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STUTTGART/ Kammermusiksaal der Musikhochschule: „Wege in die Gegenwart“ – Gitarrenmusik des 20. und 21. Jahrhunderts

17.11.2024 | Konzert/Liederabende

Wege in die Gegenwart“ – Gitarrenmusik des 20. und 21. Jahrhunderts im Kammermusiksaal der Musikhochschule am 16. November 2024/STUTTGART 

Feine Schwingungen

Gitarren-Musikstudenten der Klasse von Tillmann Reinbeck stellten sich im Kammermusiksaal der Musikhochschule vor. Der Abend begann mit „Quatre pieces breves“ aus dem Jahre 1933 von Frank Martin. Das Werk kam bei Andres Segovia (dem es gewidmet war) allerdings nicht gut an. Kontrapunktische Meisterschaft und harmonische Farbenfreude arbeitete der Solist Julian Fritzsch hier sehr schön heraus. Anklänge an Ravel und Schönberg und sogar Cesar Franck machten sich bemerkbar. Reizvolle heterophonische Spaltung von Melodielinien und rhythmische Eleganz prägten dieses konzentrierte  Spiel. Chromatische  Passagen und spürbare Dodekaphonie wurden mit sphärenhafter Leichtigkeit vorgetragen. Aus „Si le jour parait“ (1963/64) von Maurice Ohana spielte der nächste Gitarrensolist Almar Martinez Londono die beiden abwechslungsreichen Stücke „20 Avril (Planh)“ und „Jeu des quatre vents“. Hier wurden vor allem die thematischen Verbindungslinien sehr plastisch herausgearbeitet. Interessant war die Begegnung mit der „Suite für Gitarre“ aus dem Jahre 1957 von Ernst Krenek nicht nur wegen ihrer Nähe zur Zwölftonmusik. Die Zeitströmungen der 20er Jahre sowie die serielle und nachserielle Periode kamen bei den einzelnen Sätzen Allegro moderato, Andante sostenuto, Allegretto, Larghetto und Allegro ausdrucksstark zum Vorschein. Die dynamische Energie zeigte sich in der subtilen Interpretation von Daniel Martinez Asenjo hier auch bei den nachschwingenden Klängen. Kantabilität und gegliederte Rhythmik  fielen bei diesem Werk und der ausgefeilten Interpretation besonders positiv auf. Marc Lanconner musizierte dann als nächster Solist „Fluctuations“ (1989) von Arturo Gervasoni. Dabei formten sich die einzelnen Töne und Klangflächen wie ein Mosaik zusammen. Flavius Wagner spielte die fantasievolle Sonatina für Gitarre (1957) von Lennox Berkley mit viel Akribie und Einfühlungsvermögen. Die formale Gestaltung der einzelnen Sätze war sehr facettenreich. Originell wirkte dann die „Studie zu Verpackung“ (1995) von Fredrik Zeller, wo sich die Themen harmonisch vielschichtig zusammenfügten. Das Gitarrenduo Diego Cruz und Lorena Souper zeigte hier ebensoviel Klangfarbenreichtum wie bei „Descendiendo de la Cordillera“ (2014) von Diegro Cruz.  Eigenständig und originell erwiesen sich die „Fünf Stücke für Gitarre“ von György Kurtag – die ungarische Folklore blitzte hier nur versteckt durch. Marcell Nickmann spielte dieses Stück mit starkem Einfühlungsvermögen. Neuartige Kompositionstechniken werden dabei kunstvoll verarbeitet. Daniel Martinez Asenjo musizierte zuletzt konzentriert „Sequenza XI“ aus dem Jahre 1988 von Luciano  Berio. Dodekaphonische Passagen wechselten sich mit heftigen Fortissimoausbrüchen ab, die sich harmonisch verdichteten.   Die musikalische Gestik beherrschte hier das Strukturelle. Chromatik und Intervalle des Serialismus erhitzten sich in dynamischen Steigerungen. Die Verzahnung einzelner Motive akzentuierte Daniel Martinez Asenjo sehr konsequent. In der Reihe „Künste im Turm“ war auch der Gitarren-Pädagoge Otto Tolonen zu Gast.

Alexander Walther

 

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