin als seine „Katholische“. Bruckner-Spezialist Marek Janowski, in diesem Jahr zum ersten Mal „Ring“-Dirigent bei den Bayreuther Festspielen, eröffnete den Kopfsatz schneller als Furtwängler, aber etwas langsamer als Knappertsbusch. Das Phantastische kam bei ihm nie zu kurz, denn das Staatsorchester Stuttgart musizierte an diesem Morgen schillernd und opulent zugleich. Man fühlte sich sofort wie in einem gewaltigen Kirchenraum. Aus dem Nichts meldete sich geheimnisvoll das Thema in feierlicher Erhabenheit. Eine kosmische Spannungskraft schien sich zu behaupten, als das signalartige Motiv einsetzte. Im Orgelpunkt meldeten sich die energiegeladen musizierenden Streicher. Und diese elementare Kraft übertrug sich auf die Bläser. Stockende Geigen-Staccati unterstrichen die mythische Harmonie, deren Intensität immer mehr zunahm. Bei der Durchführung der drei Themenkomplexe herrschte dank Janowskis konzentrierter Wiedergabe eine klare Struktur und glanzvolle formale Kraft. Die Coda hob sich mit schmetternden Trompetenfanfaren kunstvoll hervor. Selbst geringfügige Bläser-Intonationstrübungen minderten die Wirkung nicht. Mit eigenartigen Pizzicato-Einsätzen gefiel dann der zweite Adagio-Satz mit den unvergesslichen „himmlischen Treppenstufen“. Das Staatsorchester Stuttgart hob sehr schön den Klang der Oboe neben dem erhabenen Streichergesang hervor. Alles sank wieder zurück in die Klage der Oboe. Auch die reizvoll gestalteten rondoartigen Episoden kamen nicht zu kurz. Im munter gespielten Scherzo meldete sich das Adagio-Thema nochmals mit unverblümter Schärfe. Die Holzbläser gestalteten die Abwandlung der Oboen-Melodie intonationsrein und mit dynamischer Transparenz. Das intensiv musizierte Seitenthema sonnte sich in einem ausgelassenen Ländler – garniert von einem kecken Hornruf beim erfrischenden Trio. Zum Höhepunkt dieses ersten Sinfoniekonzerts geriet das grandios interpretierte Finale, wo Marek Janowski mit dem exzellenten Staatsorchester Stuttgart an allen kontrapunktischen Fäden zog. In Erinnerung an den ersten Satz tauchte fast unheimlich das markante Thema auf. Sonatenform und Fuge wurden hier kühn und plastisch miteinander verbunden. Ein Klarinettenruf weckte den Gedanken des Hauptthemas im ersten Satz. Diese Umspielung des Oktavsprungs setzte deutliche Akzente. Nach den Reminiszenzen an den zweiten Adagio-Satz baute sich in monumentaler Weise die Fuge auf, deren Zwischenspiel in Cantus-firmus-Manier dem Blechbläser-Choral freie Bahn ließ. Da zeigte das Staatsorchester Stuttgart sein ganzes Können. Nach der zweiten Fuge setzte imposant die Doppelfuge ein. Und die Holzbläser meldeten sich bei der Reprise mit klanglicher Eleganz. Vor allem die Hörner erreichten bei der Steigerung eine erstaunliche klangliche Dichte. So konnte sich der majestätische Choral bestens entfalten. Es gab begeisterten Schlussapplaus für dieses erste Staatsorchesterkonzert unter dem Motto „Phantastische Polyphonie“. 

Alexander Walther

 

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