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STUTTGART/ Liederhalle: 4.Sinfoniekonzert des Staatsorchesters Stuttgart unter Nicola Luisotti

30.03.2025 | Konzert/Liederabende

4.Sinfoniekonzert des Staatsorchesters Stuttgart unter Nicola Luisotti am 30.3.2025 im Beethovensaal der Liederhalle/STUTTGART

Voller Energie und Schwungkraft

Nach seinem erfolgreichen Gastspiel vor zwei Jahren stand der italienische Dirigent Nicola Luisotti wieder am Pult des Staatsorchesters Stuttgart. Das Konzert begann mit der phantastischen Ouvertüre „Romeo und Julia“ von Peter Tschaikowsky aus dem Jahre 1870. Sie geht auf eine Anregung Balakirews zurück und schildert in kluger Beschränkung die Liebe Romeo und Julias inmitten der blutigen Feindschaft ihrer Eltern, der sie trotz der Hilfe des Pater Lorenzo zum Opfer fallen. Anders als Balakirew wollte, eröffnete Tschaikowsky diese Ouvertüre mit einem feierlichen, frommen, choralartigen Thema, das auf den hiflsbereiten Pater Lorenzo deutet. Das Staatsorchester unter der Leitung von Nicola Luisotti musizierte dieses Thema sehr ausdrucksvoll. Dann malte ein Allegro giusto fast etwas zu lärmfreudig die hitzigen Kämpfe der verfeindeten Veroneser Patrizier – und nach einer stockenden Überleitung ertönte die leidenschaftlich gespielte Liebesmelodie Romeos und Julias. Wunderbar zart getönt erklang sie feurig. Dann meldete sich wieder das Kampfgetöse, in dem die  Liebesmelodie langsam erstarb. Klagend kehrte sie im Epilog noch einmal wieder und gab in entrückter Höhe Kunde von der Verklärung der beiden Liebenden. Anschließend folgte eine bewegende Wiedergabe der „Sinfonia sopra una canzone d’amore“ aus dem Jahre 1947 des vor allem als Filmkomponist berühmt gewordenen Italieners Nino Rota. Der spätromantische Charakter dieses Werkes stach hier deutlich  hervor. Schubert und seine „Unvollendete“ blitzten am Beginn hervor. Der bukolisch-pastorale Charakter dieser Komposition machte sich bei Nicola Luisottis Wiedergabe deutlich bemerkbar. Der tänzerische Gestus in Flöten und Oboen erinnerte sogar versteckt an Antonin Dvorak. Und die Bordunquinten dienten hier als bemerkenswerte Basis. Hornrufe prägten den dritten Satz, worauf ein Englischhorn-Solo folgte.  Celli und Bässe bildeten dabei ein fulminantes Fundament. Das fast dramatisch und schwärmerisch gestaltete Finale erinnerte an Sergej Rachmaninow. Doch auch italienische Folklore ließ sich nicht nur bei den Tremolo-Passagen heraushören. Nino Rota hat die berühmte Filmmusik zu Francis Ford Coppolas „Der Pate“ geschrieben. Zum Abschluss erklang eine glanzvolle Wiedergabe der Sinfonie Nr. 5 in B-Dur op. 100 aus dem Jahre 1944 von Sergej Prokofjew. Mit den gleich am Anfang erklingenden Bordunquinten wurde eine klangliche Brücke zu Rotas Sinfonia geschlagen. Nicht zu sehr traditionell, aber elegant und homogen musizierte hier das Staatsorchester Stuttgart unter der konzentrierten Leitung von Nicola Luisotti. Kraft, Gehalt und Lebendigkeit blitzten überall hervor. Den ersten Satz eröffnete ein fast liedhaft anmutendes Thema. Seine strotzende Kraftfülle offenbarte sich ebenso energisch wie heroisch. Flöten und Oboen brachten in erfrischender Weise das zweite Thema. Es wirkte lyrisch, wurde aber von einem sehr kräftigen Gedanken zurückgedrängt. Die knappe Durchführung stützte sich bei dieser Interpretation sehr deutlich auf das erste und dritte Thema. In der prunkvollen Reprise triumphierten Flöten und Oboen. Die Coda imponierte mit dem majestätischen Kopfthema. Die Entwicklung aus einem diatonischen Thema ließ sich gut nachvollziehen. Im Scherzo. Allegro marcato, machten sich dann sogar Jazz-Anklänge bemerkbar. Die Thematik erinnerte an eine ironische Groteske. Über einer emsig tickenden Begleitfigur stellten Klarinette und Oboe das eigenwillig-skurrile Thema vor. In einer langen Kette von Variationen wurde es immer wieder klangfarbenreich abgewandelt. Der dritte Adagio-Satz wirkte hier wie ein bekenntnishafter Rückblick auf Jugendtage. Fast meinte man, die Larghetto-Melodie der Sinfonie classique herauszuhören. Tuba und Streicherharmonien zeichneten das dunkle Thema dieses Adagios nach. Die lyrische Glut erinnerte sogar an Tschaikowsky. Und die schmerzlich verhangene Melodie des Mittelteils schuf dynamische Kontraste. Grandios interpretiert wurde dann der vierte Finalsatz Allegro giocoso. Das Motto des Kopfmotivs mündete dabei energisch in den Schluss des Hauptthemas aus dem ersten Satz, das die Celli in markanter Harmonisierung feierlich wiederholten. Ein spielerischer Optimismus und eine höchst virtuose Lebensfreude spiegelten sich vor allem in den Streichern. Zuvor brillierte das Klarinettensolo über elektrisierenden Hörner-Ostinati.

Jubel, Riesenapplaus.   

Alexander Walther         

 

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