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STUTTGART: DER FREISCHÜTZ – Wiederaufnahme

Frisch wie am ersten Tag

29.09.2018 | Oper


Daniel Behle. Copyright: Julian Laidig

STUTTGART

DER FREISCHÜTZ“ 28.9.2018 (Wiederaufnahme) – frisch wie am ersten Tag

Das neue Direktionsteam der Stuttgarter Oper, Intendant Viktor Schoner GMD Cornelius Meister, setzten zu Beginn ihrer Ägide einen Tag vor der „Lohengrin“-Premiere auf Bewährtes. Was den Wienern ihre Urgesteine wie „Madame Butterfly“, „Tosca“, „La Bohéme“, „Der Rosenkavalier“ und „Fidelio“ sind, ist in Stuttgart die am 12.10.1980 aus der Taufe gehobene, anfangs heftigst umfehdete Inszenierung der deutschen romantischen Oper schlechthin in Achim Freyers märchenhaft-ironischer Erzählweise. Die Wogen der Entrüstung legten sich rasch und in Kürze erklomm diese Produktion den Status „Kultinszenierung“.

An diesem Abend war die 169. Aufführung zu erleben. Dank einer perfekten Abendspielleitung durch Carmen C. Kruse wirkt Freyers unverwechselbare Handschrift auf C. M. von Webers Klassiker ungebrochen durch. Dem Haus ist zu danken, dass diesem Relikt aus vergangen Zeiten stets ein Ehrenplatz im Repertoire gewidmet wird und sich diese xte Wiederaufführung die Frische einer Premierenserie bewahrt hat.

Dem hörbar erholt klingenden, herrlich aufspielenden Staatsorchester Stuttgart stand erneut der GMD der Kieler Oper Georg Fritzsch, vor und überzeugte durch die vielschichtige Auslotung von Webers einzigartiger Musik. Auf der Bühne versammelten sich Hausneulinge, Rollendebütanten sowie mit der Produktion vertraute Sänger. Josefin Feilers patentes, herzhaft spielendes und stimmlich tadelloses Ännchen begeisterte das Publikum ebenso wie der nicht zu düster gezeichnete, mit einem schlanken, klangvollen Bass aufwartende Kaspar von Friedemann Röhlig. Daniel Behle, der vor 2 Jahren in seiner Heimatstadt Hamburg sein Rollendebüt als Max gab, feierte in dieser für ihn neuen Umgebung einen äußerst gelungenen Einstand. Sein wohlklingender, geschmeidiger Tenor vereinbart sowohl die lyrischen, liedhaften Momente wie auch die dramatischen Ausbrüche perfekt. Weit entfernt von einer Idealbesetzung war leider die Hausdebütantin Laura Wilde als Agathe. Darstellerisch fügte sie sich gut in das Freyer’sche Rollenbild und Gestenvokabular ein, gesanglich konnte ihr reizarmer, in den Arien kurzatmiger Sopran nur sehr eingeschränkt gefallen. Die durch ein die Handlung einleitendes Vorspiel (Agathe empfängt  vom Eremiten die geweihten Rosen zur Abwehr von Übel) aufgewertete Rolle des Eremiten gewann in David Steffens überzeugender Darstellung erheblich, da auf salbungsvolles Pathos in Spiel und Gesang verzichtet wird. Gelungene Rollenportraits steuerten der junge Wiener Michael Nagl (Kuno), Michael Ebbecke (Ottokar), Elliot Carlton Hines (Killian) sowie Kristian Metzner (Samiel) bei. Der Chor und Kinderchor der Staatsoper Stuttgart (Einstudierung Manuel Pujol) begeistert nicht nur durch seine bravourösen vokalen Beiträge, sondern auch durch seinen darstellerischen Volleinsatz (hervorzuheben sei besonders die typenmäßig köstlich gezeichnete Jägerschar der Herren).

Volles Haus, erfreulich viel (festlich gekleidete!) Jugend im Publikum und großer Jubel zu Vorstellungsende. Diesem einzigartigen „Freischütz“ sei noch ein langes Leben vergönnt!

Dietmar Plattner

 

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