Martin Bruchmann, Moritz Kallenberg, Fiorella Hincapie, Matthias Klink, Natalie Karl. Foto: Matthias Baus
Operette „DIE BLUME VON HAWAII“ von Paul Abraham am 4.7.2020 im Hafen/STUTTGART
Flotte Abenteuer auf dem Floß
In der szenischen Einrichtung von Marco Storman (Bühne: Susanne Gschwender; Kostüme: Miriam Schubach) und unter der musikalischen Leitung von Rita Kaufmann (Klavier) wird die Handlung von Paul Abrahams Operette „Die Blume von Hawaii“ etwas verändert. Vor allem erinnert man an das schillernde Leben Paul Abrahams, der als Operettenkomponist in der Weimarer Republik große Erfolge feierte, bis ihn die Nazis aus Deutschland vertrieben. Doch auch nach seiner Rückkehr aus Amerika konnte er sich in der alten Heimat nicht mehr integrieren und landete in psychiatrischen Kliniken.
Seine Geschichte wird in die Handlung integriert, bei der die Protagonisten sich vor allem selber verlieren. Zuletzt zerbricht sogar das Floß, auf dem die eigentliche Handlung stattfindet. Neben der titelgebenden Südseeinsel tritt plötzlich auch die chinesische Bar in Monte Carlo in den Vordergund. Tatsächlich ist hier nichts so, wie es scheint. So verwandelt sich die hawaiianische Prinzessin Laya auch in den französischen Revue-Star Suzanne de Provence. Die Handlungsstränge der einzelnen Figuren gehen hier nahtlos ineinander über.
Es ist durchaus witzig gemacht, als die Südseeprinzessin Laya nach jahrelangem Europa-Aufenthalt ins „Paradies am Meeresstrand“ zurückkehrt. Dass sie zur Protagonistin gegen die imperialistische US-Regierung werden soll, spürt man allerdings weniger. Sie wird zwischen ihren Gefühlen für einen amerikanischen Marineoffizier und einen hawaiischen Prinzen hin- und hergerissen. Letztendlich bekommt jedoch der Prinz den Zuschlag. Wichtig ist nur, dass sich die glücklichen Paare am Ende finden.
Natalie Karl, Martin Bruchmann, Moritz Kallenberg, Fiorella Hincapie, Matthias Klink. Foto: Matthias Baus
Dafür sorgen auch die allesamt famosen Sänger und Darsteller Fiorella Hincapie, Natalie Karl, Martin Bruchmann, Moritz Kallenberg und Matthias Klink. Exotische Effekte in Melodie, Rhythmus und Klang werden durchaus raffiniert ausgekostet. Die flotten Foxtrott-Weisen „Ich hab ein Divanpüppchen genau wie du“, „Ich will Mädeln sehn“, „My little boy“ und der spritzige Marsch „Wo es Mädels gibt, Kameraden…“ zeigen bei dieser atemlosen Wiedergabe viele Klangfacetten. Dafür sorgen außerdem die ausdrucksstarken Musiker Michael Rathgeber (Klarinette/Altsaxofon), Natia Wiedmann (Violine), Jonas Khalil (Gitarre), Manuel Schattel (Bass) und Jürgen Spitschka (Schlagzeug). Der Walzer „Du traumschöne Perle der Südsee“, der Slowfox „Blume von Hawaii, ich liebe dich fürs Leben“ und „Ein Paradies am Meeresstrand“ vereinigen sich dabei mit scharfen Synkopen zu zündenden Ensemblenummern. Legato- und Glissandoklänge überwiegen, dramatische Zuspitzungen werden zurückgedrängt. Aber der Buffo-Witz und Glamour-Esprit lassen nicht lange auf sich warten. Selbst der berühmte „Toast Hawaii“ wird im „Land der Kokosnüsse“ serviert. Rasante Gegenrhythmen sorgen immer wieder für harmonischen Aufwind, der nicht nachlässt. Manche Motive werden nur angedeutet. Auch die Nähe zum Jazz wird nie geleugnet.
Das Publikum quittierte diese einstündige Revue mit lebhaftem Applaus und vielen „Bravo“-Rufen. Der Neckar verwandelte sich dabei in ein opulent-endloses Bühnenbild.
Alexander Walther