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STUTTGART/ Kammertheater: „Grand Reporterre#4: Deadline“ – Uraufführung

13.11.2021 | Theater

Uraufführung „Grand Reporterre#4: Deadline“ am 12. November im Kammertheater/STUTTGART

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Foto: Tom Dachs

Die Automobilindustrie steht im Zentrum

Im Zentrum dieser ungewöhnlichen Performance steht die Journalistin Julia Lauter, die bei diesem Projekt Interviews mit der Wissenschaftsphilosophin Julie Jebeile, mit Sylvain Godinot, dem zweiten Bürgermeister der Stadt Lyon, mit der Architektin Hanka Griebenow sowie dem Daimler-Manager Volker Stauch führt. Aber auch die Klimaaktivistin Ruth Krohn und der ehemalige Bergmann Jürgen Frisch kommen in Video-Sequenzen zu Wort (Video und Fotos: Christopher Bühler, Maelys Meyer, David Simmons). Julia Lauter schreibt unter anderem auch Berichte für das Greenpeace Magazin. So entsteht eine Art Zwischenstück von Reportage und Dokumentation. Im Mittelpunkt des Geschehen steht aber auch der Prometheus-Mythos, den die Performer von Theatre du Point du Jour aus Lyon und Citizen.KANE.Kollektiv in eindrucksvoller Weise auf die Bühne bringen. Der von den Göttern verfluchte Prometheus wird zuletzt regelrecht seziert, seine Leber wird verwertet. Verzweiflung und Hoffnung drückt zudem die Live-Musik aus. Die Darsteller Heidi Becker-Babel, Jürgen Kärcher, Simon Kubat, Julia Lauter, Andrea Leonetti, Eric Masse, Christian Müller, Loic Risser und Maximilian Sprenger setzen die vielschichtige Energiefrage in packender Weise um. So ist „Grand Reporterre #4: Deadline“ eine fesselnde multimedial-theatrale Performance, die wissenschaftliche Informationen mit künstlerischen Fragen verbindet. Wie Prometheus werden die Beschäftigten der Energie- und Automobilbranche als Helden wahrgenommen, die den Menschen Wärme, Strom und Mobilität brachten. Der Konflikt des modernen Menschen mit der digitalen Infrastruktur, die er offensichtlich nicht beherrscht, wird grell überzeichnet und drastisch dargestellt. Die Macht der Automobilindustrie in Stuttgart und die Probleme mit den Atom- und Kohlekraftwerken  in Lyon und Leipzig werden immer wieder erörtert. Die Machtlosigkeit des Bürgers in Bezug auf Ausstieg und Abkehr von Verbrennungsmotoren gewinnt hier ungeahnte Präsenz. Der Blick auf Frankreich fehlt auch nicht. Denn auch dort gibt es heftige Diskussionen über dieses Thema. Ganz bewusst werden bei diesem Stück wiederum neue Theaterformen ausprobiert. Die Menschen wollen dabei  Grenzen überschreiten.

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Foto: Tom Dachs

Die Songs variieren das Thema Energie ebenfalls in ungewöhnlicher Weise. Die Umweltzerstörer stehen im Fokus der Umweltaktivisten, die den schwerwiegenden Problemen oftmals genau so machtlos gegenüberstehen. Das Dokumentartheater Erwin Piscators wird dadurch ganz versteckt in Erinnerung gerufen. So gibt es starke Bilder, die sich ins Gedächtnis einbrennen. Die Übergänge von Realität und Fiktion sind immer wieder fließend (Produktion: Marion Bouchacourt).

Alexander Walther

 

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