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STUTTGART/ Liederhalle: 7. SINFONIEKONZERT DES STAATSORCHESTERS UNTER CORNELIUS MEISTER

14.07.2024 | Konzert/Liederabende

7.  Sinfoniekonzert des Staatsorchesters Stuttgart unter Cornelius Meister mit dem Staatsorchester in der Liederhalle am 14.7.2024/STUTTGART

Anklänge an Schwanensee

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Cornelius Meister. Foto: Sebastian Mare

 Die eher selten zu hörende Sinfonie Nr. 1 in g-Moll „Winterträume“ op. 13 von Peter Tschaikowsky besitzt überraschende Anklänge an dessen Ballettmusiken zu „Nussknacker“ und „Schwanensee“, was Cornelius Meister mit dem sehr gut disponierten Staatsorchester Stuttgart aber nicht allzu akribisch betonte. Das in breiter Lyrik dahinströmende Andante cantabile des zweiten Satzes „Land der Öde, Land der Nebel“ fesselte die Zuhörer bei dieser konzentrierten Wiedergabe ungemein. Weite Melodiebögen wurden von Motiven ergänzt, die Nebelschwaden zu symbolisieren schienen. Selbst Bruckner und Mahler waren bei manchen Passagen ganz versteckt zu spüren. Auch die  verhaltene Stimmung des ersten Satzes wurde eindrucksvoll erfasst. Noch eindringlicher gestaltete das vorzügliche Staatsorchester Stuttgart dann die berührende Wiedergabe von Peter Tschaikowskys Sinfonie Nr. 5 in e-Moll op. 64, die im Jahre 1888 entstand. Dieses subjektive Bekenntniswerk schien hier ganz im Bann der russischen Mentalität zu sein – melancholisch, schwermütig, manchmal auch aufbrausend. Sentimental wirkten die Melodien in Cornelius Meisters durchdachter Interpretation aber nicht. Das „Schicksal“ verkündeten die Klarinetten voll schwermütiger Ergebenheit gleich im Kopfsatz zu Beginn der Andante-Einleitung. Als Schicksalssymbol griff es hier in alle vier Sätze ein, ging aber allen Komplikationen starr und ungerührt aus dem Wege. Das Hauptgeschehen des Allegro con anima  in nicht ganz strengem Sonatenschema ließ das erste Thema seltsam drängend und zugleich ängstlich stockend erklingen. Steigerungen und graziöse Spielereien blieben hier nicht aus, wurden aber nicht übertrieben. Betörende sinnliche Wärme besaß das zweite Thema. Die verzehrende Glut sehnenden Begehrens ergriff die Zuhörer. In der wild entfesselten Durchführung verstummte es. Und in der Reprise meldete sich der unerbittliche Schicksals-Rhythmus des „Leit-Themas“, bis alles verstummte. Von der Qual der Liebe erzählte dann in leidenschaftlicher Weise der zweite Andante-cantabile-Satz mit schwärmerischen und urgewaltigen Melodien. Schatten banger Unruhe stiegen sehr deutlich mit der Klarinettenfrage des Seitenthemas auf. Elegische Eleganz beherrschte in der Wiedergabe Cornelius Meisters den Walzer des dritten Allegro-moderato-Satzes. Wieder legte sich schwermütiger Zauber in geheimnisvoll-durchsichtiger Weise über die Harmonik. Nach Dur hellte sich dann das stürmisch musizierte Finale auf.  Meister wählte hier mit dem Staatsorchester aber nicht allzu rasche Tempi. Mit barbarischer Brutalität stürmte das Allegro vivace los – das Ganze wirkte aber keineswegs übertrieben. Alles schwelgte in den Erinnerungen des zweiten Satzes. Immer wilder und entfesselter schäumte hier die Lebensfreude auf – und der fieberhaft aufpeitschende Taumel  türmte die Hauptthemen des Finale und des ersten Satzes kühn übereinander. 

„Bravo“-Rufe, Jubel für eine famose Orchesterleistung. 

Alexander Walther

 

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