Internationale Hugo-Wolf-Akademie: Galeriekonzert „Engelsfrieden und Traumgesichter“ in der Staatsgalerie am 30. Januar 2024/STUTTGART
Mit Feingefühl und Leidenschaft
Michael Nagl. Foto: Matthias Baus
An diesem Abend waren auch Gedichte von Rainer Maria Rilke zu hören, der sich in seinen Versen immer wieder zur Unerbittlichkeit des Daseins bekannte. „Die Kunstwerke sind von unendlicher Einsamkeit“, lautete sein Motto. In Zusammenarbeit mit der Akademie für gesprochenes Wort trug die Sprechkünstlerin Jule Hölzgen „Orpheus. Eurydike. Hermes“ von Rilke höchst einfühlsam vor. Dann interpretierte der Bass-Bariton Michael Nagl drei Lieder nach Gedichten von Michelangelo von Hugo Wolf, wo das Pathos des Intimen geheimnisvoll hervorleuchtete. Daraufhin zitierte Jule Hölzgen aus „Briefe an einen jungen Dichter“ von Rainer Maria Rilke, wobei man viel Aufschluss über das Seelenleben dieses Dichters gewann. Dazwischen interpretierte der Bass-Bariton Michael Nagl zusammen mit dem einfühlsamen Pianisten Götz Payer drei Lieder nach Michelangelo von Hugo Wolf. Dynamische Ausdruckssteigerungen wurden hier sehr wirkungsvoll betont, sinnliches Sehnen und chromatische Seelenschilderungen überzeugten vor allem bei „Alles endet, was entstehet“ und „Fühlt meine Seele das ersehnte Licht“. Die aus dem Sprachfall abgeleiteten Melodien erreichten hier immer wieder eine höhere Ebene des Ausdrucks. Jule Hölzgen rezitierte dann zwei Gedichte von Isolde Kurz „Nein, nicht vor mir im Staube…“ und „Survival of the fittest“. Hier bestand eine gewisse Seelenverwandtschaft mit den suggestiv dargebotenen Versen von Rainer Maria Rilke, von dem noch die Gedichte „Nennt ihr das Seele“, „Ich bin auf der Welt zu allein“ und „Da neigt sich die Stunde“ überzeugend vorgetragen wurden. Aus den „Tre sonetti di petrarca“ (2. Fassung) von Franz Liszt sang Michael Nagl dann überaus voluminös und emotional „Sei gesegnet immerdar“, „Fried‘ ist versagt mir“ und „So sah ich denn auf Erden Engelsfrieden“. Das Melos passte sich hier dem Wortrhythmus sehr gut an – dies galt vor allem für die kontrastierenden Sequenzen. Höchste Leidenschaft spiegelte sich dabei in Tönen wieder, reiche Figurationen dienten der Steigerung des Ausdrucks. Harmonisch-modulatorischer Reichtum blühte überall auf. Die pathetischen Akzente wurden von Michael Nagl nicht übertrieben vorgetragen. Dazu passten dann die eindringlich rezitierten Gedichte „Nun schlummert meine Seele“ sowie „Weltende“ von Else Lasker-Schüler. „O, meine Seele war ein Wald“ hieß es bei Lasker-Schülers Gedicht „Nun schlummert meine Seele“ – und bei „Weltende“ beeindruckten die Zeilen: „Es ist ein Weinen in der Welt, als ob der liebe Gott gestorben wär…“ Die Parallelen zur Gegenwart waren wirklich verblüffend. Als Zugabe war noch „An den Mond“ von Schubert zu hören.
Alexander Walther